Engel im Schacht
ausgab - oder besser gesagt: Wahrscheinlich waren sie so wütend über ihren Irrtum, daß sie uns keinesfalls freilassen wollten, ohne uns vorher durch die juristische Mangel zu drehen.
Mein Schwindelgefühl hatte sich in der Zwischenzeit verstärkt, mein Kopf fühlte sich an wie ein gigantischer Hammer, der immer wieder auf meinen Körper heruntersauste, aber die Sorge um Max hielt mich davon ab, mich einfach in die Bewußtlosigkeit zu flüchten. Ich war entsetzt über seine Blässe und die Schweißtropfen auf seiner Stirn. Dem zuständigen Beamten sagte ich, ich würde meine Beziehungen zu Senator Gantner spielen lassen, falls Max einen Herzanfall erlitte, und dafür sorgen, daß sie alle ihren Job verlören. Mürrisch, aber nicht sicher, ob ich nicht tatsächlich solche Kontakte hätte, ließen sie mich meinen Anwalt anrufen.
Als ich Freeman endlich aufgetrieben hatte - er war mit seinem Mobiltelefon auf dem Kemper-Golfplatz unterwegs -, sagte er mir, ich solle warten, bis er seine Runde beendet habe. Er amüsierte sich königlich darüber, daß ich als illegale Einwanderin am O'Hare-Flughafen festgehalten wurde, stimmte mir aber zu, daß Max' Charakter - anders als meiner - nicht durch Strafe geläutert werden mußte. Er versprach, nur noch einen Ball zu schlagen und dann gleich zum Flughafen zu kommen. Während wir auf Freeman warteten, versuchte ich die Polizisten davon zu überzeugen, daß ich noch Ana Campos anrufen mußte - meiner Meinung nach hatten auch die Rumänen ein Anrecht auf einen Rechtsbeistand, bevor man sie mit dem Flugzeug wieder heimschickte, aber von diesem Standpunkt konnte ich die Hüter von Gesetz und Ordnung nicht überzeugen.
Als Freeman schließlich aufkreuzte, lächelte er süffisant, aber beim Anblick von Max' fahlem Gesicht schwand seine Heiterkeit. Er wollte einen Notarzt rufen, doch Max meinte, er brauche lediglich frische Luft. Freeman notierte sich die Namen der Beamten, die uns festgen ommen hatten, und sagte, sie würden noch von ihm hören. Dann dirigierte er uns zu seinem Maserati - er hatte den wachhabenden Beamten davon überzeugt, daß er seinen Wagen direkt vor dem Terminal parken durfte.
»Sie sollten sich lieber um Vic Sorgen machen«, sagte Max, als wir uns in hoher Geschwindigkeit vom Flughafen entfernten. »Sie ist gestern ziemlich schwer verletzt worden - sie war sogar bewußtlos. Ich hatte die ganze Zeit Angst, daß sie in dem stickigen Zimmer in Ohnmacht fallen würde.«
Seine Worte kappten die Seile, mit denen ich mich noch mühsam vor der Bewußtlosigkeit gerettet hatte. Ich versuchte zu sprechen, zuzuhören, was Freeman sagte, spürte aber plötzlich, wie ich in ein dunkles Loch fiel. Ich konnte mich an nichts mehr erinnern - nicht einmal daran, wie ich ins Haus gekommen war -, als Freeman mich in Max' Wohnzimmer wachrüttelte. Er reichte mir eine Tasse Kaffee und blieb bei mir stehen, während ich sie trank.
Als er den Eindruck hatte, daß ich wieder die Kraft hatte, ihm zu antworten, sagte er: »Ich weiß, daß du ziemlich weggetreten bist, Vic, aber ich hätte trotzdem gern von dir gehört, was eigentlich passiert ist, bevor ich wieder gehe. Gib mir nur einen kurzen Bericht, morgen kannst du mir dann alles detaillierter erzählen.« Als ich ihm erzählt hatte, was vorgefallen war, meinte er: »Allzuviel Mitleid habe ich nicht mit dir. Erstens ist es die Aufgabe von deinem Freund Conrad, Deirdres Mörder zu finden, und zweitens begreife ich nicht, warum ein Unternehmer sich von dir in die Karten schauen lassen sollte. Bloß weil du etwas wissen willst, was die dir nicht sagen wollen, heißt das noch lange nicht, daß sie sich eines Vergehens schuldig gemacht haben.«
Er hob beschwichtigend die Hand. »Ich bin ganz deiner Meinung, daß sich die Leute schämen sollten, ein ganzes Flugzeug voll mit illegalen Einwanderern ins Land zu bringen, um sie hier auszubeuten. Charpentier wird den Leuten von der Einwanderungsbehörde ein paar Dinge erklären müssen. Und vielleicht sollten auch die Geldgeber von Home Free davon erfahren - aber das ist nicht dein Problem. So wie ich das sehe, ist es eher dein Problem, genüge nd Klienten zu finden, damit du allmählich anfangen kannst, die zweitausend Dollar abzustottern, die du mir noch schuldest. Ganz zu schweigen davon, was das kleine Vergnügen heute kosten wird. Zu deinem Glück berechne ich keine Feiertagszuschläge.«
Wenn ich nicht so müde gewesen wäre, hätte ich ihm vielleicht mit gleicher Münze
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