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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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eng saß, daß in den Taschen eigentlich gar nichts sein konnte. Ich hasse den Geruch von Rauch, aber Cyrus stand unter größerem Streß als ich. Also sagte ich nichts, als er sich eine Zigarette ansteckte und tief inhalierte.
    »Da die Gerüchte so brisant waren, wußte ich, daß mit Sicherheit eine wichtige Persönlichkeit mit der Sache zu tun hatte. Folglich habe ich nicht mehr weitergebohrt. Ich bin bloß ein Angestellter der Baubehörde. Ich wollte dich anrufen, um dir zu sagen, daß die Sache eine Nummer zu groß ist für mich. Aber zuerst hat mich jemand angerufen.«
    Er spielte nervös mit seiner Zigarette herum, bis er sich die Finger verbrannte. Er sah sich nach einem Aschenbecher um. Murray reichte ihm wortlos eine Kaffeetasse. Cyrus ließ den Stummel hineinfallen und rieb sich die Finger.
    »Sie haben mir gesagt ... ich kann nicht erzählen, was sie mir gesagt haben. Dann haben sie gesagt, daß niemand Fragen über die Century Bank oder Lamia stellen darf. Vic - du mußt mir glauben, daß sie mich auf gräßliche Weise bedroht haben.« Einen Augenblick dachte ich fast, er finge an zu weinen, aber er unterdrückte die Tränen. »Ich ... sie haben genau gewußt, was Sache ist. Ich habe ihnen gesagt, daß du dahintersteckst. Daß du mit mir befreundet bist und dir Gedanken machst, weil die Lamia-Frauen wiederum mit dir befreundet sind. Da haben sie mir erklärt, daß es gefährlich ist, mit dir zu reden, und daß sie es herausfinden würden, wenn ich wieder mit dir spreche. Ich wollte dich nicht verraten, Vic, aber ich konnte einfach nicht anders.«
    Wir schwiegen alle einen Augenblick. Ich rieb die Beule, die ich mir am Samstag eingehandelt hatte. Die Typen waren zu allem fähig. Ich sah Murray an, der leicht mit dem Kopf nickte: Cyrus hatte alles gesagt, was er wußte.
    »Wir gehen hinten raus«, erklärte ich Cyrus. »Ich glaube nicht, daß dich noch irgend jemand beschattet - schließlich ist die Sache jetzt zwei Wochen her. Die wissen sicher, daß du dich nicht mehr mit mir in Verbindung gesetzt hast, aber wir wollen kein Risiko eingehen.
    Ich bin pleite«, fügte ich an Murray gewandt hinzu. »Aber ich finde, Cyrus sollte sich eine Flasche Schampus zur Feier des Tages gönnen. Die haben Veuve Clicquot auf der Karte. Kostet achtzig Dollar.«
    Murray verzog das Gesicht, holte aber vier Zwanziger aus seiner Brieftasche. Wir ließen Cyrus ein paar Minuten Vorsprung und drückten uns dann an den schönen Körpern im Flur vorbei hinaus auf die Straße.

Nachtwache
    Murray und ich gingen schweigend den Broadway hinunter. Es war schon fast zehn, aber auf der Belmont Avenue fanden wir dann doch noch einen Italiener, der bereit war, uns ein paar Nudeln zu machen. Der Kellner saß zusammen mit den fünf anderen Gästen an einem Tisch und unterhielt sich über die jeweiligen Vorteile von Eagle River und Spring Green, Wisconsin, als Ferienorte. Sobald er unsere Bestellung aufgenommen hatte, schloß er sich wieder der Diskussion an. Der Kellner äußerte sich eindeutig zugunsten von Eagle Rivers.
    »Also verstoßen die neuen Inhaber von Century gegen die Bestimmungen zur Kreditvergabe an die Kommunen. Aber heißt das unbedingt, daß sie Cyrus zum Schweigen bringen müssen, wenn er Fragen stellt?« meinte ich, als ich mir sicher war, daß uns niemand zuhörte.
    »Vielleicht ist der Verkauf noch nicht abgeschlossen, und sie haben Angst, daß die Bundespolizei was spitzkriegt und sich einschaltet. Vielleicht hat aber auch Cyrus recht und du bist wirklich gefährlich. Möglicherweise haben sie Angst, daß die Geschichte zu bekannt wird, wenn du deine Nase da reinsteckst. Solange die Leute bloß bei ihren Stadträten meckern, hat Jad Holdings keine allzu großen Probleme. Das gilt besonders dann, wenn die Gerüchte, die Cyrus gehört hat, stimmen und jemand ganz oben in Washington die Stadt zum Stillhalten ermahnt. Mir persönlich gefällt Theorie Nummer zwei am besten, daß der Druck vom Kongreß kommt, weil das bedeutet, daß unser Freund Alec Gantner die Finger mit drin hat.«
    »Ist letztlich egal.« Ich schwieg, während der Kellner mir einen Teller Spinattortellini vor die Nase stellte. »Ich meine, es ist egal, ob es Gantner ist, der Präsident höchstpersönlich oder der Minister für Wohnungsbau - das sind nämlich alles Republikaner, und die ziehen alle am selben Strang. Ich habe eher Schwierigkeiten mit der Frage, warum das Weiße Haus oder auch nur der Senator sich die Mühe machen sollten, solche Verstöße

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