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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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aus konnte ich Emilys Zimmer gerade noch sehen. Ich rie f Conrad an, um ihm zu erklären, wo ich gewesen war und warum ich später nach Hause kommen würde.
    Conrad konnte es fast nicht glauben, daß ich mich nur mit Murray getroffen hatte, mußte aber laut lachen, als ich ihm von der Episode mit dem Mann in dem pinkfarbenen Seidenoverall erzählte.
    »Danke, Baby. Das war besser als ein Bier. Was glaubst du, wie lange du dort bleiben mußt?«
    »Bis ich das Gefühl habe, daß ich sie guten Gewissens allein lassen kann. Du meinst nicht, daß du Terry überreden könntest, einen Wachposten vor ihrem Zimmer aufzustellen, oder?«
    »Ich glaube, ich würde lieber die South Morgan Street ohne kugelsichere Weste runtergehen, als mich in dem Fall zwischen dich und Finch zu stellen. Ich muß morgen um acht wieder ran, also warte ich nicht auf dich. Fahr keinen allzu kessen Reifen, wenn du heimsteuerst, okay?« »Ja, Papa.« Ich legte auf.
    Ich spielte einen Augenblick mit dem Gedanken, mich der Nachtschwester vorzustellen, wollte aber jetzt keine Auseinandersetzung provozieren. Auf den Fluren war keine Menschenseele, also schlüpfte ich einfach in Emilys Zimmer. Sie schien zu schlafen. Ich ging le ise zu einem Sessel in einer Ecke hinüber. Nach einer Weile forderten die Stille in dem Zimmer und der Streß der letzten vier Tage ihren Tribut, und ich döste weg.
    Als um zwei Uhr das Licht anging, schreckte ich hoch: Eine Schwester war ins Zimmer gekommen, um Emilys Herz- und Lungenfunktion zu überprüfen. Als sie mich entdeckte, bat sie mich hinaus auf den Flur, um mich zu fragen, wer ich sei.
    »V. I. Warshawski. Man hat mir gesagt, daß sie mit mir sprechen wollte. Ich wollte hierbleiben, für den Fall, daß sie aufwacht und nach mir sucht.«
    »Sind Sie mit ihr verwandt?« fragte die Schwester.
    Ich schüttelte den Kopf. »Soweit ich weiß, hat sie in dieser Stadt keine weiblichen Verwandten. Sie kennen doch ihre Geschichte, oder? Sie hat in letzter Zeit sehr viel durchgemacht. Ich bin hier, damit sie sich ein wenig sicherer fühlt.«
    Diese Schwester wußte offenbar nichts Negatives über mich. Jedenfalls warf sie mic h nicht hinaus, sondern sagte mir lediglich, ich solle mich im Warteraum bereithalten, weil ich nicht Emilys Mutter sei und deshalb kein Recht habe, mich in dem Zimmer aufzuhalten.
    »Die Besucher müssen sich normalerweise bei der Stationsschwester anmelden«, sagte sie. »Wir versuchen selbstverständlich, es den Kindern so angenehm wie möglich zu machen, aber wir können nicht zulassen, daß Fremde einfach in die Zimmer gehen. Ich hoffe, Sie verstehen das.«
    Natürlich verstand ich das. Ich hoffte, daß das auch für die Musketiere, oder wer auch immer Deirdre umgebracht hatte, galt. Die Schwester brachte mich in den Warteraum. Ich rückte mir den Stuhl so zurecht, daß ich Emilys Tür im Auge behalten konnte. Jetzt durfte ich nicht mehr eindösen: Ich mußte den Flur genau beobachten. Die Frau mit dem herzkranken Kind befand sich in Gesellschaft dreier anderer Eltern schwerkranker Kinder. Wir wechselten immer wieder mal ein paar besorgte Worte. Um halb drei erbot sich einer der Männer, Kaffee zu holen - er war schon öfter in dem Krankenhaus gewesen und kannte deshalb den kürzesten Weg zum Getränkeautomaten.
    Um drei Uhr kam der Herzchirurg heraus, um sich mit der Mutter zu unterhalten. Sie stand unmittelbar vor dem Warte zimmer und versperrte mir die Sicht auf den Flur. Also erhob ich mich, um besser zu sehen. Nach ein paar Minuten entfernten sich die beiden in Richtung Aufzug. Es war zwanzig nach drei, als Anton mit schnellen Schritten am Schwesternzimmer vorbeiging und die Tür zu Emilys Zimmer öffnete.
    »Rufen Sie die Polizei«, sagte ich zu dem Mann, der den Kaffee geholt hatte. »Da ist gerade jemand zu meinem Kind ins Zimmer - ich kenne den Typ.« Ich rannte den Flur hinunter, die Waffe in der Hand, bevor er irgendwelche Fragen stellen konnte. Anton beugte sich gerade mit einem Kissen über Emily, als ich ins Zimmer stürmte. Ich schlug ihm die Waffe über den Hinterkopf. Er fiel nicht hin, aber der Schlag brachte ihn aus dem Gleichgewicht, so daß er das Kissen losließ. Ich trat ihm ins Kreuz. Daraufhin drehte er sich um und wollte mir einen Schlag auf den Kopf versetzen. Ich duckte mich unter seinem Arm hindurch und warf mich gegen seine Beine. Die Wucht des Aufpralls ließ ihn vorwärts über mich stolpern. Emily war mittlerweile aufgewacht und schrie. Anton richtete sich im Fallen auf

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