Engel im Schacht
Hangar herumgeschlichen war und Murray Hilfe geholt hatte. Niemand, nicht einmal die Bundespolizei, war bereit, Alec Gantner lediglich aufgrund meiner Aussage festzunehmen. Andererseits hatte Conrad eine Schulterverletzung davongetragen, und Anton hatte eine Aussage gemacht. GantAg habe ihn angeheuert, um »den Schwarzen zu erschießen, der im Dunkeln auf dem Firmengelände rumgeschnüffelt hat«. Also zogen die örtlichen Beamten den Schwanz ein, wenn auch mit so schmutzigen Blicken, daß ich nach dem Treffen das Bedürfnis hatte, meine Kleidung zu waschen.
Schließlich brachte ich sie dazu, mir zu erzählen, was aus den Männern im Flugzeug geworden war. Einer der Mechaniker hatte durch den hinteren Ausgang entkommen können, als der Jet umkippte. Er hatte Verbrennungen zweiten Grades an Gesicht und Armen, aber die Aussichten auf seine Wiederherstellung waren gut. Blakely und der andere Mechaniker waren bei der Explosion ums Leben gekommen. Anton lag im selben Krankenhaus wie Conrad und erholte sich von dem Schuß in den Unterleib. Daß ich ihn getroffen hatte, war Zufall gewesen, weil ich überhaupt nicht hatte zielen können.
Die Stadt Chicago wollte wegen Antons Angriff auf Conrad Anklage gegen ihn erheben, sobald er das Krankenhaus wieder verlassen konnte. Diskutiert wurde noch, ob man ihm auch den Mord an Deirdre zur Last legen sollte. Anton jedoch wehrte sich und belastete offenbar nicht nur Charpentier, sondern auch Heccomb. Um sich selbst reinzuwaschen, behaupteten die Leute von Gant-Ag, Conrad habe sich aus unerfindlichen Gründen auf ihrem An wesen herumgetrieben. Trotz mei ner gegenteiligen Aussage gaben sie zu Protokoll, Anton habe Conrad bei der Festnahme angeschossen. Die ganze Diskussion endete in einer Sackgasse: Niemand kam Gant-Ags Forderung nach, mich zu verhaften, aber ohne belastendere Beweise als die, die Murray und ich gesammelt hatten, war auch niemand bereit, gegen Gantner vorzugehen.
Bobby wollte Gantner und Heccomb zumindest verhören, doch Kajmowicz widersetzte sich seiner Bitte. Bobby würde in ein paar Jahren in den Ruhestand gehen, doch Kajmowicz war erst fünfzig. Er wollte sich den Rest seiner Karriere nicht durch einen rachsüchtigen Senator der Vereinigten Staaten ruinieren lassen. Zwei Tage später war Conrad kräftig genug, um nach Chicago zurückzufahren. Lotty nahm ihn im Beth Israel auf, wo es erfahrene Spezialisten für schußbedingte Knochenverletzungen gab.
Terry wartete zusammen mit Mrs..Rawlings, Conrads vier Schwestern und mir vor dem Operationssaal. Sogar Janice, die Neurologin, war von Atlanta eingeflogen, um aufzupassen, daß die Arzte in Chicago ihren Bruder auch richtig behandelten. Die Operation dauerte vier Stunden, aber am Ende kam der Chirurg mit erfreulichen Nachrichten aus dem OP. Das Schultergelenk war nicht verletzt, und das Schlüsselbein hatte er wieder zusammenflicken können.
Mrs. Rawlings war so erleichtert über diese Nachricht, daß ich zusammen mit ihr und den anderen Familienmitgliedern als erste in Conrads Zimmer durfte. Conrad nahm meine Hand kraftlos in die seine, schlief aber sofort wieder ein.
Sobald Conrad sich erholte, distanzierte er sich immer mehr von mir. Ich versuchte, das zu ignorieren, und besuchte ihn weiterhin täglich, gab mir sogar größte Mühe, mich mit seiner Mutter besser zu verstehen. Camilla gab sich optimistisch, aber am Tag seiner Entlassung schickte Conrad seine Mutter und seine Schwestern aus dem Zimmer, damit er sich mit mir allein unterhalten konnte.
Er saß mit ernstem Blick auf der Bettkante. »Vic, ich verdanke dir mein Leben, das weiß ich. Aber mein Leben wäre nie in Gefahr gewesen, wenn du nicht einfach nach Morris rausgefahren wärst, ohne mir von deinen Plänen zu erzählen.« Ich kniff die Augen zusammen. Ich durfte meine letzte Chance nicht vertun, indem ich ihm erklärte, daß Murray und ich genauso unauffällig wieder durch die Maisfelder davongeschlichen wären, aus denen wir gekommen waren, wenn Conrad mir nicht zu Hilfe geeilt wäre.
»Ich hab' mir gedacht, wenn ich dir was davon sage, hältst du mir sicher wieder Vorträge.« Ich versuchte, locker zu wirken, aber meine Worte klangen bockig. »Da könntest du recht haben.« Conrad nahm meine Hand. »Ich glaube, wir sollten beide erst mal Abstand gewinnen. Der letzte Monat war eine ganz schöne Zerreißprobe für meine Liebe zu dir. In deiner Brust ist einfach nicht genug Platz für Kompromisse.« »Aber Conrad, Terry wollte doch Emily Messenger
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