Engel im Schacht
Schulter und sah Blakely hinter uns hersprinten. Ich versuchte, zwischen den Lämpchen auf der Landebahn zu bleiben, stieß aber gegen eines, und der Karren geriet ins Wanken. Ich verlangsamte, damit er nicht kippte. Weitere Schüsse hallten hinter uns durch die Nacht. Conrad schrie auf und fiel nach vorn.
Ich blieb vor dem Flugzeug stehen. In seinem Schutz schaute ich mir Conrad an. Jemand im Cockpit schaltete ein Licht ein, das nicht nur uns beide deutlich sichtbar machte, sondern mich auch Conrads Verletzung besser erkennen ließ. Er blutete aus einer Wunde an der rechten Schulter, war aber bei Bewußtsein.
Ich hatte jetzt keine Zeit, ihn zu verbinden. »Wir müssen versuchen, in diesem Karren ein Maisfeld zu durchqueren. Murray wartet ungefähr eineinhalb Kilometer von hier entfernt mit dem Wagen auf uns.«
Er nickte, schnappte nach Luft und preßte die linke Hand gegen seine rechte Schulter. Ich drückte aufs Gas. Der Karren setzte sich in Bewegung, aber natürlich nicht wie eine Corvette. Die Hände ums Steuer verkrampft, versuchte ich, das Ding gerade zu halten, während wir auf den Rand des Rollfeldes zufuhren.
Hinter uns dröhnten die Triebwerke des Flugzeugs. Conrad wandte den Kopf, sein Gesicht wurde aschfahl im Scheinwerferlicht des Jet. Ich sah über die Schulter. Das Flugzeug rollte auf uns zu. Ich drückte das Gaspedal voll durch, aber wir fuhren deswegen nicht schneller. Der Jet war fünfzig Meter hinter uns und holte rasch auf. Ich riß das Steuer nach rechts. Der Karren stieß gegen eins der Lichter auf der Landebahn, schwankte und kippte langsam um. Ich versuchte, Conrad vom Rollfeld wegzuzerren, aber der Jet hatte uns schon fast eingeholt. Ich warf mich auf den Boden und begann, wie wild auf seine Reifen zu schießen. Die kreischenden Triebwerke waren so laut, daß ich die Schüsse nicht hörte. Ich leerte das Magazin, während der Jet auf uns zurollte. Plötzlich begann er zu schwanken wie ein verwundeter Vogel, und Rauch drang aus seinen Rädern. Er kippte nach rechts und landete schwer auf einem Flügel. Sich um die eigene Achse drehend, rammte er den Gepäckkarren. Ein Schwall heißer Luft versengte mir die Augenbrauen. Die Turbinen waren mir so nahe, daß ich jede Einzelheit mit bloßem Auge erkennen konnte.
Ich zwang mich aufzustehen, obwohl meine Knie ganz weich waren. Conrad hatte größte Mühe, nicht das Bewußtsein zu verlieren. Es gelang mir, seinen Arm um meine Schulter zu legen. Irgendwie schaffte ich es, zusammen mit ihm zum Graben zu stolpern. Als ich darin zusammenbrach, explodierte der Jet.
Vor uns erklangen Sirenen und holten mich ins Leben zurück. Ich spähte über den Rand des Grabens. Das Flugzeug brannte mit hoher, weißer Flamme. Ein Feuerwehrwagen fuhr so nahe wie möglich heran und begann, den Jet mit Schaum einzusprühen.
Ich zog meine schlammverschmierten Kleider aus und verband Conrads Schulter mit meinem T-Shirt. Dann hängte ich ihm meinen Pullover um und zog selbst wieder die Windjacke an.
In dem Graben war es naß, er war mit Sicherheit nicht der richtige Ort für einen Verletzten, aber wenigstens bot er Schutz, bis ich wußte, wie ich Conrad transportieren sollte. Ich konnte ihn nicht über das ganze Feld tragen. Ich suchte in meinem Rucksack nach Mr. Contreras' Decke. Conrad wachte kurz auf, als ich ihn darin einwickelte. »Der alte Mann hat mich angerufen«, flüsterte er mühsam. »Er hat Angst gehabt. Er hat mir gesagt, daß du mit Ryerson hier bist. Die Typen haben mich an der Straße abgefangen. Sie haben immer wieder >Nigger< zu mir gesagt und wollten mir nicht glauben, daß ich Polizist bin.«
»Ist schon in Ordnung, Baby.« Ich legte seinen Kopf in meinen Schoß. »Ich bin ja da. Du erholst dich wieder, aber ich muß erst eine Möglichkeit finden, dich zu transportieren, sonst verblutest du hier, und das würde mir deine Mama nie verzeihen.«
Er lächelte schwach, sagte aber nichts mehr. Ich stopfte ihm den Rucksack unter den Kopf und versuchte, mir eine realistische Strategie auszudenken. Ich konnte nur hoffen, daß sie glaubten, Conrad und ich seien zusammen mit dem Jet in Flammen aufgegangen, als dieser den Karren gerammt hatte. Dann hatte ich vielleicht Zeit, Hilfe zu holen. Das bedeutete jedoch, daß ich mich zu dem Bach zurückkämpfen und darauf vertrauen mußte, daß Murray noch dort war. Ich war mir nicht so sicher, ob mein Körper das mitmachen würde, aber eine andere Alternative fiel mir nicht ein. »Ich muß dich jetzt eine Weile
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