Engel im Schacht
dazu gebracht, deine Meinung zu ändern?«
»Nichts. Bis ich dich heute morgen zusammen mit Alec Gantner aus dem Büro von Home Free stolzieren sah, habe ich in meinen wenigen Gesprächen mit Jasper Heccomb die Rede geflissentlich nicht auf Lamia gebracht. Aber jetzt ist es damit vorbei!«
Sie klopfte sich frustriert auf den rechten Oberschenkel. »Was hast du dann da gemacht?«
»Nach Anhaltspunkten im Mordfall Deirdre Messenger gesucht. Schließlich hat sie ehrenamtlich für Home Free gearbeitet. Ich versuche, die Person zu finden, mit der sie sich am Abend ihres Todes unterhalten hat. Erzähl mir jetzt bitte, was du heute vormittag bei Home Free gemacht hast.«
Sie drehte sich auf dem Stuhl herum und unterhielt sich mit ihrem Schreibtisch. »Ich wollte ein paar Einzelheiten des Lamia-Projekts durchsprechen.« »Mit Alec Gantner?«
»Schließlich sitzt er bei Home Free im Stiftungsbeirat, Vic«, fauchte sie mich über die Schulter an. »Sein Interesse an Lamia ist verständlich.«
»Verstehe.«
Phoebe runzelte die Stirn so heftig und reckte das Kinn so weit vor, daß ich Angst um ihren Überbiß hatte. »Es wird Zeit, daß du deinen Vorschuß an Capital Concerns zurückzahlst, Vic.«
»Mach' ich gern. Ich kann nicht für jemanden arbeiten, der so ein Geheimnis aus seinen Handlungen macht wie du. Du läßt mich im dunkeln herumtappen und beschwerst dich, wenn ich gegen ein riesiges Sofa renne, das du mitten im Zimmer aufgestellt hast.«
»Laß diese dummen Vergleiche, Vic. Du hast mir - Camilla und mir - letzten Sonntag versprochen, du würdest die Finger vom Lamia-Projekt lassen. Ich kann jemanden, der so unzuverlässig ist wie du, nicht weiter bezahlen.«
»Da mußt du dir wohl an die eigene Nase fassen, Phoebe.« Ich mußte mich zusammenreißen, um nicht allzu heftig zu klingen. »Meine Buchungsunterlagen sind im Pulteney, und das Pulteney ist mit Brettern vernagelt. Ich schicke dir einen Scheck, sobald ich nachprüfen kann, wieviel von deinem Vorschuß du zurückbekommst - schließlich habe ich schon einige Arbeit zu Mr. T. geleistet, die ich dir noch nicht berechnet habe.«
»Mr. T? Was hat der denn mit mir zu tun? Du bist nicht nur arrogant, sondern anscheinend hast du auch den Verstand verloren.«
»Deine kleine T-Zellen-Gesellschaft. Du hast sie selber so genannt, als du mir den Auftrag gegeben hast. Den offiziellen Namen müßte ich erst nachschauen.«
Sie wurde so blaß, daß die Sommersprossen auf ihrer Haut wie Blutstropfen wirkten.
»Ich will, daß du deine Nachforschungen sofort einstellst. Was hast du bis jetzt herausgefunden?«
»Das weiß ich am Nachmittag, dann schicke ich dir den Bericht zusammen mit der Rechnung«, sagte ich ziemlich steif, nicht sonderlich darauf bedacht, meinen Zorn zu verbergen.
»Du brauchst nicht nachzuschauen. Du brauchst mir keine Rechnung zu schicken. Ich rechne den Vorschuß anstelle deiner Bezahlung für die Nachforschungen über dieses Unternehmen ab.« Sie stand auf. »Und laß die Finger von Home Free. Camilla will genausowenig wie ich, daß du weiter da herumstocherst.« »Phoebe, du hast mich gerade gefeuert. Du kannst mich nicht mehr rumkommandieren. Und außerdem scheint dir nicht klar zu sein, daß ich kein Mixer bin, den man einfach ein- und ausschalten kann. Vielleicht solltest du dir ins Gedächtnis rufen, daß du mit einem Profi einen Vertrag geschlossen hast. Das bedeutet, daß ich bestimme, wie ich vorgehe. Und wenn ich überraschenderweise Material finde, das es erforderlich macht, meine Vorgehensweise zu ändern, dann fälle ich diese Entscheidung.«
»Ein Profi?« Sie zog verächtlich die Lippe hoch. »Und deine Unterlagen sind in einem Haus, das mit Brettern vernagelt ist? Das soll doch wohl ein Witz sein! Ich habe dich aus Mitleid für eine Unternehmerin angeheuert, die sich durchbeißen muß. Aber es gibt genügend andere Firmen in der Stadt, die die Arbeit für mich erledigen, ohne einen solchen Zirkus zu machen.«
Als ich mit dem Lift hinunterfuhr, hatte ich einen bitteren Geschmack im Mund. Es war zuviel Wahres an ihrer Kritik, denn aus meinem gegenwärtigen Leben schien sich nicht nur der Erfolg, sondern auch die Professionalität verabschiedet zu haben. Auf meinem Weg die Dearborn Street entlang versuchte ich ein Restaurant zu finden, in dem ich schnell etwas zu Mittag essen konnte. Am liebsten hätte ich eine hausgemachte Graupen- oder Matzeklößchensuppe gehabt, aber die gemütlichen Läden, in denen es so etwas gegeben
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