Engel im Schacht
dauern, bis der Waschvorgang beendet wäre, und ich würde sowieso am Nachmittag hierher zurückkommen, um Tish noch einmal zu beehren: Wenn jemand in der Zwischenzeit meine Handtücher klauen wollte, sollte er sie haben. Während Gantner und Phoebe in ihren BMW kletterten, lief ich hinüber zu meinem Trans Am. Als Phoebe in ihrem Büro ankam, wartete ich bereits in ihrem Vorzimmer au f sie.
Die Spinne zieht ihre Fäden
Phoebe summte vor sich hin und begrüßte ihre Vorzimmerdame mit einem fröhlichen »Guten Morgen«, bevor sie mich bemerkte.
»Vic! Was machst du denn hier? Ich hab' gedacht...« Sie schwieg.
»Ich weiß. Du hast gedacht, Jasper hätte mich endgültig abgewimmelt und ich wäre mit meinem schnittigen Sportwagen abgezischt. Ihr drei seid ja in Jaspers kleinem Büro zusammengesessen und habt mich über die Videokamera beobachtet. Aber ich bin gerade rechtzeitig wiedergekommen, um dich zusammen mit Alec rausstolzieren zu sehen.« »Und?«
»Und warum ist es ein solches Geheimnis, wenn du den Leiter von Home Free triffst?« Sie sah zuerst mich an, dann die Frau an der Rezeption, als ihr plötzlich bewußt wurde, wie wenig geheim unser gegenwärtiges Gespräch war. »Das ist kein Geheimnis, Vic. Außerdem hat Jasper dir schon gesagt, daß du von den Leuten keine allzu große Begeisterung erwarten kannst, wenn du einfach unangemeldet hereinschneist. Ich muß jetzt in eine Besprechung.«
Ich erhob mich. »Das weiß ich, Schätzchen. Und zwar mit mir. Wir können uns entweder hier im Foyer unterhalten oder in deinem Büro oder unten im Coffee-Shop, aber wir werden uns unterhalten.«
Sie verzog frustriert das Gesicht. »Na schön. Dann gehen wir eben in mein Büro. Nehmen Sie meine Gespräche entgegen, Laura.«
Sie raste den Flur entlang wie ein Rennpferd, schenkte der freundlichen Begrüßung durch ihre Mitarbeiter keine Beachtung und reagierte auch nicht auf die verzweifelte Bitte eines Mannes, sie möge sofort auf ein Fax aus Japan antworten. In ihrem Büro setzte sie sich an ihren Schreibtisch, ein riesiges Ebenholzungetüm. Ihr Stuhl unterstrich ihre Größe, während die Ohrensessel auf der anderen Seite des Tischs die darauf sitzenden Besucher fast dreißig Zentimeter einsinken ließen. Deshalb entschied ich mich für eins der Ecksofas hinter dem Schreibtisch. Sie drehte sich wütend herum, weil sie plötzlich den Schutzwall vor sich verloren hatte.
»Na schön, Vic. Nun laß dir mal einen triftigen Grund einfallen.« Ich zwinkerte. »Jetzt hast du mir die Worte aus dem Mund genommen, Phoebe. Ich würde gern wissen, was ihr im Schilde führt, Alec Gantner und du. Und Heccomb mischt ja wohl auch mit.«
»Das ist unsere Privatsache. Du stehst auf meiner Gehaltsliste, falls du das vergessen hast. Ich bezahle dich nicht dafür, daß du Nachforschungen über mich anstellst.« »Wir drehen uns im Kreis. Du hast mich für meine Arbeit als Privatdetektivin bezahlt, aber du hast mich nicht gekauft. Falls du das vergessen hast: Letzte Woche hast du mich aufgefordert nachzuforschen, warum die Century Bank Lamia plötzlich das Wasser abgegraben hat. Aber als Home Free sich zwei Tage später bereit erklärt hat, Lamia den Sanierungsjob zu geben, hast du mich gebeten, diese Nachforschungen einzustellen.«
Sie wollte etwas sagen, aber ich schnitt ihr einfach das Wort ab: »Sekunde noch. Ich will eins ganz klarstellen: Ich habe die Nachforschungen höchst widerwillig aufgegeben. Mein Informant aus dem Rathaus ist so unruhig geworden, als ich ihn darauf angesprochen habe, daß ich sofort gemerkt habe: Da bin ich einer heißen Sache auf der Spur. Normalerweise hätte ich einen solchen Fall nicht aufgegeben, aber zwei Dinge haben mich schließlich zu dieser Entscheidung gezwungen: Camilla Rawlings' leidenschaftliches Plädoyer für Lamia und der Mord an Deirdre. Ihr Tod und das Verschwinden ihrer drei Kinder haben weniger wichtige Fragen für mich in den Hintergrund treten lassen. Außerdem hatte ich mich über die Finanzen von Home Free informiert, und die sahen so gut aus, daß ich mir über die Bezahlung von Lamia keine Sorgen machen mußte.«
»Wieso bist du dann jetzt hier?« Phoebe hatte die Hände in ihrem Schoß zu Fäusten geballt. »Laß die Finger von der Sache, Vic.«
Ich preßte die Fingerspitzen gegen meine Stirn. »Du hörst mir nicht richtig zu, Phoebe. Ich hab' die Nachforschungen nicht deinetwegen aufgegeben, sondern aus den Gründen, die ich dir gerade genannt habe.«
»Und was hat dich
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