Engel im Schacht
Zentimeter kleiner.
»Wenn Sie nicht sofort diesen Raum verlassen, rufe ich die Polizei.« »Gut. Gegen die Polizei habe ich nichts.« »Sie ... Sie ... lecken Sie mich doch ... «
Als sie wieder zu ihrem Schreibtisch zurückmarschierte, versuchte ich, die Tür zu öffnen, aber sie war verschlossen. Tish hob den Telefonhörer ab und sprach hinein. Sie versuchte, das Mundstück zuzuhalten, doch der Raum war einfach zu klein, als daß ich das, was sie sagte, nicht hätte mitbekommen können.
»Tut mir leid, Jasper. Ich weiß, daß Sie nicht gestört werden wollen, aber die Privatdetektivin, die letzte Woche schon mal da war, ist hier, und sie weigert sich, wieder zu gehen. Ich habe ihr mit der Polizei gedroht ... Deirdre Messenger ... Okay.«
Sie legte auf und wandte sich wieder ihrem Computer zu. Ein paar Sekunden später kam Jasper aus dem hinteren Zimmer und schloß die Tür sorgfältig hinter sich. »Vic. Schön, dich zu sehen. Tish sagt, du hast ein paar Fragen zu Deirdre Messenger? Das muß ein ziemlicher Schock für dich gewesen sein. Hoffentlich verdächtigt die Polizei nicht dich.« Er lächelte mich mitfühlend an.
»Solange niemand festgenommen wurde, verdächtigt die Polizei jeden. Ich versuche, der Polizei zu helfen, indem ich herausfinde, mit wem Deirdre sich an dem Abend treffen wollte.«
»Mit mir nicht«, sagte Jasper. »Mit Ihnen vielleicht, Tish?«
Sie preßte die Lippen zusammen und hackte wütend auf ihrem Computer herum, nicht bereit, sich auf unser Geplänkel einzulassen.
»Wenn das alles ist, Vic ... Ich will ja nicht unhöflich sein, aber wenn du unangemeldet hier reinschneist, kannst du nicht erwarten, daß die Leute sofort Zeit für dich haben.« Er warf einen Blick auf seine schwere Uhr.
»Tja, ihr habt leider nicht auf meine Anrufe reagiert. Ich möchte eigentlich bloß wissen, was Deirdre für euch gemacht hat. Mit wem sie zusammengearbeitet hat. Ich will lediglich die Namen von ein paar Leuten rausfinden, mit denen ich mich unterhalten kann - man könnte sagen, ich suche nach neuen Anhaltspunkten, um zu erfahren, mit wem sie sich am Freitagabend verabredet hat.«
Jasper warf Tish einen vorwurfsvollen Blick zu. »Solche Fragen können wir nicht einfach abtun, Tish. Nicht, wenn eine von unseren ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen ermordet worden ist.«
Tish saß stocksteif vor ihrem Computer, ohne uns anzuschauen. »Tut mir leid, Jasper. Ich hätte nicht so aggressiv werden sollen. Es ist bloß ... ich ertrinke fast in Arbeit.« »Das weiß ich, Tish. Sie arbeiten sowieso viel zuviel. Es ist nicht leicht, so viele Dinge gleichzeitig zu bewältigen.« Sein Lächeln war immer noch betörend; ich hatte beinahe das Gefühl, übertriebene Forderungen an Tish gestellt zu haben. »Ich glaube nicht, daß Deirdre irgend jemandem bei Home Free sonderlich nahegestanden hat«, fuhr er, an mich gewandt, fort. »Obwohl Tish natürlich über die Arbeit, die sie für uns verrichtet hat, besser Bescheid weiß als ich. Wie haben Sie sich den Nachmittag eingeteilt, Tish? Haben Sie später Zeit?«
»Ich kann mir ein bißchen Zeit freischaufeln. Aber bitte sagen Sie mir, was wichtiger ist - daß ich mich mit ihr unterhalte oder daß ich den Bericht hier fertig schreibe.« Er ging zu ihr hinüber und legte eine Hand auf ihre Schulter. Sie saß ganz still unter seiner Berührung - wie ein verschüchtertes Kaninchen - und versuchte sich ihre Freude nicht anmerken zu lassen.
»Tish, meine Liebe, wenn Sie sich Zeit freischaufeln, um mit Vic zu reden, und wenn Sie dann über sich hinauswachsen und diesen Bericht auch noch fertigmachen, komme ich nach meinem Termin am Nachmittag wieder zurück und lade Sie in ein Lokal Ihrer Wahl ein.«
Sie wandte den Blick nicht vom Bildschirm. »Na schön, Jasper. Wenn Ihnen das so wichtig ist, daß Sie mich zum Essen einladen. Sie können um halb vier wiederkommen«, fügte sie, an mich gewandt, hinzu.
Er drückte kurz ihre Schulter und ließ sie dann los. »Bravo. Wenn ich Tish nicht hätte, könnte Home Free zumachen. Und wenn ich ihr das zahlen müßte, was sie eigentlich wert ist, müßten wir unsere Einnahmen verdoppeln.«
Du bist's einfach gewöhnt, daß die Frauen sich aus Liebe zu dir den Arsch aufreißen, hätte ich am liebsten gesagt, aber das konnte ich Tish nicht antun. Statt dessen brummte ich etwas Unverbindliches und bedankte mich bei beiden. »Ach ja, noch eins, Jasper: Tish meint, nur du könntest das entscheiden, aber ihr könnte es zu ein bißchen
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