Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
Wange mit den Fingerspitzen seiner rechten Hand: Lichtstrahlen schossen heraus, Ruths Augen schlossen sich langsam und sie war gleich wieder eingeschlafen. Als Michael seine Hand wegzog, sah ich, dass die Energie meines Kindes und die des Engels verflochten gewesen waren und sich sachte wieder voneinander lösten. Dann sagte Michael: »Lorna, wie du weißt, rückt der Zeitpunkt immer näher, zu dem dein Vater diese Welt verlassen wird.«
»Ja, Michael, das weiß ich« erwiderte ich, »deshalb war ich bei deinem Anblick auf unserer Türschwelle glücklich, dich zu sehen, und zugleich traurig, denn mein Herz wusste schon, weshalb du diesmal gekommen bist.«
Als ich zu Ruth hinübersah, schlief sie nach wie vor. Michael lachte: »Sie wird erst aufwachen, wenn ich wieder verschwinde.« Dann streckte er seine Hand nach meiner aus und ich begann zu weinen. Er drückte sanft meine Hand und ich sah zu ihm auf: Er war ein einziges Licht, sein herrliches strahlendes Leuchten hüllte mich ein und beschützte mich. Eine Welle der Ruhe überkam mich.
Michael sagte nun: »Lorna, lass dir jetzt von deiner Liebe zu deinem Vater helfen. Im Verlauf der nächsten beiden Wochen werden sich eure Seelen langsam und behutsam voneinander lösen; die goldene Kette, die von
der Seele deines Vaters zu deiner hinüberreicht und euch beide verbindet, wird schwächer werden und schließlich brechen.«
Sehr aufmerksam lauschte ich Engel Michaels Worten, wenn auch unter reichlichen Tränen.
»Sie wird jetzt schon schwächer, Michael, ich kann es fühlen«, sagte ich ihm.
»Lorna, du musst das begreifen, und wenn der Augenblick da ist und die Kette bricht, dann darfst du nicht versuchen, sie festzuhalten.«
»Ich weiß, Michael, und ich werde es auch nicht tun«, erwiderte ich.
»Lorna, vergiss nie, alle deine Engel sind bei dir, zu jeder Zeit, auch wenn du uns nicht sehen oder hören kannst. Du hältst uns alle auf Trab«, tröstete der Engel mich.
Dann hob Engel Michael seine Hände zu meinen Augen und sagte: »Lass mich dir die Tränen fortwischen. Und weine nicht mehr! Sei von jetzt an glücklich für deinen Vater.«
»Michael, bevor du gehst, muss ich dich noch etwas fragen«, bat ich.
»Was möchtest du wissen, Lorna?«
»Du weißt doch, wie ich diesen »Film« von Paps’ Leben vor mir ablaufen sehe, vom Moment seiner Empfängnis an und wie ich seine Gefühle und seinen Schmerz teile und alles von ihm mitbekomme? Dient das dazu, um seine Seele zu reinigen? Ist es das, was ich tue – seine Seele reinigen?«
»Ja«, antwortete der Engel, »und nun keine weiteren Fragen, ich muss gehen.«
Im selben Moment, als Michael verschwand, erwachte meine kleine Tochter.
»Zwei Wochen!«, sagte ich zu mir selbst, »das ist wirklich nicht viel«, und holte tief Luft.
Und in mir lief der »Film« von Paps’ Leben ohne Unterbrechung weiter, er hielt nie an, war endlos, dauernd,
herzzerreißend für mich. Und Paps selbst schaute jeden Tag bei uns herein. Er pflegte seinen Tee zu trinken und mir Dinge zu erzählen; während ich ihm zuhörte, lächelte ich in mich hinein. Meist berichtete er von der Vergangenheit, mitunter davon, wie das Leben in seiner Jugend gewesen war, von seinen Eltern oder seinem besten Freund Arthur Mason, der schon vor einigen Jahren gestorben war. Gelegentlich sprach er auch von der Zeit, als er meine Mutter schon kannte, sie aber noch nicht verheiratet waren.
Mit jedem Tag, der verging, fühlte ich mich elender. Es war einfach entsetzlich: Zu wissen, dass uns nur noch eine kurze Spanne blieb, bis Paps diese Erde verlassen haben würde. Eines Nachmittags, bevor ich mich auf den Weg machte, um die Jungen von der Schule abzuholen, wandte ich mich mit meinem Leid an die Engel: Ich weinte aus tiefster Verzweiflung. Daraufhin erschienen die Engel Michael, Hosus, Elija und Elisa gleich alle miteinander direkt vor mir, und hinter ihnen wurde noch eine ganze Schar anderer Engel sichtbar. Sie hüllten mich ein in ihre Liebe, die mir Kraft und den Mut gab, die Seele meines Vaters loszulassen und mich nicht daran zu klammern.
Sanft sprachen sie zu mir: »Lorna, du bist nicht alleine. Geh jetzt zur Schule und hol deine Söhne ab.« Joe hatte an diesem Tag frei und war draußen im Garten. Er kam gerade herein, sah mich an und sagte: »Lorna, du bist sehr blass.« Ich erwiderte, mit mir sei alles in Ordnung, doch Joe meinte, er würde die Kinder von der Schule abholen und ich könnte mich so lange ein bisschen ausruhen.
»Nein,
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