Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
danke«, gab ich zurück, aber wir könnten doch zusammen gehen.« Ich war zwar müde und aufgeregt, erinnerte mich aber daran, dass die Engel gesagt hatten, ich solle die Jungen von der Schule abholen. Und auf dem Heimweg auf der Hauptstraße von Maynooth erlebte ich eine Riesenüberraschung: Mein Vater lief uns über
den Weg! Bei uns draußen in Maynooth war ich ihm überhaupt noch nie zufällig begegnet, und mir wurde klar, dass die Engel ihn zu uns geschickt hatten. Mein Vater trug seinen Tweedhut mit den Köderfliegen und seinen geliebten Aranpullover, den ich ihm gestrickt hatte. Er wirkte ein wenig orientierungslos, als wisse er nicht recht, wo er sich befand. Auch sah er deutlich älter aus als seine 56 Jahre. Aber er freute sich sehr, uns zu sehen, und ich drückte ihn kräftig.
Paps schlug vor, in die nahegelegene Teestube zu gehen. Als wir dort Platz genommen hatten und ich meinen Vater betrachtete, bemerkte ich, dass das Licht um ihn herum kaum mehr sichtbar war, nur ein leises Flackern, wie von einem in tausend Stücke gebrochenen Lichtfaden. Hinter ihm stand sein Schutzengel, viel größer als er, stützte ihn und hielt seinen physischen Körper fest – hielt Körper und Seele zusammen.
Während unserer Teestunde erwähnte Paps, ihm sei nicht wohl, das Atmen falle ihm schwer und zeigte damit zum ersten Mal Anzeichen gesundheitlicher Schwierigkeiten. Von dem Moment an war jede Sekunde mit meinem Vater kostbar. Wir begleiteten ihn zurück zu seinem Wagen und ich umarmte ihn wieder liebevoll. Dabei bewegte mich der Gedanke, dass ich ihn wohl nicht lebend wiedersehen würde.
Am nächsten Tag, ich war gerade damit beschäftigt, in der Spüle Gemüse zu waschen, als mir ein Engel ins Ohr flüsterte: »Lorna, dein Vater ist auf dem Weg hierher, um dich ein letztes Mal zu sehen.« Ich schaffte es nicht einmal mehr, meine Engel zu rufen, da ertönte auch schon das vertraute Hupsignal am Gartentor. Alles lief in Zeitlupe ab. Ich war überrascht, Paps schon am Gartentor stehen zu sehen, wobei mir schien, als wolle er es nicht öffnen, als wolle er gar nicht hereinkommen.
Mein Herz schlug sehr schnell. Paps rief mir zu, er sei sehr müde, habe aber das dringende Bedürfnis gehabt, mir den Staubsauger vorbeizubringen. Ich lief los, um
ihm das Tor zu öffnen, doch er winkte ab: »Nein, Lorna, lass mal, ich hab’ so ein Stechen in den Lungen, ich muss nach Hause.« So stand er draußen vor dem Gartenzaun und ich drinnen. Ich ließ das Tor zu. Sein Schutzengel hielt Paps in den Armen und ich machte nur mehr eine ganz dünne Lichtspur um ihn herum aus.
Sie werden sich jetzt vielleicht fragen, weshalb ich das Gartentor nicht doch geöffnet habe: Ganz einfach, aus Respekt vor meines Vaters Wunsch, das nicht zu tun. Eine Verbindung musste durchtrennt werden, damit unsere Seelen sich voneinander lösen konnten. Und deshalb wollte mein Vater nicht, dass ich das Gartentor öffnete – er wusste, wir hatten jeder auf seiner Seite zu bleiben. Auf der spirituellen Ebene wusste mein Vater, dass das Tor geschlossen bleiben musste, doch ich habe keine Ahnung, wie viel mehr er zu diesem Zeitpunkt schon wusste. Ich schenkte meinem Vater ein Lächeln und streckte meine Hand über den Zaun hinweg nach der seinen aus. Wir verabschiedeten uns voneinander und Paps fuhr heim. Später an diesem Abend habe ich Joe dann erzählt, dass mein Vater uns sehr bald verlassen würde. Er sagte kaum etwas dazu, nahm mich aber in seine Arme.
Zwei Tage darauf trennten sich die Seele meines Vaters und meine eigene vollständig voneinander. Es war der Morgen des St Patrick’s Day, des 17. März, unseres Nationalfeiertags zu Ehren von St Patrick, des ersten irischen Missionars. Da Joe sich nicht gut fühlte, meinte ich, er solle sich den Gedanken an den gemeinsamen Besuch der Parade aus dem Kopf schlagen und lieber im Bett bleiben. Nachdem wir alle zusammen gefrühstückt hatten, zog ich die Kinder für die Parade bei uns in Maynooth an. Unten im Ortszentrum war schon alles in vollem Gange. Die Kinder bekamen Süßigkeiten und schüttelten den Clowns die Hände – alle amüsierten sich großartig. Um der Kinder willen und um ihnen den Spaß nicht zu verderben, lächelte ich so gut ich konnte und versuchte,
glücklich auszusehen, auch wenn ich mitunter das Gefühl hatte, die Parade würde nie ein Ende nehmen.
Als ich mich endlich mit den Kindern auf den Heimweg machen konnte, erschien zu meiner Erleichterung Engel Michael an meiner Seite und
Weitere Kostenlose Bücher