Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
weshalb seine Seele nicht in sein Vorhaben eingreifen konnte. Damit hatte er Eiseskälte in sein Herz gesenkt. Es ist schwer, die richtigen Worte dafür zu finden, aber es war so, als hätte er seine Seele weggeschoben, weit hinter sich, und sie dann sozusagen mit Ketten an eine Wand gefesselt. Manchmal tun Menschen ihrer Seele solche Dinge an, weil sie sich und ihr Leben von der Gier beherrschen lassen, weil sie von materiellen Dingen besessen sind. Nicht der Teufel hatte das der Seele angetan, nein, der Mann allein ist es gewesen. In gewisser Weise hat er sich selbst in einen Mann aus Eis verwandelt.
Das war sein augenblicklicher Zustand; mir wurde erlaubt, seine Seele zu sehen, als er ins Gefängnis abgeführt wurde. Das alles bedeutet nicht, dass der Mann im Lauf der Zeit keine Gewissensbisse verspüren und seine Seele nicht doch ein paar Kettenglieder zerbrechen wird. Doch wird er niemals seine ermordete junge Frau zurückholen können und muss auf der Ebene der menschlichen Realität den Preis für seine Tat bezahlen. Doch am entsetzlichsten ist das, was er seiner Seele zugefügt hat. Das ist wirklich das Allerschlimmste. Denn wenn seine Seele freikommt, falls er das zulässt, wird er in seinem Inneren Höllenqualen leiden. Er wird alles daransetzen, diesen Gefühlen zu entgehen, doch letztlich wird er zusammenbrechen und tiefem, furchtbarem Schmerz ausgeliefert sein.
Dieser Mann hatte aus Habgier getötet. Er hatte geplant, einem anderen Menschen die Seele aus dem Leib zu reißen. Er nahm diese Seele, obwohl ihre Zeit noch nicht gekommen war. (Ich weiß, manche werden jetzt einwenden: Wenn man umgebracht wird, dann ist der Zeitpunkt eben doch gekommen oder es handelt sich um eine Vergeltung, einen Ausgleich, für eine Tat in einem früheren Leben – doch das trifft nicht in jedem Fall zu.)
Er nahm ihre Seele und seine Seele empfand furchtbare Qualen und schreckliche Schmerzen – und zwar deshalb, weil sie ihn nicht an der Ausführung seiner grauenvollen Tat hatte hindern können.
Und die Seele seiner ermordeten jungen Ehefrau fühlt große Trauer, weil sie weiß, dass seine Seele eingekerkert ist. Ihre Seele verzeiht ihm. Die Seelen verzeihen immer; es ist, als gäben Seelen niemals auf. Sie sind wie die Engel; und deshalb wird eine Seele niemals eine andere aufgeben.
KAPITEL 24
Joes Rückkehr ins Leben
Eines Montagabends saß Joe gerade vor dem Fernseher und schaute die Nachrichten, als er plötzlich rief, ich solle ganz schnell dazukommen. Auf dem Bildschirm war ein Foto »unserer« Pfandleihe in Dublin zu sehen. Die dazugehörige Meldung lautete: Übers Wochenende waren Diebe in das Leihhaus eingebrochen und hatten es komplett leer geräumt. Ich traute meinen Ohren nicht! Der Einbruch war erst am Montagmorgen entdeckt worden und die Beamten der irischen Nationalpolizei teilten mit, von den Tätern fehle bislang jede Spur, aber der Einbruch müsse sehr sorgfältig geplant worden sein.
Ich drehte mich zu Joe um, sah ihn an und sagte: »Das heißt, mein Ring ist weg.« Dann liefen mir die Tränen herunter: »Mein wunderschöner Ring!« Ich war ganz außer mir vor Aufregung. Joe legte seinen Arm um mich. »Jetzt kann er uns nicht mehr aus der Klemme helfen. Das ist doch einfach nicht fair!«
Ohne meinen Ring fühlte ich mich irgendwie verloren. Er bedeutete mir so viel, selbst wenn er, ehrlich gestanden, mehr Zeit im Leihhaus gelegen als an meinem Finger gesteckt hatte. Zu Anfang hoffte ich noch, die Polizei würde das Diebesgut mit meinem Ring irgendwo auftreiben, doch mit der Zeit wurde das immer weniger wahrscheinlich.
Nach ein paar Wochen fanden wir einen Brief von dem Pfandleiher in unserem Briefkasten. Joe musste ihn mir ungefähr vier Mal vorlesen. Darin stand, dass wir mit unserer Unterschrift unter dem Pfandschein die Firma
aus aller Verantwortung für unser Eigentum entlassen hätten. Sie hätten keinerlei Haftung für den Ring übernommen, solange er sich bei ihnen befunden habe. Wir waren zutiefst enttäuscht: Mein schöner Ring war weg und wir hatten nicht einmal Anspruch auf eine Entschädigung!
Joe versprach mir daraufhin, er werde mir eines Tages einen anderen Ring schenken. Ich entgegnete, darum gehe es mir nicht, denn kein Ring könne mir diesen meinen Verlobungsring ersetzen. Dann nahm Joe mich noch einmal in die Arme und wir räumten den Brief weg.
Ein paar Tage später hockte ich gerade auf der Türschwelle unseres Hauses, als Engel Michael erschien. Es wirkte, als sei er von
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