Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin

Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin

Titel: Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
Vom Netzwerk:
vertilgten unseren Proviant und führten stundenlange Gespräche, saßen da, aalten uns in der Sonne und bewunderten die Schönheit des Bergpanoramas. Schließlich packten wir die Reste unseres Picknicks in die Tasche. Joe nahm sie mir ab und legte seine Arme um mich. Wir waren eben dabei, den Felsen wieder hinunterzuklettern, als etwas für mich völlig Unerwartetes geschah: Joes Engel erschien, einen Schritt weit entfernt, rechts hinter ihm. Ich schenkte ihm ein Lächeln und er sagte: »Lorna, sieh mal, wie die Sonne auf den kleinen See da drüben scheint. Geht dorthin.«
    »Wem hast du gerade zugelächelt?«, wollte Joe wissen.
    Ich konnte ihm ja schlecht antworten: »Deinem Engel!« Bislang hatte mir nämlich der Mut gefehlt, Joe zu erzählen, dass ich tatsächlich Engel und andere Erscheinungen sehen konnte. Ich fürchtete mich vor seiner Reaktion.
    Und so sagte ich stattdessen: »Schau mal da hinüber, dorthin, wo die Sonne auf die kleine Gruppe von Bäumen und Felsen fällt – ist da nicht ein kleiner See?«
    »Weshalb haben wir den nicht schon früher bemerkt?«, wunderte Joe sich.
    Wir liefen los in Richtung auf den kleinen See. Dort angelangt trafen wir ein anderes Paar, das gerade beim Picknicken war und uns zu einer Tasse Tee einlud. Wir saßen zusammen am Seeufer, unterhielten uns und lachten miteinander.

    Die Engel bescherten mir an diesem Tag Blicke auf wundervolle Dinge. Es wäre befreiend gewesen, mein Geheimnis mit Joe teilen zu dürfen, vor allem, wenn er die später folgenden Ereignisse auch hätte sehen dürfen, doch das ging leider nicht.
    Der See lag in der Sonne wie eine Glasscheibe, die Spiegelbilder der Bäume am Ufer tanzten auf dem Wasser, so wie das des Eisvogels, der über den See flog. Im Wasser entdeckte ich einen zweiten Eisvogel, und als er nach oben kam, ließ die Reflexion der Sonne sein Gefieder in allen Regenbogenfarben schillern. Er tauchte auf, schoss durch die Oberfläche des Sees, das Wasser kräuselte sich, bildete Wellen und er schien mit seinem Schnabel den Schwanz eines weiteren Artgenossen zu berühren: Es war, als flöge ein ganzer Schwarm von Eisvögeln hintereinander her.
    Doch jetzt mahnten die Engel: »Lorna, es ist Zeit aufzubrechen. «
    Daraufhin sagte ich zu Joe, es werde allmählich dunkel, und wir sollten uns doch besser auf den Heimweg machen. Die beiden anderen meinten, sie besäßen einen Kompass und wüssten eine andere Route zurück, und wir sollten doch gemeinsam gehen.
    Also schlossen wir uns ihnen an. Ich habe keine Ahnung, wie lange wir für den Rückweg zur Bushaltestelle gebraucht haben, aber ich war restlos erschöpft, als wir endlich dort anlangten. Joe, Gentleman wie immer, brachte mich noch bis vor unsere Haustür und rannte dann zur Haltestelle der »Geisterlinie«, um in die Innenstadt von Dublin zurückzufahren. Ich bat die Engel, Joe zu beschützen und ihn sicher nach Hause zu bringen. Darüber hinaus sollten sie Joe doch bitte insgesamt bei guter Gesundheit halten. Joe schien zwar putzmunter und voller Elan, doch ich konnte sehen, dass seine inneren Organe bereits zu kränkeln begannen; sie waren schon dabei, leicht einzuschrumpfen, und um sie herum schien sich eine Art grauer Schatten zu bilden. Noch waren die Veränderungen
geringfügig, doch für mich war die Sache klar. Ich fürchtete, das waren die ersten Anzeichen der Krankheit, von der Engel Elija gesprochen hatte.

    Nie werde ich den Tag vergessen, an dem meine Mutter hinter mein Geheimnis mit Joe kam. Ich hatte frei, erledigte ein paar Hausarbeiten und verbrachte einige Zeit mit meinem Kaninchen Isabel. Auch meine ältere Schwester Emer war an diesem Nachmittag zu Hause und prompt war ich wieder mehr oder weniger Luft für meine Mutter. Das kannte ich schon mein ganzes Leben lang: Wenn eines meiner Geschwister sich mit meiner Mutter unterhielt und ich hereinkam, trat sofort eine Pause ein. Blieb ich im Zimmer oder setzte mich gar dazu, verebbte das Gespräch ganz.
    Mitunter war ich schon ein bisschen traurig, dass meine Familie mich so gar nicht miteinbeziehen wollte.
    Da Joe und ich für halb sieben verabredet waren, ging ich am späten Nachmittag vom Garten ins Haus, um mich ein bisschen herzurichten. Mutter war in der Küche und erkundigte sich, wo ich denn hinwollte. Ich gab zur Antwort, dass ich mit dem 17-Uhr-Bus in die Stadt fahren wollte, und durchquerte den Flur vollends, um dann die Treppe zu meinem Zimmer zu nehmen. Oben angelangt, hörte ich meine Mutter und meine

Weitere Kostenlose Bücher