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Engel küssen besser

Engel küssen besser

Titel: Engel küssen besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Whittenburg
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schaute ihn an und hielt sich an der Kante des Mahagonischreibtisches hinter sich fest, als ob sie das jüngste Gericht erwartete. Kein schlechter Vergleich, dachte er, wenn man die Umstände in Betracht zog, wirklich kein schlechter Vergleich. Er verschränkte die Arme vor der Brust und entschied, dass es ihr nicht schaden würde, wenn er sie noch etwas schwitzen ließ.
    Dabei sah sie eigentlich nicht sonderlich besorgt aus. Sie machte eher einen kühlen und gefassten, ja sogar leicht amüsierten Eindruck. Eine weitere Minute des Schweigens wird das schon ändern, dachte er – und dann beging er den Fehler, seinen Blick an ihren beeindruckend langen Beinen hinunterwandern zu lassen. Seine stark vernachlässigten, erotischen Bedürfnisse wurden wie ein Feuer entfacht. Der Kragen wurde ihm eng, und während er ganz automatisch seinen Krawattenknoten lockerte, zwang er sich, seinen Blick auf weniger gefährliches Territorium zu lenken.
    Mit ihren großen Augen beobachtete sie ihn ganz unbefangen und schien einfach nur sehr interessiert abzuwarten, sodass er sich fragte, was ihr wohl durch den Kopf ging. Was auch immer das war, er glaubte jedenfalls nicht, dass es auch nur im Entferntesten mit der Arbeit zu tun hatte, für die er sie angestellt hatte. Sam hatte sogar das beunruhigende Gefühl, dass es etwas mit
ihm
zu tun hatte, und zwar auf eine sehr persönliche Weise. Sie musterte seinen Körper genauso, wie er gerade den ihren betrachtet hatte.
    “Wenn es Ihnen nichts ausmacht …”, räusperte er sich, “dann hätte ich gern für einen Augenblick Ihre Aufmerksamkeit.”
    Sie hob die Augen und blickte in die seinen, und dann tat sie etwas, was er unter diesen Umständen am allerwenigsten erwartet hätte – sie lachte! “Sie wollen meine Aufmerksamkeit?”, fragte sie und lachte noch mehr. “Das ist gut, Sam. Sehr gut, und gerade noch rechtzeitig. Ich dachte schon, Sie hätten jeglichen Humor verloren.”
    Er hatte eher den Eindruck, er habe den Verstand verloren. “Ich fürchte, in dieser Situation ist Humor nicht angebracht, Gloria.”
    “Nein?” Sie legte die Stirn in Falten. “Hmm. Ich dachte, es war lustig, denn Allie und ich hatten uns gerade darüber unterhalten, wie sie Ihre Aufmerksamkeit bekommen könnte, und …”
    “Und das haben Sie ja auch geschafft!” Der in ihm aufsteigende Zorn ließ seine Stimme noch barscher klingen, und ihr Lächeln erstarb.
    “Allie wollte Ihnen keine Probleme bereiten.”
    “Natürlich nicht. Aber wenn Sie Ihre Arbeit richtig gemacht hätten – und dazu gehört nun mal, sie zu beaufsichtigen – dann hätte sie auch keine Gelegenheit dazu gehabt, oder?”
    Gloria schlug die Augen nieder und betrachtete das Muster auf dem Teppichfußboden. “Es war doch nur eine kleine Unterbrechung, Sam.”
    “Sie haben nicht die leiseste Ahnung, was diese kleine Unterbrechung mich kosten wird! Als Morrison heute Morgen hier ankam, wollte er seine bisherigen Zusagen zurückziehen. Fast war es Damon und mir gelungen, ihn davon zu überzeugen, dass es für ihn besser ist, weiter mit uns zusammenzuarbeiten und den Auftrag zu unterschreiben. Da war Allies
kleine
Unterbrechung für ihn ein willkommener Anlass, seine endgültige Zustimmung noch einmal zu überdenken.” Sam strich sich mit den Fingern durch das Haar und zerzauste es vor lauter Wut. “Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht, sie wie einen wild gewordenen Handfeger in die Besprechung platzen zu lassen?”
    Plötzlich war dieser amüsierte Ausdruck aus Glorias hübschen blauen Augen verschwunden. “Ich weiß es nicht, Sam. Ich dachte nur, dass Kinder keine Kraftausdrücke hören sollten, und dass sie diese erst recht nicht gebrauchen sollten, um die Zuwendung ihres Vaters zu bekommen. Vielleicht habe ich aber auch nur gedacht, Sie würden sich freuen, wenn Ihre Tochter Sie Daddy nennt, oder ganz einfach nur, dass Allison Ihnen wichtiger ist als irgendeine Besprechung.”
    “Machen Sie aus unserem Gespräch kein Psychogelaber über das Bedürfnis eines Kindes nach Zuwendung und Aufmerksamkeit. Mir ist durchaus bewusst, dass Allison nach dem Tod ihrer Mutter unter Ängsten leidet, aber sie braucht auch ein geregeltes Leben und Disziplin. Sie ist im letzten Jahr von ihren Großeltern genug verhätschelt worden, und ich werde nicht zulassen, dass Sie meine Autorität untergraben. Haben Sie mich verstanden?”
    “Kein Wort”, sagte Gloria mit einem Achselzucken. “Das erklärt nämlich keineswegs, warum Sie so

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