Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
wieder bei ihm versuchte.
„Mit einem Messer auf einen Polizisten losgehen …“
„He, ist schon gut“, Bergmann legte seinem Kollegen eine Hand auf die Schulter. Ein paar Minuten, dann würde das Adrenalin weit genug abgebaut sein, um Leitner nach Hause bringen zu können.
„Was ist eigentlich bei der Geschichte mit dem Wiesel herausgekommen?“, Bergmann deutete dem Standbesitzer, ihnen noch zwei Flaschen Kräuterlimonade zu geben.
„Das hast du nicht mitbekommen?“ Zack, das Ablenkungsmanöver hatte funktioniert. Wiesel war der Spitzname eines Junkies gewesen, der sich ihnen als Informant angedient und wider erstes Erwarten recht brauchbare Informationen geliefert hatte. Drei Wochen zuvor war er nicht weit von der Stelle, wo sie jetzt standen, tot aufgefunden worden. Hämatome an Kopf und Oberkörper, drei gebrochene Rippen, Körperverletzung mit Todesfolge und nachlässige Ermittlungen hätten offiziell herausgeschaut, wenn nicht Kollege Bruckner und ein paar von der Drogenfahndung an dem hageren Zwei-Meter-Mann mit gewaltigem Vorbiss einen Narren gefressen und ihm so etwas wie Gerechtigkeit hätten widerfahren lassen wollen.
„Pass auf: Koller wieder einmal voll im Doktor-Watson-Wahn, misst die Blutergüsse auf der Brust ab und kommt drauf, dass sie von zwei Handballen stammen könnten … verstehst du!?“
„Nein.“
„Die wollten ihn wiederbeleben!“
„Wer?“
„Zwei Bekannte … haben das Wiesel da in der Wiese gefunden, praktisch schon hinüber, und zack, zack, Herzmassage, Beatmung … hat leider nichts mehr gebracht …“
Bergmann nahm die zwei neuen Flaschen Almdudler und legte einen Geldschein auf den Tresen des Kebabstands, was der Besitzer beleidigt gestikulierend ablehnte.
„Sie wollten ihm helfen“, murmelte Bergmann und trank einen Schluck.
„Ja … hat mich echt gerührt … Scheiße, wer hätte denn das Wiesel kaltmachen sollen …!“
„Der Kroate … der verblutet ist“, sagte Bergmann nach einer Weile, „der ist nicht mehr als hundert Meter vom AKH entfernt abgelegt worden …“
„Und?“
„Wir sind immer davon ausgegangen, dass ihn einer geschlitzt hat … was, wenn es ein Unfall war … beim Pfuschen oder was weiß ich … er verletzt sich am Oberschenkel, blutet wie eine Sau, seine Freunde wollen ihn ins Krankenhaus bringen und auf halbem Weg verreckt er ihnen …“
„Und warum schmeißen sie ihn dann aus dem Auto?“
„Illegale … irgendein krummes Geschäft … jemand, der keine Schwierigkeiten bekommen will …“
„Bergmann, Bergmann“, meinte Leitner anerkennend und hob die Limonadenflasche zum Anstoßen, „das ist fast schon Schäfer-Niveau …“
„Muss wohl am Zugfahren liegen.“
10.
Herr, ich weiß nicht, wo die Träume enden und die Wirklichkeit beginnt. Er zitterte immer noch. Lag im Morgenlicht wie ein Embryo und flehte die Sonne an, ihren Strahlen mehr Kraft zu geben. Dass die Wärme das Zittern vertrieb, das die Kälte der Nacht und dieser schreckliche Traum ihm auferlegt hatten. Er war auf einer Bank an einer Flusspromenade gesessen. Dunkel wie Erdöl und mit trägen Bewegungen trieb das Gewässer vorbei, dahinter Häuser, darüber die Nacht, ein paar mutlose Sterne. Immer wieder gingen Leute an ihm vorbei; zuerst ängstigte ihn ihre Anwesenheit, weil er sich nicht zu bewegen, also notfalls zu wehren imstande war; er saß auf dieser Bank, wie die Ulme neben ihm die Promenade zierte: angewachsen, leicht schwankend im milden Wind, der in Stromrichtung über die Stadt zog. Welche Stadt?, fragte er sich und versuchte vergeblich, sich umzudrehen. Da wandte sich einer der Passanten im Gehen ihm zu, mit einem tänzelnden Schritt, als wäre er achtzehn und wollte ein junges Mädchen beeindrucken. Er sah in das Gesicht des Mannes und erkannte sein eigenes. Was ihn für einen Augenblick erschreckte; dann beruhigte, weil der andere ihm freundlich zunickte und in der Dunkelheit verschwand; nicht allmählich, sondern wie ein Gespenst, das durch eine schwarze Mauer glitt; aus der nun ein Paar kam; er in einem hellen, dreiteiligen Leinenanzug und mit Hut, sie in einem schlichten geblümten Sommerkleid, was eine seltsame Diskrepanz zwischen den beiden erzeugte, eine Statusdifferenz, die aus einer anderen Zeit zu kommen schien, aus einem Stück von Schnitzler, heimliches Lustwandeln am Ufer des Flusses; die Frau tat ihm leid, weil er ahnte, wie die Geschichte ausgehen würde, fast hätte er sich hinreißen lassen, sie zu warnen, da wandten
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