Engelherz - Band 1-3
seinen oberflächlichen Verführungsversuch abzublocken.
Als er meinen Widerstand spürte, versuchte er mich fester an sich zu pressen, doch ich wich seinen Lippen aus und es gelang mir, mich freizustrampeln: „Das machst du nur, weil du weißt, dass du Unrecht hast!“
Er grinste und schüttelte leicht den Kopf. „Ich mache das, um dich zu verführen!“
Ich trat einen Schritt zurück und er folgte mir mit einem boshaften Grinsen. „Glaubst du, du kannst mir widerstehen?“, fragte er und sein Blick ruhte so besitzergreifend auf mir, wie nie zuvor.
Schockiert trat ich einen weiteren Schritt zurück. Wieder folgte er mir, sein Gesichtsausdruck wurde berechnend. Seine Augen waren so dunkel, als hätte sich hinter ihnen ein Abgrund aufgetan, der nur darauf wartete, dass ich fiel.
„ So ein schönes, leeres Bett! Ein Heiligtum, nur für diesen Augenblick geschaffen, für den letzten Augenblick“, flüsterte er leise und verfiel in einen leisen Singsang, den ich von ihm noch nie gehört hatte.
Fasziniert starrte ich ihn an, versank in seinen Augen und vergaß Widerstand zu leisten, als er mich mit sanftem Griff zur Tür schob.
„ Wusstest du, dass alle Frauen in Babylon einmal in ihrem Leben freiwillig der Istar mit ihrem Körper dienen müssen? – Wann ist deinen Zeit?“, sang er leise und ich genoss seine bestimmenden Berührungen, die mich weiter in seinen Bann schlugen.
„ Meine Istar. Meine Göttin mit dem Doppelcharakter, Göttin des Morgensterns, Liebesgöttin. Diene mir meine Göttin“, wisperte er melodisch.
„ Ich diene niemandem!“, rebellierte mein Wille und mein Verstand, der versucht hatte, sich eingehend mit den menschlichen Religionen zu beschäftigen protestierte: „Istar und Marduk sind kein Paar!“ , während mein Gewissen empört schrie: „Und ich bin keine Göttin!“
Ich erstarrte vor dem Eingang. „Hör sofort auf damit!“, befahl ich meinem Engel leise, aber bestimmt.
Er lachte, als glaube er nicht wirklich, dass ich ihn zurückweisen würde.
Ich schüttelte seine Hände von mir und wich zur Seite aus. „Sag mir, dass du mich nicht vermisst hast, dass du mich nicht mehr begehrst“, wisperte er leise und begann wieder seinen Halbgesang. „Lüg mich an, Lilith! Sieh mich an und sag mir dann, dass du dich nicht nach mir sehnst und dich nicht nach mir verzehrst.“ Er schluckte und seine Stimme wurde heiser. „Sag mir, dass du dich nicht so sehr nach mir sehnst und verzehrst, so wie ich mich nach dir sehne und verzehre.“
Ich schüttelte heftig den Kopf, als sei er ein Nachtgespenst, ein grausames Abbild des Samiels, den ich geliebt hatte.
Für wenige Sekunden huschte der Schatten eines Schuldgefühles über sein teuflisches Engelsgesicht, bevor er seinen Arm ausstreckte, um mich zurückzuziehen.
„ Nein!“, befahl ich laut und wütend. Ich war enttäuscht und verwirrt.
Wenige Zentimeter vor mir stieß Samiel auf einen Widerstand, den er nicht sehen konnte.
„ Oh ja, Jahves Schutz funktioniert wunderbar“; meine innere Stimme klang ebenso erbost, wie ich mich fühlte.
Erstaunt und erschrocken blickte mein Engel mich an. Traurig erwiderte ich seinen Blick, als er begriff, dass der Moment gekommen war, in dem ich Schutz vor ihm benötigte. Samiel wirkte ebenso schockiert, wie ich zuvor.
Der Ausdruck auf seinem Gesicht verwandelte sich, als begreife er etwas, was mir vorborgen blieb, er wurde weicher und hilfloser, bevor er sein Gesicht in seinen Händen verbarg.
„ Es tut mir leid!“, flüsterte er.
Als ich nichts antwortete blickte er mich verzweifelt an. „Ich wollte das nicht!“
Er streckte die Hand aus, wie um meine Wange zu berühren, doch er ließ sie verunsichert wieder sinken. Sein Gesicht spiegelte seine Verzweiflung wieder. „Ich hab es nicht unter Kontrolle Lilly, es tut mir Leid!“
Ich wusste, das er nicht nur den heutigen Tag meinte, sondern auch unseren Streit und seine Eifersucht. Stumm nickte ich und starrte auf die Stadt die unter mir lag. Die Stadt der Menschen. Die Stadt des falschen Glaubens, der falschen Religion.
Ich blickte in das Gesicht meines Engels, der vorgab, ein Gott zu sein.
„ Ich werde Babylon verlassen!“, verkündete ich. – Auf einmal schien alles falsch. Alles wovon ich in dieser Stadt bisher geträumt hatte, alles was ich bisher hier getan hatte. Ich hatte davon geträumt unter den Menschen zu leben und so an ihrem Leben teilhaben zu können, statt ein eigenes Leben zu leben. „Habe ich einen Fehler
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