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Engelherz - Band 1-3

Engelherz - Band 1-3

Titel: Engelherz - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Schreiner
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gehen!“, verkündete ich aus diesem Gefühl heraus.
    Irritiert blickte Gabriel mich an.
    „ Das halte ich für keine gute Idee!“, murmelte der Erzengel leise.
    Ein Schatten huschte über mein Gesicht und verdunkelte schlagartig meine Emotionen.
    „ Du wirst noch mehr leiden, wenn ...“ Seine Stimme verklang. Seine blauen Augen tauchten in meinen Blick. „Sie halten dich für einen Dämon, der kleine Kinder tötet!“
    Er sah mich unbehaglich an, während verschiedene Gedanken durch mein Gehirn spülten und schließlich zu einem Ergebnis kamen: „Ich werde mein Leben selbst in die Hand nehmen. Keine Selbstbestrafung mehr. Mein Leben gehört den Menschen, der Menschheit!“
    Innerlich jubilierte ich.
    „ Und wenn sie glauben, ich sei ein Dämon, ein Nachtgespenst, dann kann ich diese Vorstellung bedienen und so unter ihnen leben, oder nicht?“
    Ich schmunzelte bei diesem Gedanken.
    „ Alles ist besser, als in Vergessenheit zu geraten und alleine zu bleiben, nicht wahr?“

    ***

    Mutterseelenalleine machte ich mich auf den Weg in ein neues Leben, da die Engel meinen Plan rügten und nicht einmal Gabriel bereit schien nachzugeben und mich zu begleiten.
    Er verpasste einen der schönsten Sonnenuntergänge, die ich bis dato erlebt hatte, denn gerade als ich die Stadt von Weitem sah, berührte die Sonne den Horizont und hüllte die Welt und meine Umgebung in rote Farben.
    Doch obwohl ich Innerlich angesichts der Größe und Pracht dieser unglaublichen Stadt jubelte und ich mich zu meinem Plan beglückwünschte, klagte meine innere Stimme: „Ist es wirklich schon so lange her, seit Eden gefallen ist?“
    Ich verdrängte das heranschleichende benommene Gefühl und genoss den Anblick der großen Menschensiedlung, bis die Sonne vom Horizont verschwunden war. Erst dann setzte ich mich wieder in Bewegung, um im Schutze der Nacht meine Zukunft zu suchen.
    Die Tore der Stadtmauer standen weit offen und waren unbewacht. „Sie scheinen keine drohende Gefahr zu kennen!“ , freute sich mein Herz, dankbar dafür, dass diese Menschen sich offensichtlich sicher fühlten.
    Ich streifte frei wie ein Geist durch die dunklen Straßen, durch das grandiose Ischtartor mit seinen blauglasierten Ziegeln, vorbei an Hütten, über Dächer, Treppen, Stufenbauten, bis ich wieder der Prozessionsstrasse folgte.
    Ich hatte alle Zeit der Welt und da die Nacht gerade erst angebrochen war, beschloss ich die Stufen zum Marduk-Tempel, dem Wahrzeichen Babylons zu erklimmen.
    Der Turm war legendär. Seit Jahrzehnten hatte ich den Erzählungen der Engel über ihn gelauscht.
    Er war das größte Bauwerk dieser Zeit, angeblich geschaffen als Monument für die Ewigkeit, ein Symbol für die Einigkeit der Menschen.
    Gabriel hatte über dieses Unterfangen, diese Symbolträchtigkeit geschimpft und gelacht. Er fand es albern, dass die Menschen glaubten, ein Bauwerk könne etwas ändern, aussagen oder gar bis an den Himmel reichen.
    Ich hatte ihm zugestimmt. Doch als ich die Stufen und den Turm sah, verstand ich: „Die Menschen hier glauben! Sie glauben, sie könnten so ihre Umwelt begreifen und verändern. Sich nicht mehr alleine im Universum fühlen.“
    Ich schauderte, weil ich sie verstand. – Zu gut verstand.
    Mit diesem Bauwerk wollten sie die Menschheit vereinen. Verhindern, dass sie sich zu weit voneinander entfernten, räumlich, geistig und sprachlich.
    „ Ich wünsche euch, dass es funktioniert!“ , betete ich leise für sie und für mich.
    Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen und stieg gefasst die Stufen des Turmes Etemenanki hinauf, um die Stadt von oben zu betrachten.
    Ich genoss es, von dort auf die Menschen zu sehen und mir vorzustellen, wie sie in ihren Häusern und Hütten schliefen, wie sie für einander da waren. Für einen Moment gestattete ich mir die Vorstellung, einer von ihnen zu sein.
    Um das Marduk-Heiligtum selber wollte ich einen großen Bogen machen, denn ich wusste, dass Marduk kein Heiliger war, kein Engel und kein Gott. Nur eine Figur, von Menschen erschaffen, von Menschen angebetet.
    In den ersten Nächten begegnete ich noch einigen Leuten. Ich hatte bisher nicht gewusst, dass es Menschen gab, die Verbrechen zu ihrem Leben auserkoren hatten und die absichtlich und mutwillig anderen schadeten. Doch zu dieser Sorte gehörten die Männer, die nachts in Babylons Straßen unterwegs waren.
    Keiner von ihnen war mir gewachsen. Nicht nur, dass zu Jahves Fluch mein Schutz gehörte und sie sich mir nicht nähern

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