Engelsasche
klingelte.
Sie lauschte noch einen Augenblick, hörte aber nichts und öffnete leise das Schloss. Sie schob die Tür auf und wartete. Nur die alte Wanduhr im Wohnzimmer tickte, die sie immer noch nicht aufgehängt hatte. Vorsichtig steckte sie den Kopf durch die Tür, sah nach rechts und links, aber nirgends brannte Licht. Alles schien wie immer.
Sie schlich auf Zehenspitzen in den Flur und zu ihrem Fotoatelier hinüber. Dort schnappte sie sich ihr Einbeinstativ, das sie zur Not als Waffe benutzen konnte. Leise stieg sie die Stufen nach unten, das Stativ fest umklammert.
Nichts bewegte sich. Keine Geräusche. Maggie schaltete das Licht an, und der helle Schein der Deckenlampe im Flur beleuchtete noch einen Teil des Wohnzimmers.
Nichts.
Erleichtert ließ sie die Schultern sinken. Sie schaltete das Küchenlicht und die Lampe im Wohnzimmer an und sah sich um. Sie hatte sich diese Geräusche nur eingebildet – Gott sei Dank.
Das kam von diesen Zetteln. Die machten sie nervös und schreckhaft. Sie hoffte, dass Trace Rawlins den Typ finden würde, der sie schikanierte.
Maggie lief durchs Haus, überprüfte kurz die Schlösser, aber alles war gesichert. Sie schaltete die Metalllampe im Wohnzimmer aus und ging zurück in die Küche. Als sie die Hand nach dem Lichtschalter ausstreckte, hielt sie mitten in der Bewegung inne. Da stand etwas auf der Küchentheke.
Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Sie konnte sich genau erinnern, dass sie vor dem Zubettgehen nichts weiter dort zurückgelassen hatte als das Telefon, den altmodischen Anrufbeantworter, den sie immer noch benutzte, und ihr griffbereites Adressbuch.
Ihr Mund fühlte sich an wie ausgetrocknet. Sie musste sich zwingen, zum Küchentresen hinüberzugehen. Mit zitternder Hand griff sie nach der kleinen Porzellanfigur, die dort stand. Sie war keine fünfzehn Zentimeter hoch, ein Mann in schwarzem Frack tanzte mit einer Frau mit langem blassgrünem Kleid und hochgestecktem rotem Haar.
Maggie schluckte. Sie sah sich nervös in der Küche um, aber sie hatte bereits alle Räume überprüft und niemanden dort gesehen. Schnell stellte sie die Figur zurück und blätterte mit zittrigen Fingern im Adressbuch. Zwischen zwei Seiten klemmte die Visitenkarte von Trace Rawlins.
Hektisch wählte sie seine Nummer, ständig in der Angst, dass der Stalker sich immer noch im Haus versteckte und sie ihn einfach nicht gesehen hatte. Den Hörer ans Ohr gepresst, hörte sie das Klingeln in der Leitung und betete, dass Trace Rawlins abnahm.
Der Wind straffte die Segel, die „Ranger’s Lady“ flog über das schäumende Wasser des Ozeans. Die frühlingswarme Luft fühlte sich frisch und kühl auf der Haut an. Seemöwen kreischten und umkreisten den Mast auf der Suche nach Futter.
Trace genoss diesen wunderbaren Tag mit einem Lächeln auf dem Gesicht, als Faith Hills süße Stimme aus seinem Handy erklang. Augenblicklich war er hellwach, das hatte er sich während seiner Ausbildung bei den Rangern antrainiert. Blitzschnell griff er nach dem Telefon auf dem Nachttisch und presste es sich ans Ohr.
„Rawlins“, meldete er sich heiser.
„Trace, hier ist Maggie O’Connell.“
„Maggie?“ Plötzlich alarmiert, rollte er sich herum und schwang die Beine aus dem Bett. „Was ist los?“
„Jemand … jemand war heute Nacht in meinem Haus. Er hat … er hat was auf den Küchentresen gelegt.“
Eine Gänsehaut jagte ihm über den Rücken. „Haben Sie die Polizei verständigt?“
„Noch … noch nicht. Ich habe Sie zuerst angerufen.“
Er umklammerte das Telefon. „Sind Sie sicher, dass er nicht mehr im Haus ist?“
„Ich … glaube, er ist weg.“
„Das reicht nicht. Legen Sie auf und rufen Sie die Polizei an. Ich bin auf dem Weg zu Ihnen.“
Trace legte auf, schnappte sich seine Jeans, die über der Stuhllehne hing, und schlüpfte hinein, ohne vorher einen Slip anzuziehen. Nachdem er sich ein T-Shirt übergestreift hatte, stieg er in seine Stiefel und ging zur Tür. Rowdy, der die Anspannung spürte, folgte ihm. Der Hund war an die plötzlichen Aufbrücheseines Herrchens gewöhnt und ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen.
Traces Schulterholster hing an dem Hutständer neben der Hintertür. Wenn er eine Waffe brauchte, benutzte er eine Beretta 9mm Halbautomatik. Das war lange nicht der Fall gewesen. Er schnallte sich das Holster um, zog die Waffe heraus und überprüfte noch einmal das Magazin, während er schon auf dem Weg nach draußen zum Auto
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