Engelsauge - Die Jagd beginnt (German Edition)
schaute ich ihn an, und als er nicht schnell genug fortfuhr, boxte ich ihn leicht in die Seite.
»Ja ja, ich erzähl dir auch den Rest. Also, dieses Wetter war definitiv zu heiß. Du weißt ja, dass wir schnell sind, aber wir mussten einige Kilometer durch die sengende Sonne rennen, ehe wir in ein weiteres leer stehendes Haus flüchten konnten. Diejenigen von uns, die am schnellsten waren, hatten nur leichte Verbrennungen auf der Haut. Annabelle hatte es damals zum Beispiel schlimmer erwischt. Und dann kommt hinzu, dass wir an Kraft verlieren. Wir werden schwach und die Verbrennungen können nicht richtig heilen. Hinzu kommt, dass wir das Gefühl haben, innerlich zu verbrennen.«
»Oh mein Gott, das klingt ja schrecklich. Und wie werdet ihr wieder, also ...
»Wie wir wieder normal unnormal werden?« Er lächelte und fuhr fort. »Wir benötigen Blut, menschliches Blut, um wieder in Form zu kommen und um die Verbrennungen heilen zu können. Tierblut, von welchem wir uns sonst ernähren, genügt dann nicht. Bei mir und zum Beispiel Cyril reichten einige Schlucke, dann ging es wieder. Aber je stärker der Körper geschwächt ist und je größer die Verletzungen, desto mehr benötigt man. Ich denke, jetzt hast du eine ziemlich gute Vorstellung davon bekommen, wie schlimm es ist, so zu sein, wie wir. Mittlerweile bevorzugen wir Länder wie eben England oder passen uns den Wettergegebenheiten in verschiedenen Ländern an. Auf diese Weise können wir uns normal geben und fallen nicht auf.«
Ich nickte und spürte sofort, dass die Gedanken an das eben Gesagte, ihn schwer belasteten. Daher beließ ich es dabei und streichelte sanft seinen Arm.
Am frühen Abend brachte er mich wieder nach Hause, und als er das Auto in der Einfahrt zum Stehen brachte, sagte er mir zugewandt: »Ich muss noch mal für ein paar Tage fort. Es wird aber nicht für sehr lange sein.«
»Ist es meinetwegen? Musst du jetzt meinetwegen fort?«
»Nein, doch nicht deinetwegen. Denk doch nicht so etwas. Es gibt nur einiges in der Familie zu klären und dafür muss ich fort. In wenigen Tagen bin ich aber schon wieder bei dir, versprochen.«
Ich hatte keine andere Möglichkeit, als ihm zu glauben und während ich ihn zum Abschied küsste, fing ich bereits an ihn zu vermissen. Kein schönes Gefühl, aber dennoch herrlich, es zu spüren.
5
Bittersüße Wahrheit
Um mich besser abzulenken, beschloss ich, Alices Drängeln nachzugeben. Schon seit Tagen lag sie mir mit der Bitte im Ohr, sie nach St.Claires zum Einkaufen zu begleiten. Jetzt schien es mir der perfekte Zeitpunkt dafür zu sein – Ablenkung konnte ich nach Allem gut gebrauchen. Wir hatten wirklich jede Menge Spaß, während wir zusammen durch die Stadt gingen. In einem Laden machten wir unsere eigene kleine Modenschau in der Umkleidekabine, während in einem anderen die verschiedensten Hüte und Mützen ausprobiert wurden. Mitunter sahen wir einfach nur komisch aus, aber wir konnten immer über uns lachen.
Alice war etwas größer als ich, hatte eine ähnlich schlanke Figur, wie ich sie hatte, und sie war sichtlich stolz auf ihre mittlerweile fast schulterlangen dunkelblonden Haare, welche sie tapfer versuchte noch länger wachsen zu lassen. Wir waren uns in vielen Dingen unglaublich ähnlich, was wir besonders jetzt beim Einkaufen bemerkten. Nach unendlich vielen Geschäften hatten wir dann auch tatsächlich einige Einkaufstüten gefüllt und um den Tag perfekt ausklingen zu lassen, gingen wir in das nächste Café, welches uns ins Auge fiel. Dort erzählte ich ihr, dass es mit mir und Jadon jetzt ernst geworden sei und wir in einer Art Beziehung steckten. Nur zu gerne hätte ich ihr auch alles andere erzählt, aber das ging natürlich nicht.
»Wow, du hast dir tatsächlich den Cartwrightjungen geschnappt? Da werden einige Leute Augen machen, glaub mir«, lachte Alice und trank einen Schluck Cola.
»Und was sollte an uns so interessant sein?« Ich wurde etwas unsicher; ahnte vielleicht jemand etwas?
»Na, bisher hat es doch keine geschafft, bei Jadon zu landen und dann kommst du als die Neue und schnappst ihn dir! Zumindest wäre damit das Gerücht vom Tisch, er wäre schwul.«
Ich musste bei diesem Gedanken laut lachen, sodass ich mich an meiner Cola verschluckte.
»Okay, also dann werden wohl in erster Linie die zurückgewiesenen Frauen an unserer Uni darüber reden ...«
»... und mit Sicherheit werden einige ziemlich eifersüchtig sein. Vor allem Jessica. Die wird kochen vor Wut
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