Engelsauge - Die Jagd beginnt (German Edition)
Angst. Zu Recht, leider! Meine Kollegen von der Polizei sagten mir später, dein Vater hätte die Kontrolle über euer Auto verloren. Ihr seid ein Stück am Wald entlang gerast, ehe das Auto mit deinen Eltern über die Klippen ins Meer gestürzt ist. Sie hatten keine Chance mehr, da rauszukommen, da sie schlimme Verletzungen davongetragen hatten. Du hingegen bist vorher aus dem Auto geschleudert worden und hast zum Glück, überlebt. Man hat dich nur leicht verletzt neben den Bäumen gefunden.
»Wieso sollte er derart die Kontrolle verlieren?«
»Es hieß, dass er einem Tier ausweichen wollte und daraufhin einfach die Kontrolle verloren hatte. Sie haben wohl einen Baum sehr ungünstig getroffen, sodass«, er schwieg einen kurzen Moment, »also ein Teil des Baums, ein dicker Ast irgendwie, ist durch das Auto gerammt und hat sie entsprechend schwer verletzt.«
Ich schaute ihn fragend an und er nickte.
»Ja, ich weiß, es klingt alles, wie sagt ihr Jugendlichen immer, abgefahren, genau, aber so ist es nun mal leider passiert.«
Es war nicht unbedingt die Antwort gewesen, die ich mir erhofft hatte, auch wenn ich nicht wusste, was ich von dem Gespräch erwartet hatte.
»Aber, wenn du meine persönliche Meinung hören möchtest«, er trank noch einen Schluck seines Kaffees und schaute in seine nun leere Tasse, »ich denke, dass es kein Unfall war, Enya. Dein Vater war wirklich einer der besten Autofahrer, die ich kannte und die Art, wie deine Mutter sich von mir verabschiedete, diesen Blick, werde ich niemals vergessen. Das passte alles einfach nicht zu ihnen.« Mit diesen Worten blickte er mich mit müden und traurigen Augen an.
»Man hat sie also umgebracht?«, versuchte ich möglichst ruhig zu fragen, was mir angesichts der aufsteigenden Unruhe in mir nur mäßig gelang.
»Dein Vater war ein sehr guter und gewissenhafter Fahrer. Aber das ist es nicht. Es war deine Mutter. Ihre Art, wie sie sich von mir verabschiedete und wie sie dich anschaute. Ich denke, nein, ich bin mir sicher, dass sie wusste, dass etwas Schlimmes bevorstand. Es mag blöd klingen und ich habe jahrelang nach Beweisen gesucht, aber, nach dem der Fall geschlossen wurde, und ich keine Beweise aufstellen konnte, musste ich nachgeben. Dennoch bin ich mir sicher, dass es kein Unfall war. Und dies macht mir nach wie vor zu schaffen.«
Wir unterhielten uns noch etwas weiter und ich ließ nach einiger Zeit das Thema erstmal Ruhen. Ich setzte ihn noch von der Party in Kenntnis, zu der ich kurz gehen wollte und worüber er sich freute, auch wenn er mich unbedingt noch einmal darüber aufklären musste, was passieren kann, wenn man zu viel Alkohol trinkt und die Kontrolle über sich verliert. Ich lächelte und ließ ihn reden, auch wenn es angesichts meines Alters überflüssig war, so wusste ich, war es ihm wichtig.
Kurze Zeit später saß ich wieder auf meiner Fensterbank und musste darüber nachdenken, was Stew über den Unfall und seiner Theorie gesagt hatte. Er bestätigte damit meine Ahnung und ich war gewillter denn je, den Tod meiner Eltern aufzuklären. Als ich auf die Uhr schaute, stellte ich fest, dass ich mich beeilen musste. Stewart hatte mir vorhin angeboten, mich und Alice zur Party zu bringen und nachher wieder abzuholen. Ich hatte Glück, dass ich Alice noch erwischte, da sie gerade mit dem Fahrrad losfahren wollte. Auch ihr kam der nette Shuttleservice sehr gelegen und so brachte uns Stewart etwas später auch schon zu den ‘Hills’, wo die Feier bereits in vollem Gange war.
Es hatte mir tatsächlich Spaß gemacht, besonders dank meiner neuen Freunde. Allerdings schafften es an diesem Abend drei andere Studenten uns noch stärker zum Lachen zu bringen, wie es sonst immer nur Ruben und Patrick taten. Sie hatten definitiv zu viel getrunken und erlaubten sich eine Peinlichkeit nach der anderen. Als allerdings einer von ihnen mit heruntergelassener Hose auf die Tanzfläche sprang, daraufhin natürlich sein Gleichgewicht verlor und hinfiel, hörte man nur noch ein einziges Gelächter. Als dieser junge Mann dann aber noch anfing zu tanzen, was aufgrund seiner heruntergelassenen Hose nicht sehr einfach war, hielten wir uns alle vor Lachen die Bäuche. Irgendwann hatte ein Freund von ihm wohl Nachsicht und schaffte ihn von der Tanzfläche. Da auch die ganze Zeit Fotos geschossen wurden, war ich mir sicher, dass er es spätestens in ein paar Tagen bitter bereuen würde.
In dieser Nacht ging ich gut gelaunt ins Bett, hatte dann aber
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