Engelsauge - Die Jagd beginnt (German Edition)
erstaunlicherweise nie ein Gesicht.
»Ja, wenn das nicht die kleine Enya ist. Schön, dich nach so langer Zeit mal wieder zu sehen. Hast dich ja lange nicht blicken lassen und hübsch bist du geworden«, sagte sie mit einem netten Augenzwinkern zu mir.
»Hallo, Cinthia. Es ist auch schön, dich wieder zu sehen. Wie geht’s deiner Katze?«, gab ich lächelnd zurück. Cinthia hat eine alte Katze, die ihr aber treu ergeben ist und mit Sicherheit auch mehr als sieben Katzenleben hat.
»Och, dem alten Kater geht’s blendend. Wird immer älter und hält tapfer durch.«
Stewart und ich gingen, wenn ich ihn für rund eine Woche besuchte, gerne ins Diner und wir bestellten auch immer das Gleiche. Burger, Pommes und Salat und dazu für jeden eine große Fanta. Mit der Zeit wurde daraus so etwas wie eine Tradition von uns beiden.
»Stew, du isst doch eh immer das Gleiche«, gab Cinthia lachend zurück, als er gerade seine Bestellung aufgeben wollte.
»Und wenn ich mich richtig erinnere, gibt’s das Ganze heute gleich zweimal. Schön, dass du wieder hier bist. Stewart konnte die letzte Woche über nichts anderes mehr reden«.
Ohne eine Antwort abzuwarten, ging sie mit einem strahlenden Lächeln zurück und gab unsere sowie drei weitere Bestellungen an die Küche weiter.
»Du isst tatsächlich jedes Mal das Gleiche?«, sagte ich mehr als Feststellung denn als Frage und Stewart bejahte dies daraufhin mit einem leicht verlegenen Lächeln.
»Und wie oft kommst du hierher?«
»Na ja, ich schätze so zweimal die Woche«, sein Lächeln verriet ihn, »okay, also wohl eher vier Mal die Woche.«
Ich hatte keine Ahnung gehabt, wie sehr Stewart mich vermisst haben musste, und dies an einem einfachen Essen festzustellen, mag für Außenstehende alles andere als logisch klingen, aber für mich war es das. Kurz bevor ich nach dem Tod meiner Eltern zu den Jonsens musste, ging ich mit ihm hierher und wir bestellten uns zum ersten Mal ‘unser Essen’. Trotz der schlimmen Lage, in der ich mich damals befand, konnte mich Stewart immer aufheitern und er wusste fast immer, was er wann und wie am besten zu mir sagen konnte. Und jedes Mal, wenn ich ihn zusammen mit Gregory besuchen durfte, denn dieser hatte mich nie allein hierher reisen lassen, genossen wir einige Tage nur zu zweit. Und dazu gehörte natürlich immer ein Abstecher in Danas Diner, wo wir uns Burger, Pommes, Salat und Fanta bestellt hatten. Es wurde einfach unser Ritual.
Da ich von meinem Platz aus fast das ganze Diner gut einsehen konnte, genoss ich es, die ganzen Menschen in Ruhe näher anzuschauen. Es saßen einige der ortsansässigen Farmer an den Tischen, ein paar Familien mit kleineren Kindern, die um ihre Stühle rannten, zwei junge Pärchen, eines davon schaute sich verliebt an, während das andere sich gerade etwas zu streiten schien, sowie drei ältere Herren, die an der Theke auf den Barhockern saßen und ihr Bier tranken. Die Stimmen im Raum vermischten sich mit der leisen Hintergrundmusik und ein angenehmer Essensgeruch lag in der Luft. Meine Narbe an der Hand fing wieder zu schmerzen an und lenkte mich von einer weiblichen, schlanken Bedienung, der ich gerade zuschauen wollte, wie sie vier Teller auf einmal zu den Tischen balancierte, ab. Kurz darauf kam auch schon unser Essen, und während wir uns wie zwei ausgehungerte Wölfe darauf stürzten, betraten drei weitere Personen das Diner, die, im Gegensatz zu den anderen Leuten vorher, plötzlich mein ganzes Interesse weckten.
Es waren zwei junge Männer und eine junge Frau. Den ersten Mann schätzte ich etwas älter ein als mich. Er hatte kurzes schwarzes Haar und eine etwas schlaksige Figur. Die Frau an seiner Seite schien etwas älter zu sein. Sie hatte eine schöne weibliche Figur, wie ich fand, und kurze strubbelige braune Haare. Ihre ganze Art und ihr Auftreten wirkten auf eine nette Weise frech und freundlich zugleich. Und dann tauchte er hinter den beiden auf. Er ging etwas hinter ihnen und setzte sich am Tisch den beiden gegenüber, sodass wir direkten Blickkontakt hätten halten können, doch er schaute nur seine Begleiter an und unterhielt sich mit ihnen. Er war groß, breitschultrig und hatte dunkelblonde struppige Haare. Er trug eine dunkelblaue Jeans und ein kurzärmliges Shirt, was mich, in Anbetracht des herbstlich kühlen Wetters hier, doch etwas erstaunte. Seine Arme waren durchtrainiert und seine Brust hob sich leicht bei jedem Atemzug. Schnell versuchte ich meinen Blick von ihm zu
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