Engelsauge - Die Jagd beginnt (German Edition)
lösen, doch ich blieb an seinem Gesicht hängen, das mich magisch anzog. Plötzlich merkte ich, wie er meinen Blick mit unberührter steifer Miene erwiderte und wie ein scheues Reh schaute ich schnell weg. Ich merkte, wie mir eine leichte Röte ins Gesicht stieg und mein Herz immer schneller schlug. Ich versuchte meine ganze Aufmerksamkeit dem Salatblatt auf meinem Teller zu widmen und langsam beruhigte sich mein Körper zum Glück wieder. Stewart hatte von alledem glücklicherweise nichts mit bekommen und selbst ich war über mich selbst überrascht. Denn bisher hatte mich noch nie ein anderer Junge derart und vor allem so schnell in Verlegenheit gebracht.
»Sag mal, Stew, wer sind eigentlich diese Leute dort drüben? An die kann ich mich gar nicht mehr erinnern.« Mit einem leichten Nicken deutete ich zu dem Tisch der Drei hinüber.
»Die drei dort drüben meinst du? Ach, das sind die Cartwrights.« Er nahm einen kurzen Schluck Fanta. »Arthur Cartwright ist der Arzt hier im kleinen Krankenhaus. Ein sehr netter Mann. Er kam vor einigen Jahren mit seiner Frau Francis und seinen drei Kindern, übrigens alle adoptiert, obwohl sie sich doch irgendwie ähneln, hierher. Cyril, Annabelle und Jadon. Cyril erinnert mich immer an eine verhungerte Bohne, die man füttern möchte. Der Arme scheint einfach nicht zuzulegen. Aber nette Leute sind das, denn sie machen keinen Ärger und sind immer freundlich. Zumindest mir gegenüber, kann ja auch nur für mich sprechen«, beendete er seinen Satz und stopfte sich weitere Pommes in seinen Mund. Also hieß der andere Mann Jadon Cartwright, stellte ich fest. Nachdem wir fertig gegessen und ich Cinthia geschworen hatte, in den nächsten Tagen auf jeden Fall wieder zu kommen, standen wir auf und verließen das Diner. Während wir zur Tür gingen, schien Jadons Blick auf mir zu kleben, aber sein Blick war kühl und seine Miene verzog sich auch dann nicht, als ich ihm ein kleines vorsichtiges Lächeln zukommen ließ. An der Tür drehte ich mich dann noch einmal vorsichtig und möglichst unauffällig um und schaute zu ihm, aber er hatte sich bereits wieder von mir abgewandt und redete mit seinen Geschwistern.
Zwei Tage später begann endlich die neue Woche und ich konnte ab sofort wieder zur Universität gehen. Den gestrigen Tag hatte ich fast ausschließlich in meinem Zimmer verbracht, da es draußen geregnet hatte. Der prasselnde Regen wirkte so beruhigend auf mich, dass ich es mir auf meiner breiten Fensterbank, mit Hilfe eines dicken Kissens und einer Decke, dort gemütlich gemacht hatte. Der Platz war wirklich perfekt. In Arizona hatte es kaum geregnet. Stattdessen war es dort für meine Verhältnisse meistens viel zu heiß. Somit war der gestrige verregnete Tag eine willkommene Abwechslung für mich gewesen.
Ich freute mich auf die neue Universität und war gespannt, wie gut ich hier klarkommen würde. Auch hoffte ich auf neue Bekanntschaften, aus denen sich vielleicht sogar eine Freundschaft entwickeln könnte und natürlich wollte ich endlich mehr über die weiteren Umstände des Unfalles meiner Eltern herausbekommen.
Stewart hatte mir gestern als Begrüßungsgeschenk einen alten, dunkelroten Pick-up geschenkt, mit dem ich nun immer zur Uni fahren konnte. Ich war wirklich wahnsinnig stolz, denn es war mein erstes eigenes Auto und daher behandelte ich es seit der ersten Sekunde an wie etwas ganz Besonderes.
Als ich bei der Universität ankam, war bereits überall auf dem Campus reges Treiben und auf dem Parkplatz trudelten immer mehr Studenten und Dozenten ein. Einige trafen sich an ihren Autos und unterhielten sich noch, während bereits andere in das Gebäude gingen. Nachdem ich einen Parkplatz gefunden hatte und ausgestiegen war, betrachtete ich voller Vorfreude das alte Gebäude, in dem die noch junge Universität sich erst vor einigen Jahren einnistete. Ich hatte bereits auf der Homepage vieles lesen und mir Bilder ansehen können und auch Stewart hatte mir etliche Bilder vorab per E-Mail nach Arizona rübergeschickt. Aber in natura fand ich sie einfach umwerfender und schöner. Sie war kleiner als meine vorherige Universität, aber genau das gefiel mir so an ihr. Die nächst größere Universität wäre einige Autostunden entfernt gewesen, in der Nähe Londons.
Als ich mir dieses Gebäude hier nun ansah, konnte ich mein Glück kaum fassen. Das Gebäude stammte noch aus dem achtzehnten Jahrhundert, aber trotz Renovierungsmaßnahmen achtete man immer darauf, dass es
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