Engelsauge - Die Jagd beginnt (German Edition)
den großen Fenstern hinaus. Es war nur ein Traum - so real und doch nicht mehr wahr.
Die Sonne war fast untergegangen und die Dunkelheit hüllte alles immer stärker ein. Die Tür war nur angelehnt und ich sah etwas Licht durch die Ritzen strahlen. Ich hatte den gesamten restlichen Tag verschlafen, aber es war mir egal. Einfach nur egal!
Ich stand auf und ging die Treppe hinunter. Ich wusste nicht, ob jemand im Haus war und wenn, wo sie waren, aber auch das war mir egal. Ich wollte ... ja, wohin eigentlich. Ich wusste es nicht. Ich hatte das Gefühl, diesen Drang, weg zu wollen. Jetzt fühlte ich mich allein, denn ich hatte keine Ahnung, wohin mit mir. Ich hörte leise Stimmen aus dem Wohnzimmer. Die Tür war angelehnt, ich öffnete sie und trat ein. Kurz darauf verstummten die Stimmen nacheinander und wortlos setzte ich mich zu den anderen aufs Sofa.
»Enya, Liebes, möchtest du etwas trinken?« Francis wirkte wie die anderen mir gegenüber hilflos. Sie alle hatten viele Verluste erleiden müssen und kannten den Schmerz.
Ich schüttelte den Kopf, auch auf die Frage, ob ich etwas essen möchte. Jadon saß neben mir und legte seinen Arm fest um meine Taille. Es war ein schönes Gefühl, denn dadurch hatte ich nicht dieses Verloren-Sein-Gefühl. Zumindest jetzt fiel ich nicht wieder in dieses tiefe schwarze Loch, in das ich kurz zuvor noch gefallen war.
Jeder fragte mich irgendetwas, aber ich konnte einfach nicht antworten. Ich wollte etwas sagen, doch ich wusste nicht was und ich bekam meinen Mund einfach nicht auf. Selbst Sealtiel konnte jetzt keine meiner Gedanken lesen, was sicherlich daran lag, dass ich keine Gedanken in meinem Kopf hatte. Es fühlte sich an, als wenn mein Kopf die Pausetaste gedrückt hätte.
»Enya, du musst schon mit uns reden. Wie können wir dir sonst helfen?«, versuchte nun Jeremiel erneut zu mir durchzudringen, aber es half nichts. Ich blieb einfach stumm sitzen.
»Gut, sie hat nichts zu sagen, aber sie wird uns sicherlich hören. Enya, wir haben beschlossen, aufgrund der neuen tragischen Ereignisse, wirst du nicht mit den Cutchern gehen, sondern hier bleiben.« Arthur wartete auf eine Regung in meinem Gesicht, hoffnungslos, ehe er fortfuhr.
»Wir teilen uns in Gruppen auf und werden nach den Bowlern und den Mantikoren suchen. In dieser Zeit wird dich Sealtiel lehren, deine Fähigkeiten zu intensivieren, damit du stark genug bist, dich im schlimmsten Fall verteidigen zu können.«
Jetzt schaute ich hoch und sah Sealtiel an. Dieser nickte mir zu. Danach schaute ich Arthur an und nickte ebenfalls. Er war sichtlich erleichtert, einen Lebenshauch von mir zu bekommen. Die anderen einigten sich darauf, wer wohin gehen sollte. Danach war das Gespräch beendet und Jadon ging mit mir wieder in sein Zimmer hinauf. Wir legten uns zusammen hin und ich kuschelte mich in seine Arme. Doch einschlafen konnte und wollte ich jetzt auch nicht. Langsam schien sich der Nebel in meinem Kopf zu lichten und meine Gedanken drangen langsam wieder zu mir durch.
»Ich habe dich jetzt die ganze Zeit in Ruhe gelassen, aber jetzt muss ich wissen, wie es dir geht, Enya?«
»Wie soll es mir schon gehen. Meinetwegen sterben Menschen und meinetwegen sind Alice und Ruben tot und Stew wird vermisst. Ich weiß nicht, wie ich mich fühle. Wie fühlt man sich nach alledem? Du müsstest es doch wissen.«
Mehr musste ich nicht sagen, denn die Traurigkeit übermannte mich wieder. Jadon nahm mich noch fester in seine Arme und ich vergrub mein Gesicht in seiner Brust. Leise schluchzte ich und erst jetzt ließ ich meinen Tränen weiteren Lauf. Sein Atem ging langsam und gleichmäßig, und während ich ihm lauschte, schlief ich erneut ein!
15
Die Jagd beginnt
Als ich wieder aufwachte, war die Sonne längst aufgegangen und ein sanftes Licht drang ins Zimmer. Jadon lag nicht mehr neben mir, was mich nicht wunderte. Für ihn konnte eine Nacht ohne Schlaf äußerst lange sein. Und außerdem hatte er auch noch anderes im Sinn, als nur bei mir zu sein, aber das fand ich nicht schlimm.
Unten traf ich Arthur, Francis und Cyril im Flur an.
»Gut geschlafen, Enya?« Cyril versuchte mich mit seiner lockeren Art vom gestrigen Geschehen abzulenken und ich wusste seine Bemühungen durchaus zu schätzen. Ich lächelte ihm zu und nickte.
»Danke, der Schlaf tat sehr gut. Wo sind die anderen?«
»Annabelle und Jadon sind mit Clayton unterwegs. Sie müssten aber gleich wieder kommen. Dann wollen wir richtig starten.«
Ich schaute
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