Engelsauge-Nacht des Todes (German Edition)
Geduld
wirklich angebracht.
Mit einem zufriedenen Lächeln schlug er erneut auf
Enyas Rücken ein, drehte sich um und verließ, ohne sie
eines weiteren Blickes zu würdigen, den kalten dunklen
Raum.
Enya krümmte sich auf dem feuchten Fußboden. Er
hatte heute lange und oft auf sie eingeschlagen. Immer
wieder hatten seine starken Fäuste ihren Rücken
aufgesucht und mit jedem Schlag platzen die Wunden
mehr auf. Auf der einen Seite fühlte sich ihr Rücken wie
gelähmt an, doch seine Schläge und die damit
verbunden Schmerzen konnte sie dennoch nicht
ausblenden.
Am Anfang hielt sie die Schläge sogar noch gut aus,
doch noch geschätzten zwei Stunden wurden die
Schmerzen einfach immer unerträglicher.
Enya konnte kaum noch aufstehen und krabbelte mehr
als das sie ging auf die alte Matratze, welche an der
Wand lag, zu. Erschöpft legte sie sich halb auf die linke
Seite, halb auf den Bauch, zog Beine und Arme wie ein
Fötus an sich. Ihre schulterlangen Haare klebten feucht
und dreckig an ihrem Kopf.
Es war nur noch ein leichtes Wimmern zu hören,
während die Tränen ihr schmutziges Gesicht hinunter
rannten und kleine fast saubere Linien darauf
hinterließen.
Sealtiel erschrak und rieb sich seine Hände. Clayton
schaute ihn kurz verwundert, dann aber neugierig an.
Manchmal kann sich ein Engel in eine Art Selbsthypnose
versetzen. Dies geschieht allerdings nur äußerst selten,
da es nicht immer von Erfolg gekrönt ist, aber vor allem,
weil es nur sehr selten so gravierende Gründe gibt,
dieses Verfahren umzusetzen. Denn Engel, das muss
man wissen, überlegen sich genau, wann welche
Handlung angebracht ist.
Doch in diesem Fall war es das zum Glück. Sealtiel hatte
sehr lange gebraucht, aber es für eine kurze Zeit
geschafft, sich in Enya hineinzuversetzen.
Er räusperte sich kurz, hielt die Hand auf seine Brust
gedrückt, ehe er an Clayton gewandt seinen Bericht in
der Reihenfolge ablieferte, wie er sie empfangen hatte.
„Rote Augen, blutige Flecken, schmerzen. Sie ist an
einem einsamen, kahlen und dunklen Ort, ich habe
keine Geräusche vernommen. Es geht ihr sehr schlecht,
Clayton.“ Er betonte die letzten Worte mit einem
Schmerz in der Stimme, was sogar Clayton berührte.
„Ich danke dir für die erfolgreiche Durchführung der
Selbsthypnose, lieber Sealtiel, und die Schmerzen die du
dadurch erfahren musstest, waren sicherlich schlimm,
dennoch haben wir jetzt einen ersten kleinen
Anhaltspunkt.“
Sealtiel nickte und versuchte, seine Gefühle zu
verbergen. Enya war ihm längst ans Herz gewachsen
und er fühlte sich schlecht, weil er sie nicht hatte
beschützen können. Er hatte sich die letzten Tage oft
gefragt, ob er sie auch wirklich gut vorbereitet hatte.
Clayton unterbrach seine weiteren Gedanken.
„Es ist natürlich klar, dass wir niemandem etwas davon
sagen werden“, sagte Clayton mit fester Stimme in die
Runde. Die übrigen anwesenden Engel waren die ganze
Zeit wie stille Säulen in dem hellen Raum gewesen und
bejahten die Aussage ihres obersten Engels mit einem
„Selbstverständlich“ und auch Sealtiel musste dies
versprechen.
Niemand, außer die Engel selber, wussten von dieser
Gabe und so sollte es natürlich auch weiterhin bleiben.
Von Vampiren hielten sie verständlicherweise überhaupt
nichts und die Slinner waren in der Vergangenheit
manchmal zwar durchaus hilfreich gewesen und sie
duldeten sie, was anderes blieb ihnen ja auch nicht
übrig, aber sie in alle ihre Engelsfähigkeiten einzuweihen
oder in ihre Ergebnisse, kam nicht in Frage.
Jadon sprang von einem Baum zum nächsten. Er rannte
mit Absicht gegen die dicken Baumstämme und ließ sich
von dem Aufprall zurück auf den Boden werfen.
Cyril hatte sich seine Verzweiflung lange genug
angeschaut und als Jadon wieder rücklings in Laub und
Erde lag, seine dunkelblonden Haare noch zerwühlter als
sonst, setzte er sich neben ihn und schaute seinen
Bruder an.
Er tat ihm leid und er konnte nur erahnen, welchen
Schmerz er wegen Enya haben musste, aber Mitleid war
an dieser Stelle nicht angebracht, wie er fand.
Jadons Augen hatten sich längst in eine einzige
schwarze Pupille verwandelt, nur sein bernsteinfarbener
Ring um die Pupille machte aus seinem Gesicht nicht
den Tod persönlich.
Die Brüder schauten sich an und horchten gleichzeitig
auf. Cyril schaute seinen Bruder kurz an und verstand,
ohne ein weiteres Wort oder eine weitere Geste, dass es
jetzt soweit war.
Mit einem Satz hockten die Beiden nebeneinander und
sprangen in nur einer weiteren
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