Engelsauge-Nacht des Todes (German Edition)
schaute er sie an, doch so sehr er auch
nachdachte, er konnte nichts Schlimmes daran finden,
es ihr jetzt zu sagen. Es würde eh keinen Unterschied
mehr machen.
„Na gut, wieso nicht“, sagte er, setzte sich wieder auf
seinen Klappstuhl, faltete seine Hände ineinander und
begann, sehr zu Enyas Freude, zu erzählen.
„Stewart befindet sich in der Erde. Ein schon älteres
ausgegrabenes tiefes Loch. Es ist mit einem schweren
größeren Eisendeckel geschlossen. Man bräuchte diesen
ja nur zur Seite zu schieben, wenn man stark genug
ist“, er lächelte kurz, „das Loch ist aber sehr tief, so
einfach und ohne Seil würdest du ihn da nicht heraus
bekommen.“
Er hörte einfach auf zu sprechen und sah seine Hände
weiter an.
„Und weiter? Was ist mit Patrick?“
„Ja, diesem geht’s eigentlich ganz genau so. Nur ist er
nicht direkt neben Stewart, das wäre ja auch langweilig.
Sie befinden sich ziemlich weit auseinander.“
Jetzt schaute er hoch und Enya wieder genau in die
Augen.
„Und abgesehen davon, dass sie ihren Vorrat an Essen
bald aufgebraucht haben müssten, dürften sie auch bald
ertrinken. Unter der Erde, schon ironisch findest du
nicht?“
Kenneth lachte heiser auf. Ihm gefiel dieses Spiel.
„Was soll der Mist? Wo sind sie und warum könnten sie
ertrinken?“
Enya konnte sich kaum noch beherrschen, doch sie
hatte noch immer nicht alle Informationen.
„Entweder sie verhungern oder sie ertrinken. Zumindest
haben sie Beide dann gleich schon ihr Grab.“
„Wo sind sie?“ Enyas Stimme klang jetzt hart und fest.
„Einer ist in Schottland, der Andere in Irland.“
„Und wo genau da?“
„Tja, so genau weiß ich das gerade nicht mehr. Ich
denke, jetzt solltest du mir erstmal das geben, was ich
verlangt habe. Möglicherweise fällt es mir dann auch
wieder ein.“
Enya konnte sich kaum noch zurück halten. Sie stand
mit zitternden Knien auf und Kenneth sprang sofort von
seinem Stuhl.
„In Ordnung. Ich habe es ja versprochen. Dazu benötige
ich bitte den anderen Krug.“ Sie deutete mit ihrem Kopf
nach links, und Kenneth, innerlich seinem Ziel schon
ganz nah, trat hin und hob ihn auf.
Er hatte ihn ihr noch nicht ganz gegeben, da ging alles
ganz schnell.
Enya selber wusste kaum, wie sie es gemacht hatte,
doch als sie Kenneth anschaute, hatte es tatsächlich
geklappt. Das Wasser hatte sich wie ein Luftballon um
seinen Kopf gelegt und das Wasser drückte ihm auf
Nase und Mund.
Nie hatte Enya vergessen, dass Vampire das Wasser
scheuen und unter Wasser keine Fähigkeiten besitzen.
Ohne weiter nachzudenken, humpelte sie zur Tür, zog
diese mit aller Kraft hinter sich zu und rannte durch den
kleinen kurzen Gang. Sie folgte den Treppen, hielt sich
dabei an einem Metallgeländer fest, da sie angst hatte,
ihre Beine würden nachgeben. Plötzlich stieß sie vor sich
eine Tür auf und stolperte hinaus auf den Waldboden.
Das Licht blendete sie und sie musste ihre Augen
zukneifen. Sie rieb immer wieder an ihren Augen,
versuchte sich mit den Händen etwas Schutz zu geben.
Langsam gewöhnte sie sich wieder an helles Tageslicht
und dann rannte sie los. Sie wusste nicht, wie lange die
Wasserblase halten würde und sie hatte keine Ahnung,
wohin sie überhaupt rennen musste. Doch das war ihr
alles egal. Während sie rannte, versuchte sie immer
wieder, ihre Flügel heraus zu holen, doch es klappte
nicht.
Nach einer ganzen Weile blieb sie kurz an einem Baum
gelehnt stehen, schnaufte und schnappte nach Luft. Ihre
Lungen brannten, ihre Beine waren mittlerweile so
wackelig, dass sie sich kaum noch halten konnte und die
Schmerzen am Rücken brachten sie fast um den
Verstand.
Sie verfluchte kurz Alles um sich herum, besonders
deshalb, weil sie ihre Flügel nicht nutzen konnte.
Dann rannte sie wieder weiter, einen endlosen langen
Weg, vorbei an Bäumen und Gestrüpp. Sie konnte leises
Plätschern hören, doch als sie gerade nach links drehen
und in Richtung Wasser laufen wollte, erblickte sie
rechts von sich eine Steigung. Sofort drehte sie nach
rechts und rannte den Hügel hinauf. Doch der Hügel war
steiler und länger als sie anfangs gedacht hatte. Immer
wieder fiel sie hin und nach jedem Mal wurde sie
langsamer und schwächer. Ihr Blick ging zu den
Bäumen, die ganz oben standen, Licht drang durch ihre
Äste.
Plötzlich vernahm sie irgendwo hinter sich ein
Schnaufen wahr. Enya konnte es zuerst nicht einordnen,
doch dann hatte sie eine schreckliche Ahnung und ihr eh
schon blasses Gesicht wurde noch fahler.
„Oh mein Gott“,
Weitere Kostenlose Bücher