Engelsblut
Terrassentür eingebrochen sind. Das wissen wir, Sie können sich also jegliches Leugnen sparen. Ich habe gerade mit den Kollegen telefoniert. Während wir hier plaudern, sind die schon wieder bei Ihnen zu Hause. Diesmal nehmen sie die Schuhe mit. Und wir werden das Paar finden, mit dem Sie durch das trockene Blut der Aaners gestapft sind.«
Margot kam mit einer Literflasche Cola und drei Gläsern wieder. Sie verteilte Gläser und das Getränk.
»Ja. Ich bin bei Paul eingebrochen.«
»Warum?«
Keine Antwort.
Horndeich seufzte. »Also rede wieder ich: Sie sind da rein, um Aaners Laptop zu holen. Warum? Weil dort Mails oder irgendwelche Dateien waren, die den Leihmutterdeal zwischen Ihnen belegt haben.«
Wieder schwieg Schaller.
Horndeichs flache Hand donnerte auf den Tisch. »Schaller, ich habe genug. Es reicht. Mit Ihrer Salamitaktik kommen Sie jetzt nicht mehr weiter. Meinen Sie nicht, es wäre jetzt an der Zeit, endlich reinen Tisch zu machen? Richter freuen sich immer über Geständnisse. Und ich will nach Hause zu meiner Frau. Sie haben jetzt also zwei Möglichkeiten: Entweder Sie reden jetzt. Und hier. Ohne irgendwelche Schnörkel. Oder Sie kriegen eine Nacht freie Kost und Logis. Mir ist es wurscht.«
Horndeich sagte nichts, sah Schaller nur an.
»Oder sollen wir Ihnen einen Anwalt rufen, mit dem Sie sich dann beraten können? Mir auch recht. Aber jetzt endlich Butter bei die Fisch.«
»Paul kam auf mich zu wegen der ersten Schwangerschaftsbescheinigung. Das habe ich Ihnen ja schon erzählt. Im März kam er wieder zu mir. Das habe ich Ihnen noch nicht gesagt.«
»Richtig. Also, was wollte er da von Ihnen?«
»Sie haben es richtig vermutet. Er fragte mich, ob man nicht auch hier in der Umgebung eine zuverlässige Leihmutter finden könne. Denn die Frau in der Ukraine, die habe mitten in der Schwangerschaft beschlossen, das Kind nicht herzugeben. Es war ein Riesentanz – aber man hatte sich geeinigt. ›Schließlich kann ich schlecht mein Kind aus der Ukraine entführen. Dann habe ich vielleicht noch die Russenmafia am Hals.‹ Das hat er gesagt.«
Horndeich freute sich immer, wenn man Russland nicht von der Ukraine oder Weißrussland unterschied. Schweiz, Österreich und Deutschland – war doch auch alles eins, oder?
»Und – ist Ihnen gleich eine mögliche Kandidatin eingefallen?«
»Nein, am Anfang hat er mich auch nicht direkt gefragt, ob ich jemanden wüsste. Er wollte nur wissen, ob es nicht vielleicht Kliniken gäbe, die das machen würden. Gegen eine anständige Stange Geld. Er wollte wohl auf Nummer sicher gehen.«
»Und dann haben Sie ihm Ihre Dienste angeboten?«
»Nein. Er hat mich gefragt. Er wusste ja, dass ich im Bereich der künstlichen Befruchtung viel Erfahrung hatte. Er sagte, wenn sich das irgendwie organisieren ließe, würde Geld keine Rolle spielen.«
»Und das war für Sie natürlich interessant. Finanziell.«
Schaller schnaufte. »Ja. Das war interessant. Das hieß, alle Schulden weg, die Altersversorgung nicht mit fünfundsechzig aufgebraucht. Noch ein wenig arbeiten, aber sich keine Gedanken mehr darüber machen zu müssen, ob man nun genug Patientinnen hat oder nicht. Ja, es war sehr verlockend.«
»Nun, es ist in Deutschland verboten.«
»Ja, das weiß ich. Aber ich hatte die Möglichkeit, das Geld zu verdienen, ohne ein wirkliches Verbrechen zu begehen. Ich würde keine Bank ausrauben, ich würde niemanden töten, ich würde nicht mal ein Päckchen Waschmittel stehlen. Ich würde einem Ehepaar zu Nachwuchs verhelfen. Ich würde einer gesunden Frau zu gut verdientem Geld verhelfen. Was ist daran bitte schlecht? Andere Länder machen auch nicht so ein Geschiss um die Leihmutterschaft. Und sehen Sie doch nur in den USA. Sind das Asoziale? Monster?«
Horndeich wollte jetzt keine Diskussion über das Thema ausfechten, auch wenn er grundsätzlich anderer Meinung war. Denn das tat hier und jetzt nichts zur Sache. »Wann haben Sie Susanne Warka angesprochen?«
»Gleich im April. Als sie wieder mal mit blauen Flecken am Unterarm zu mir kam. Prügel von ihrem Freund. Weil er mal wieder einen Eifersuchtsanfall gehabt hatte. Ich sagte ihr, ich hätte eine Möglichkeit, dass sie richtig viel Geld verdienen könnte. Ohne dabei etwas zu tun, womit man sie strafrechtlich belangen könnte. Das Geld würde ihr für einen echten Neuanfang reichen. Eine Woche später kam sie zu mir. Ich schlug ihr vor, für die Aaners ein Kind auszutragen. Und es sei für sie nicht gefährlich.
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