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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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»Wir melden uns bei Ihnen.« Sie gab der Frau ihre Visitenkarte.
    Als sie hörten, dass die Tür zum Treppenhaus ins Schloss fiel, fragte Horndeich: »Was ist denn los?«
    »Nimm deine Jacke und ruf Sandra an, dass es später wird. Reinhard Zumbill ist der Lokführer, der gestern die Frau überfahren hat. Die hat sich vor seinen Zug geworfen.«
    »Zumbill/Warka«, stand auf der Klingel, die Horndeich nun betätigte.
    »Keine Gegensprechanlage«, stellte Margot fest.
    Horndeich drückte nochmals auf den Klingelknopf. Der Türsummer schwieg. »Keiner da«, meinte Horndeich.
    Margot drückte nun ihrerseits auf die Klingel.
    »Na gut, dann morgen«, murmelte sie Sekunden später. Die beiden Beamten drehten sich gerade um, als der Türsummer doch noch ging. Margot drückte gegen die Haustür.
    Sie betraten das Haus. Ein typischer Fünfzigerjahreblock. Niedrige Decken, insgesamt vier Stockwerke. Im Rahmen der Wohnungstür stand eine drahtige, dunkelhaarige Dame um die sechzig, die unter der Küchenschürze mit Snoopy-Aufdruck Jeans und eine orangefarbene Bluse mit Rüschen trug. »Ja?«, fragte sie. Die Stimme war nicht wirklich freundlich, sodass der Kochlöffel in der Hand auch als Waffe durchgegangen wäre. Noch bevor Margot oder Horndeich antworten konnten, schob sich ein kleines Mädchen in blauem Kleid mit dunkler Hautfarbe und schwarzer Afrofrisur neben die Beine der Dame.
    »Oma, wer sind die?«, fragte sie und zeigte mit dem Finger der rechten Hand auf die beiden Polizisten.
    »Man zeigt nicht mit dem Finger auf Leute«, sagte die Oma barsch. Das Mädchen ließ die Hand sinken.
    Die beiden Beamten hatten inzwischen die Stufen zur Wohnungstür im Hochparterre erklommen und standen nun direkt vor der Dame.
    »Was wollen Sie?«, fragte nun auch sie.
    Margot zückte den Ausweis. War immer noch ungewohnt, der neue Ausweis im Scheckkartenformat, den sie seit November mit sich trugen. »Kommissare Margot Hesgart und Steffen Horndeich. Wir möchten gern mit Herrn Zumbill sprechen.«
    »Was wollen Sie von meinem Sohn?«
    Okay, damit waren die Familienverhältnisse zumindest im Groben geklärt, dachte Horndeich.
    »Können wir ihn bitte sprechen?«, fragte Margot und verlieh ihrer Stimme deutlich mehr Bestimmtheit.
    »Ihm geht es nicht gut. Sie wissen ja, was gestern passiert ist.«
    »Ja. Und genau deshalb müssen wir mit ihm reden.«
    »Wer ist da, Mama?«, hörten sie nun die Stimme von Zumbill irgendwo aus der Wohnung.
    »Polizei«, rief sie.
    »Sie sind die Polizei?«, fragte das kleine Mädchen.
    »Klar«, sagte Horndeich und lächelte es an.
    »Haben Sie eine Pistole?«
    »Sophie, geh wieder rein«, befahl Frau Zumbill.
    Das Mädchen gehorchte und verschwand. Margot fragte sich, woher sie die Frau kannte. Sie war sich sicher, das Gesicht schon ein paarmal gesehen zu haben. Aber ihr fiel nicht ein, wo.
    Zumbill tauchte im Flur auf. »Ah, die Kommissarin von gestern.« Der Mann trug eine graue Jogginghose und ein Feinripp-Unterhemd, das sich aus Solidarität farblich der Hose angepasst hatte. Sein Gesicht, die Augen und die Stimme verrieten, dass er seit der vergangenen Nacht nicht nur Wasser getrunken hatte. Klarstes Indiz dafür war jedoch die Tequilaflasche, die er in der Hand hielt.
    »Reinhard, doch nicht vor der Kleinen!«, tadelte ihn die Mama.
    Zumbill machte mit der freien Hand eine wegwerfende Handbewegung. »Kommen Sie rein.«
    Die Frau in der Küchenschürze trat zur Seite. »Gehen wir ins Wohnzimmer«, sagte Reinhard Zumbill und geleitete die Polizisten durch den kurzen, schmalen Flur.
    Im Wohnzimmer nahm ein großer Wohnzimmerschrank eine ganze Wand ein und erdrückte den Raum. Ein abgewetztes Sofa und zwei Sessel, die schon längst den Ruhestand verdient hätten, standen um einen Glastisch. Darauf ein übervoller Aschenbecher. Die neueste Anschaffung im Raum war offensichtlich der Flachbildfernseher. Auf dem Bildschirm schlug gerade eine Frau mit einem Pantoffel auf einen Herrn ein, der mit heruntergelassener Hose versicherte, dass alles ganz anders sei, als es aussehe.
    Mit einer Handbewegung bedeutete Zumbill den Beamten, sich zu setzen. Dann schaltete er das Fernsehgerät aus.
    »He, Reinhard, ich hab das gerade geguckt!«, protestierte die Kleine.
    »Geh, hilf Oma in der Küche!«, raunzte der Angesprochene. Seine Mutter war nicht mit ins Wohnzimmer gegangen.
    Die Dame mit Snoopy war die Oma, Reinhard ihr Sohn, aber offensichtlich nicht der Vater der kleinen Schwarzen. In Gedanken zeichnete

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