Engelsblut
Handynummer zum ersten Mal gesehen habe, war mir klar, dass es Schicksal war, dass wir uns getroffen hatten. Ihre Nummer war fast die gleiche wie meine eigene. Nur, die letzte Ziffer war nicht 6, sondern 8.«
Damit war Horndeich einiges klar. Susanne Warka hatte nicht nur einen weiteren E-Mail-Account gehabt, sondern offensichtlich auch ein zweites Handy. Er griff zu seinem Handy, tippte die von Breklau genannte Nummer von Susanne Warka ein, und nach achtmaligem Erklingen des Freizeichens sprang die Mailbox an. Allerdings nur in der vom Provider vorinstallierten Version, in der eine elektronische Stimme – offensichtlich eine Schwester der Dame aus dem Navi – die Anschlussnummer herunterbetete und bat, eine Nachricht nach dem Signal zu hinterlassen.
»Herr Breklau, wo waren Sie vergangenen Sonntag zwischen siebzehn und dreiundzwanzig Uhr?«
Breklau schnaubte. »Das ist jetzt nicht wahr!«
»Was soll daran nicht wahr sein?«, fragte Horndeich, gespannt darauf, was nun folgen würde.
»Sonntag früh rief sie mich an. Sagte, sie wolle mich sehen. Am Montag. Ich hab sie noch gefragt, ob wir uns nicht vielleicht schon am Sonntag sehen können. Sie sagte, das sei nicht möglich, im Moment gehe alles drunter und drüber. Montag. 15 Uhr. Am Postamt. Ich sollte auf dem Parkplatz warten. Okay, hab ich mir gesagt, dann eben nicht am Sonntag. Ich hatte auch keine Topf-Präsentation irgendwo. Also habe ich mich aufs Sofa geknallt, meinen Biervorrat geleert, mir zwei Pizzen kommen lassen und mir bis in die Nacht DVDs reingezogen. Lethal Weapon . Alle vier Teile. War geil. Ist aber absolut nicht alibitauglich.« Breklaus Miene verfinsterte sich. »Das heißt, ich habe mir Mel Gibson reingezogen, während ihr Typ meine Susanne umgebracht hat?«
»Ihr Typ? Wie kommen Sie darauf?«
»So eifersüchtig, wie der war? Sie hat gesagt, dass sie wegen ihm schon mal im Krankenhaus war.«
»Was fahren Sie für ein Auto?«, frage Margot.
Horndeich verstand. In einem Smart konnte man kaum eine Leiche unbemerkt durch die Landschaft gondeln. Und schon gar nicht quer durch den Wald.
»Ich fahre einen Ford Flex. Darin ist genug Platz für Staubsauger und Topfsets. Einfach praktisch.«
Das Modell kannte Horndeich. Hatte mit Sandra auch schon mal darüber nachgedacht. Sandra hatte gesagt, dass der Wagen aussehe wie Margots Mini Clubman – nur in XXL. Und in einem Ford Flex wäre auch genug Platz, um eine tote Susanne Warka in einen Wald zu fahren und sie dort auf den Gleisen abzulegen.
»Herr Breklau, würden Sie uns eine Speichelprobe geben?«
»Wozu?« Breklau schien wirklich erstaunt.
»Dann können wir sicher ausschließen, dass Sie der Vater des Kindes von Susanne Warka sind.«
»Gern. Gebe ich Ihnen gern. Ich bin nicht der Vater. Aber das werden Sie mir wohl erst glauben, wenn Sie diese Probe abgeglichen haben. Sei’s drum. Nur wird Sie das ihrem Mörder nicht näher bringen.«
Margot antwortete nicht, sondern zauberte aus dem Nichts ein DNA-Kit.
Minuten später brachten die Beamten den Zeugen zum Ausgang. Ein Kollege in Uniform würde ihn zurück zur Tiefgarage unter dem Luisenplatz bringen, in der Breklaus Ford stand.
»Was meinst du?«, fragte Horndeich seine Kollegin.
»Er hat sie wirklich geliebt«, sagte diese.
Und Horndeich dachte darüber nach, aufgrund welcher ihm verborgen gebliebenen geheimen Zeichen sie das herausgefunden zu haben glaubte.
Horndeich packte gerade die leere Brotbox und die fast leere Keksbox in seine Tasche, als Zoschke im Türrahmen erschien.
»Na, noch etwas zum Abschluss des Tages?«, fragte Horndeich.
»Ja. Das ist ziemlich seltsam. Es gibt keinen Gynäkologen mit dem Namen Dr. Benedikt Kostner.«
»Das ist der Gynäkologe von Regine Aaner, oder?«
»Ja. Ich habe ewig rumtelefoniert, gemailt, gefaxt – der Mann existiert nicht in Deutschland. Auch die Arztnummer und die Betriebsstättennummer auf der Schwangerschaftsbescheinigung sind reine Phantasie. Die Arztnummer führt zu einem Psychotherapeuten in Nürnberg, die Betriebsstättennummer zu einer urologischen Gemeinschaftspraxis in Heilbronn. Ich habe auch herausgefunden, wo die Aaner versichert war. Privat. Aber die Kasse wusste nichts von einer Schwangerschaft.«
»Wieso sollte die Aaner sich eine ärztliche Bescheinigung basteln, die besagt, dass sie schwanger ist? Bescheuert.«
»Sie und ihren Mann können wir leider nicht mehr fragen. Aber morgen können wir noch mal mit Jasmin Selderath sprechen. Vielleicht weiß die mehr
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