Engelsblut
über eine Stunde zu spät.
Wegen Nick. Aber das würde sie Horndeich nicht erzählen. Und sonst auch niemandem.
Er hatte um sieben Uhr mit Brötchen vor ihrem Haus gestanden. »Frühstück?«
Sein Tag sei komplett verplant, hatte er gestern noch gesagt. Wie auch immer – es war ihr egal gewesen. Sie hatte den Tisch gedeckt, Frühstückseier zubereitet, endlich mal wieder Kaffee für mehr als eine Person gekocht.
Sie hatten nur geplaudert, brav den Sicherheitsabstand eingehalten. Aber Margot wusste, dass ihr Rainer gut daran tat, sich am kommenden Wochenende endlich mal wieder blicken zu lassen.
Horndeich hatte sie angerufen und gefragt, ob alles in Ordnung sei. Sie hatte gesagt, sie hätte verschlafen. Müsse noch unter die Dusche, käme dann gleich.
»Na, doch ein bisschen länger geduscht?«, fragte Horndeich süffisant, als sie das Büro betrat.
Margot antwortete nicht und setzte sich an ihren Schreibtisch.
Horndeich hakte nicht weiter nach, sondern rückte gleich mit den Neuigkeiten raus. »Wir haben die Fotos vom Bentley und auch die Fingerabdrücke.«
»Und?«
»Es sind die gleichen, die wir auch in der Wohnung gefunden haben. Am Türgriff, am Mobilteil des Telefons, am Tresor. Da hat sich jemand keine Mühe gegeben, Abdrücke zu vermeiden.«
»Weil er weiß, dass wir ihn nicht im System haben.«
»Richtig. Kein Treffer. Nada.«
»Haben die Kollegen noch andere Spuren gefunden?«
»Ja. Fasern im Polster des Wagens. Und ein gefärbtes Haar. Dunkelbraun. Blond gefärbt. Ist schon beim LKA. Bei den Haaren, die wir bei den Aaners im Wohnzimmer gefunden haben, war auch ein blond gefärbtes langes dabei. Wir kriegen nachher Bescheid.«
»Ein langes, blond gefärbtes Haar. Ist unser Täter eine Frau? Ein Raubüberfall mit Messer, Übertöten des männlichen Opfers – das soll die Handschrift einer Frau sein? Ich meine, um jemanden zu erstechen, da braucht man schon ganz schön Kraft. Und als Aaner auf dem Boden liegt, sticht sie noch mehrfach nach?«
»Keine Ahnung.«
Fenske klopfte am Türrahmen: »Treffer!«
Margot winkte ab: »Wissen wir schon.«
Fenske sah seine Kollegin fragend an. »Was wisst ihr schon?«
»Na, dass die Fingerabdrücke aus dem Bentley identisch sind mit denen aus der Wohnung.«
»Das meine ich doch gar nicht. Ich meine Treffer, was den Bruder angeht.«
»Alexander Aaner?«
»Ja. Seine Fingerabdrücke sind auf dem Sofatisch. Und an der Haustürklingel.«
»Sollen wir ihn festsetzen?«, fragte Margot ihren Kollegen.
»Warum? Ich meine, er hat den Bentley nicht gefahren und den Tresor nicht berührt.«
»Das stimmt schon. Dennoch: Wir haben einen Täter beziehungsweise eine Täterin, die ganz sicher keine Handschuhe getragen hat.«
»Ja und?«
»Warum ist dann nicht ihr Fingerabdruck auf der Klingel? Entweder hatte sie einen Schlüssel. Oder aber Alexander Aaner war nach ihr nochmals da.«
»Wahrscheinlich Letzteres. Ich rufe ihn gleich an.«
Fenske hob die Hand zum Gruß, dann gab er den Türrahmen frei.
Horndeich hatte sich gerade dem Telefon zugewandt, da klopfte es wieder an der Tür. Diesmal stand Hinrich höchstpersönlich im Türrahmen.
»Hallo, was verschafft uns denn die Ehre?«, fragte Margot. Hinrich liebte es, die Beamten zu sich nach Frankfurt zu zitieren, daher konnte sich Margot überhaupt keinen Reim darauf machen, dass er nun selbst hier in ihrem Büro erschien.
»Das Ergebnis meiner Nachtschicht.«
»Einen Kaffee?«, fragte Horndeich.
Nun fiel es auch Margot auf: Hinrich hatte Ringe unter den Augen. Hatte er tatsächlich eine Nacht durchgearbeitet?
»Ich habe mich gestern gleich noch darangemacht, den Vater von Susanne Warkas ungeborenem Kind festzustellen.«
»Prima. Wer isses?«, fragte Horndeich. »Ich tippe auf den Rosenkavalier.«
»Quatsch«, widersprach Margot. »Sie hat Zumbill nicht betrogen. Die mögen immer wieder Streit gehabt haben, aber sie hätte ihn nicht betrogen.«
Hinrich und Horndeich sahen sich an, und Margot hatte den Eindruck, die beiden seien sich das erste Mal im Leben spontan einig.
»Tztztz«, machte Hinrich, »Werte Chefermittlerin, nicht jeder ist von so edler Gesinnung.«
Margot errötete und fühlte sich ertappt. Wieder dachte sie an Nick, an das Frühstück.
»Also, wer ist jetzt der Vater? Reinhard Zumbill?«
Hinrich schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Ha!« Horndeich machte wieder einmal die Strike-Geste. »Also doch der kochende Staubsaugervertreter!«
Hinrichs schüttelte abermals den Kopf. »Ich
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