Engelsblut
über diese Scheinschwangerschaft«, schlug Margot vor.
»Genau. Morgen. Jetzt hab ich nämlich Feierabend«, sagte Horndeich.
»Noch was vor?«, fragte Margot. Sie wusste, dass sie selbst nichts mehr vorhatte an diesem Abend. Sie hatten die DNA-Probe von Breklau noch zur Gerichtsmedizin nach Frankfurt geschickt. Mit der Bitte, dass man den Vaterschaftstest für das Baby von Susanne Warka möglichst zügig angehen sollte. Was Hinrich sicher nicht gern hören würde.
»Nein. Abgesehen davon, meine Frau in den Arm zu nehmen. Stefanie wird sich im Leben sicher durchbeißen können, denn sie hat jetzt schon zwei Zähne, und das mit gerade mal zwei Monaten. Schnell, was? Und vor allem: laut! Nun, heute Nacht bin ich dran, außer wenn es ums Stillen geht. Freu mich schon.« Ein wenig Resignation in seiner Stimme war nicht zu überhören.
Margots Sohn Ben war nicht so schnell gewesen. Er hatte sich elf Monate Zeit gelassen, bis die ersten Zähne erschienen waren. Dann aber auch gleich sechs auf einmal. Wie lange das schon her war!, dachte Margot. Und wie kurz es sich anfühlte …
Horndeich griff gerade nach seiner Tasche, als Zoschke erneut auftauchte. »Das glaubt ihr nicht!«
Margot seufzte. Das glaubt ihr nicht war nur die Umschreibung für Jetzt geht ihr nicht . »Was glauben wir nicht?«
»Der Bentley ist aufgetaucht.«
Margot wollte gerade nachfragen, von welchem Bentley die Rede sei, als Horndeich meinte: »Der Bentley von den Aaners?«
»Jepp. Hellblauer Bentley Turbo R. Baujahr ’89. Und das Kennzeichen passt. Wer immer den gefahren hat – der hat nicht mal ein geklautes Kennzeichen drangeschraubt.«
»Und wo haben sie den Wagen gefunden? In Dieburg?«
»Nicht ganz.« Zoschke grinste, als ob er selbst den Wagen entdeckt hätte. »In Leer. Oben im wilden Ostfriesland. Die Spusi untersucht ihn gerade. Morgen erfahren wir mehr.«
Margot kannte das Städtchen, das rund fünfhundert Kilometer nördlich von Darmstadt lag. Sie hatte einmal einen Kurzurlaub dort verbracht. Und früher war sie öfter mit ihren Eltern in die Region gereist.
»Na, das ist ja schon mal was«, sagte Horndeich. Und sein Tonfall verriet, dass er sehr froh darüber war, dass man erst morgen mehr erfahren würde.
Zoschke verabschiedete sich, und Horndeich hatte gerade erneut nach seiner Tasche gegriffen, als Riemenschneider in den Raum trat. »Das glaubt ihr nicht!«, sagte der. Horndeich legte mit einem Anflug von Resignation seine Tasche wieder auf den Schreibtisch, behielt aber den Riemen noch in der Hand. »Was glauben wir nicht?«
»Was ich auf der Platte von Aaner gefunden habe. Lauter Russinnen.«
Jetzt war auch Margots Interesse erwacht. »Was für Russinnen?«
»Das weiß ich auch nicht. Aber lauter schöne Frauen und kyrillische Buchstaben. Keine Ahnung, was das bedeutet. Vielleicht kriegen wir morgen einen Übersetzer. Der Aaner hat sich nach einer Frau umgeschaut. Wohl so zum Poppen nebenher.«
Margot sah ihren Kollegen an. Horndeich seufzte und ließ nun auch den Riemen los. Denn er sprach Russisch. Vielleicht nicht mehr so gut wie zu der Zeit, als er mit Anna, einer Arzthelferin aus Moskau, zusammen gewesen war. Aber Riemenschneiders Aussage von »schönen Frauen und kyrillischen Buchstaben« würde er sicher vertiefen können. War Aaner wirklich auf der Suche nach einer russischen Gespielin gewesen? Oder auf der Suche nach einer Partnerin, die die besonderen Wünsche seiner Frau … – Margot gebot dem Gedankenkarussell Einhalt.
Horndeich erwiderte Margots Blick. »Na gut, ich schau mal schnell drauf.«
Gemeinsam gingen sie in Riemenschneiders Büro. Der Raum war sicher doppelt so groß wie das Büro von Margot und Horndeich. Dafür musste sich Riemenschneider den Platz mit sicher zehn Rechnern teilen.
»Hier, schauen Sie«, sagte Riemenschneider zu Horndeich, sichtlich beeindruckt davon, dass der nicht nur die Mädchen betrachten, sondern auch die Texte lesen konnte, die neben den Fotografien standen. »Es sind drei Dateien. Alle von der gleichen Art: Bilder von Frauen und daneben kurze Texte.«
»Und die waren auf der Platte gespeichert?«
»Nicht direkt. Er hatte die Datei abgespeichert und hat sie später gelöscht.«
»Und wieso können wir sie dann sehen?«
»Zauberei.«
Horndeich sah den Kollegen fragend an.
»Okay, ich versuche, es einfach zu erklären.«
Offenbar hatte der Mann seit dem Gespräch vom Vortag etwas gelernt.
»Wenn Sie eine Datei löschen, dann werden nicht alle Daten
Weitere Kostenlose Bücher