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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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stark mit dem Schwanz, dass der ganze Hund nicht mehr richtig stehen konnte. Margot ging in die Hocke, um den Hund zu streicheln. Sie nahm ihn auf den Arm. Che leckte ihre Hand, als ob es sich um eine Extraportion Erdbeereis handelte.
    »Komm doch rein.«
    Margot und Sandra waren jahrelang Kolleginnen gewesen. Und sie hatten sich hervorragend verstanden.
    Aber nun war Sandras Begrüßung eine Spur zu herzlich ausgefallen. »Was ist los?«, fragte Margot direkt, während sie nach wie vor den Hund kraulte. Sie hatte ihn seit Wochen nicht gesehen. Es berührte sie, dass der Hund so auf sie reagierte. Sie setzte ihn wieder auf dem Boden ab, aber er wich ihr nicht vom Bein.
    »Wollen wir uns nicht erst mal setzen?«
    Horndeich stand im Wohnzimmer neben dem für drei Personen gedeckten Tisch. Wie ein begossener Pudel.
    »Sandra, Horndeich – ich finde diese Einladung sehr, sehr nett. Aber sie ist nur die Staffage für eine unangenehme Nachricht. Können wir daher zuerst auf den Punkt kommen?«
    »Setzen wir uns«, sagte Sandra.
    Das Wohn-und Esszimmer bestand aus einem Raum. Im vorderen Teil stand der Esstisch, umrahmt von einer bayerisch anmutenden Sitzbank. Im hinteren Teil standen Sofa, Sessel und auch der Fernseher um einen niedrigen Couchtisch gruppiert.
    Horndeich und Margot nahmen auf dem Sofa Platz. Margot setzte sich auf den Sessel. »Also, was ist los?«
    Horndeich und Sandra sahen einander kurz in die Augen. Dieses Einvernehmen machte Margot neidisch, traurig und aggressiv zugleich.
    »Doro ist nicht in England.«
    Okay. Warum war sie nicht wirklich erstaunt darüber? »Wo ist sie dann? Und wieso weißt du davon und nicht ich?« Margot wusste, dass die zweite Frage nicht fair war. Aber sie konnte nicht anders, als sie zu stellen.
    Sandra schaltete ebenfalls auf kratzbürstig: »Weil ich mir den Arsch aufgerissen habe, um herauszukriegen, wo sie ist.«
    »Sorry. Ich wollte dich nicht angreifen.« Margot sah auf den Boden. Was ging diese Göre sie eigentlich an? Doro war Rainers Tochter. Sie war Rainers Problem. »Es läuft nicht so gut mit Doro und mir im Moment«, sagte sie. Und dachte: Es läuft nicht so gut mit mir und Rainer im Moment. Aber das würde sie in diesem Raum nicht aussprechen.
    Che wedelte mit dem Schwanz. Maß die Entfernung zwischen sich und dem Sessel, abzüglich des Umwegs um den Tisch herum. Dann spurtete er los. Sprang. Und landete punktgenau auf Margots Schoß. Ich werde jetzt nicht heulen, dachte sie.
    »Ich habe Doro am Dienstag zum Flughafen gebracht«, sagte Sandra. »Ihr Freund war auch da. Johannes Zeiter.«
    »Schön. Und?«
    »Ich bin davon ausgegangen, dass sie nach England fliegen. Habe mich von ihnen verabschiedet, hatte sogar noch Che dabei.«
    »Und sie sind nicht nach England geflogen. Sondern nach Paris?« Margot konnte ihren Sarkasmus nicht im Zaum halten.
    »Nein. Sie sind nach Afrika geflogen.«
    »Nach Afrika?« Jetzt war Margot wirklich überrascht. »Nicht nach New York oder eine andere hippe Stadt?«
    »Nein. Ihr Ziel war Nairobi. Und frag mich nicht, wie viele Gefallen ich einfordern musste, um das rauszufinden.«
    Margot schwieg. Jedes Wort wäre jetzt zu viel gewesen. Sie wusste den letzten Satz von Sandra durchaus richtig zu interpretieren. Da hatte sich jemand mehrere Stunden ans Telefon gehängt, um diese eine Information zu erhalten. Und wenn Sandra sagte, dass es sie einige Gefallen gekostet hatte, dann war Margot sicher, dass das noch untertrieben war.
    »Nairobi. Konntest du etwas über den Hintergrund herausfinden?«
    »Ja. Ihr Freund, er studiert Maschinenbau, hier in Darmstadt. Ist wohl auch ziemlich gut und steht vor dem Abschluss. Er hat sich vor zwei Jahren ein Semester Auszeit genommen. Sagt dir Dadaab etwas?«
    Dadaab. Das war jetzt die Frage, bei der sie den Telefonjoker gebraucht hätte. Sie war froh, dass sie Nairobi als Hauptstadt von Kenia und dieses Land im Osten Afrikas verorten konnte. Grenzte an Somalia. Als ihr das bewusst wurde, klingelten alle Alarmglöckchen, und die roten Lampen blinkten. Somalia war das unregierte Land mit den Piraten, in dem die Genitalien der Mädchen verstümmelt wurden. Das war zumindest das, was ihr bei Somalia als Erstes einfiel.
    »Sagte mir auch nichts. Dadaab ist eines der großen Flüchtlingslager in Kenia, vielleicht hundert Kilometer von der Grenze zu Somalia entfernt.«
    Somalia. Da hatte sie den richtigen Riecher gehabt.
    »Dort hat Johannes ein halbes Jahr verbracht. Hat in dem Lager Brunnen gebaut. Denn

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