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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kroehn
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dass sie es könnte.
    »Du bist meine Frau«, murmelte er. »Du bist meine Frau.«
    Während seine Berührungen sie erwärmten, ließen seine Worte sie erkalten. Sie fühlte Lust und Unbehagen, welches wuchs, als er sie drückte. Sie dachte daran, wie sie Samuel in den Dreck gezerrt hatte, als sie ihn zum ersten Mal sah, und dachte auch, dass Simon Grothusen an seiner statt auf sie gerollt wäre, sie geküsst, liebkost und genommen hätte. Nie hätte er sie an den Haaren gerissen, wie Samuel es getan hatte, nie nach ihr getreten, nie sie als Schlampe beschimpft, der es verboten sei, ihn anzurühren.
    Der Verdacht, auf den Falschen gesetzt zu haben, als sie sich für Samuel entschieden hatte, stimmte sie panisch. Aufstöhnend suchte sie sich dieses Verdachts zu erwehren und löste sich aus Grothusens Griff. Sie schlug auf seine Hände ein, die auf ihren Brüsten lagen, und hieb ihm ihr Knie in den Schoß, bis er zurückfiel. Sie versetzte ihm eine schallende Ohrfeige, dass sein bleiches Gesicht sich rötete.
    »Pass gut auf!«, herrschte sie ihn an. »Pass gut auf! Ich bin es – und nur ich, die ich mir meinen Mann erwähle!«
    Grothusen schnaufte hustend und verwirrt.
    »Und überdies«, setzte sie hinzu und schob ihn so weit weg, wie sie nur konnte. »Überdies weiß ich nicht, wie Fisch schmeckt oder riecht. Ich habe im Kuhmist geschuftet. Aber ich habe noch nie in meinem Leben Fisch gegessen.«
    Rasch wandte er sich ab und versteckte seine verräterisch zitternden Hände. Seine Augen schimmerten gelblich, und sein Atem roch nach Hass.
    »Wagst es also auch, mich zu verstoßen«, zischte er. »Wagst es also auch, mir zu sagen, dass du mich nicht brauchst!«
    Drohend und schwörend hob er den Arm. »Denkst du wirklich, dass du Samuel jemals kriegst?«, rief er zornig. »Und mit wem willst du dich begnügen, während du auf ihn wartest? Mit Andreas – diesem halben Mann?«
    Lena verkniff die Lippen. Ihre Scham fühlte sich kalt und klamm an. »Ich lebte mit Samuel und Andreas, noch lange ehe du Bedeutung hattest für unser Leben«, wehrte sie ihn ab. »Samuel ist gut ohne dich zurechtgekommen.«
    »Aber Samuel braucht einen Meister des Wortes wie mich«, zischte Grothusen hasserfüllt und ging, ohne sich zu wenden. »Und die Zeit wird kommen, da er dies begreifen muss.«
    Steif stand Lena viele Stunden, kühlte ohne seine warme Umarmung aus und starrte aufs finstere Frankfurt. Sie rang mit sich, ihm nachzulaufen, aber konnte sich nicht aufraffen, es tatsächlich zu tun.
    Am nächsten Morgen war Simon Grothusen aus Cronberg verschwunden.
    Später, viel später, als Lena schon zurückgekehrt war in den Gasthof Adler, hockte sie sich dicht an Samuel.
    Meist mied sie, mit ihm zu sprechen. Jetzt tat sie es trotzig und schnell.
    »Ich bleibe bei dir«, erklärte sie, wiewohl er nicht verlangt hatte, dass sie solches bekannte. »Ich bleibe bei dir. Ich gehöre nicht zu diesem rohen, geldgierigen Fischersohn.«
    Sie wollte die Hand nach ihm ausstrecken und ihn berühren. Sie wollte sich an ihn schmiegen, um das Gewicht von Grothusens Körper zu vergessen. Sie hielt sich jedoch zurück.
    »Ich gehöre zu dir«, wiederholte sie. »Aber warum hast du das getan? Warum hast du Grothusen verjagt? Was soll aus dir werden an diesem Ort?«
    Gedankenverloren starrte Samuel vor sich hin.
    »Ich lasse mich von ihm nicht gängeln«, murmelte er dann. »Ich bin nicht sein Lakai.«
    »Werden wir hier bleiben?«, fragte sie.
    An ihr vorbei blickte er nachdenklich auf die Zukunft, die vor ihm lag. »Es gelingt mir nicht, Engel zu malen, wie ich Menschen malte«, murmelte Samuel und wandte sich redend ab. »Und der Grund mag sein, dass ich zwar vieles von der Malerei verstehe, aber längst nicht alles weiß. An diesem Ort und bei diesen Künstlern lässt es sich erfahren. Ich werde alles lernen, was es zu lernen gibt. Bis dahin werde ich von meinem Schwur lassen, nur mehr Engel zu malen. Und bis dahin werde ich darauf verzichten, zu diesem Zweck um Blut zu bitten.«

Ich starre Lena an. Ich habe keine Ahnung, wovor sie Angst hat und womit sie mir zu schaden glaubt. Gewiss ist, dass sie ihre Warnung als absolut empfindet und von mir nichts als Willfährigkeit erwartet.
    »Ruhig, ruhig«, spreche ich auf sie ein, als wäre sie ein weinendes Kind. »Ich bin ein welterfahrener Mann, verstehe viel von Kunst und vielleicht ein wenig von Menschen. Mir fällt nichts ein, was Ihr mir an Schlimmem antun könntet. Und selbst wenn das letzte Bild von

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