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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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nicht. Kain war, was er war. Wenn das Blut einen besseren Kämpfer aus seinem Halbbruder machte, sollte es ihm nur recht sein.
    Er wischte die Dolchklinge an der Jacke des Toten ab und rollte den Körper unter die Rampe, dann ging er zurück und holte sein Schwert. Locker schlang er den Gurt über seinen Rücken. Sein Blick richtete sich auf das Tor, das die Männer bewacht hatten, und glitt weiter zu den Feuertreppen.
    „Da drinnen sind noch mehr“, sagte er, als Kain sich endlich aufrichtete.
    „Wenn sie nicht mehr zu bieten haben als die da? Das war leicht.“
    „Weil es Kinder waren.“ Alan schnaubte. „Nicht kampferprobt. Und weil wir sie überrascht haben. Glaub mir, das waren die schwächsten Glieder der Kette.“
    Kain kicherte leise. Alan spürte das Fieber in ihm. Er genoss die Jagd. Das Blut begann, seine Wirkung zu entfalten. Wer immer ihm nun gegenübertrat, er würde gegen einen Berserker kämpfen.
    „Wir nehmen die Feuertreppe“, sagte er.
    Kain nickte. Mit einem federnden Sprung erklomm er die Rampe. Alan folgte ihm. Rost bröckelte unter seinen Fingern, als er das Geländer der alten Treppe umfasste. Die ersten zwei Stockwerke kletterten sie schweigend, Kain stieg vor. Dann rieselte Staub von oben in Alans Nacken und Kains Fluch mischte sich mit dumpfem Poltern.
    „Vorsicht!“, stieß Alan mit unterdrückter Stimme hervor.
    „Das Ding ist vollkommen verrottet“, klang Kains Stimme herab. „Pass auf, wo du hintrittst, die Stufen sind locker.“
    Mit dem Unterarm wischte sich Alan den Rost vom Gesicht und kletterte weiter. Er drehte den Kopf und blickte hinunter in die Nacht. Der Hof lag in völligem Dunkel, nur die Ränder erhellt von Straßenlampen. Er fragte sich, wo Mordechais Leute ihre Autos abgestellt hatten. Vielleicht hatte das Gebäude eine unterirdische Garage. Kain fluchte erneut.
    „Was jetzt?“, fragte Alan.
    „Es geht nicht weiter. Es fehlt ein Stück von der Treppe.“
    Alan hörte, wie Stahl gegen Stahl schrammte. „Warte“, wisperte Kain. „Hier ist eine Tür.“
    Das Geräusch von splitterndem Glas durchschnitt die Nacht. Soviel zu dem Versuch, unbemerkt ins Gebäude einzudringen. Blieb nur zu hoffen, dass Mordechai nicht genug Leute hatte, um Wachen auf allen Stockwerken aufzustellen. Kain fluchte abermals. Ein feines Klicken verriet Alan, dass sein Halbbruder seine Pistole entsichert hatte. Er erklomm die restlichen Stufen bis zur Plattform, während Kain ins Innere glitt.

    Das Blut schärfte Kains Sinne so weit, dass er Konturen in der stockdunklen Halle ausmachen konnte. Ein muffiger Geruch schlug ihm entgegen, Taubenkot und alter Staub. Die Desert Eagle in der einen, einen Dolch in der anderen Hand, machte er ein paar Schritte in den Raum. Betonpfeiler stützten die hohe Decke. Linker Hand befand sich ein ummauerter Block mitten im Raum, wahrscheinlich der Aufzugsschacht. Kisten und Metallteile stapelten sich an den Wänden.
    „Ich wusste, du würdest kommen.“
    Die Stimme klang seltsam vertraut. Einen Augenblick später formte sich eine Silhouette aus dem Dunkel. Mehrere Silhouetten. Schritte hallten auf dem Beton. Kain spannte sich an. Er versuchte zu erfassen, wie viele es waren. Vier, sechs – mindestens sechs Männer. Eine Magnesiumfackel rollte über den Boden und blieb vor Kains Füßen liegen. Flackernder Schein leckte über den Boden, die Säulen, die Körper der anderen.
    „Ravin“, sagte Kain mit einer Ruhe, die er nicht fühlte. Das war es also, was Mordechais Hauptmann sich erhofft hatte. Dass Kain ihnen folgen würde. Und hier hatte er die Falle aufgestellt.
    „Du hast lange gebraucht.“
    Sie waren mit Maschinenpistolen bewaffnet. Zwei oder drei trugen Schwerter mit Tantoklingen, nicht länger als ein Unterarm. Kain musterte ihre Gesichter. Sechs Gegner und einer von ihnen Ravin. Das würde ein harter Kampf werden, selbst mit Alan an seiner Seite. Doch er verspürte keine Furcht. Die Blutlust brannte in seinen Adern. Heute Nacht würde er es zu Ende bringen. Der Gedanke berauschte ihn. Heute Nacht würde er den Preis ernten, nach all den Jahren des Wartens. Und niemand würde ihn daran hindern, auch nicht Ravin. Vor allem nicht Ravin.
    „Was willst du?“, fragte er.
    „Es ist lange her“, sagte Ravin. „So viele Jahre.“ Er machte einen Schritt auf ihn zu. „Weißt du, dass dein Vater immer noch glaubt, du würdest zu ihm zurückfinden?“
    Kain entblößte die Zähne. „Und was glaubst du?“
    „Ich glaube, du bist eine

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