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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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rekapitulieren, was der Blondschopf gebrüllt hatte. Die hätten sie umbringen können. Der Blonde trug wahrscheinlich eine kugelsichere Weste. Die hätten sie einfach töten und beenden können, was sie begonnen hatten. Stattdessen waren sie geflohen. Das entbehrte jeglicher Logik.
    Sie bückte sich nach einem Zettel, den einer der beiden verloren hatte. Eine Restaurantrechnung. Ohne darüber nachzudenken schob sie ihn in ihre Hosentasche.
    Der Mann auf dem Boden begann, sich zu regen. Eve kniete sich neben ihn und legte die Pistole aus der Hand. Alles war voller Blut. Der Mann hob den Kopf, seine Lider flackerten. Eve starrte ihn an. Die Wirklichkeit drehte sich unter ihr weg. Unmöglich, dachte sie. Unmöglich.
    Seine Stimme war brüchig. „Was zum Teufel haben Sie hier zu suchen?“, flüsterte Alan.

    Alan starrte in ihr Gesicht, in ihre hellen grauen Augen. Die Fassung darin war nicht echt. Er sah, dass sie kurz davor stand, die Nerven zu verlieren. Ihr Name. Was hatte Katherina gesagt? Wenn er sich nur an ihren Namen erinnern könnte.
    „Die Schüsse“, sagte er. „Wir müssen hier weg. Die Polizei wird gleich auftauchen.“ Sie blickte ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
    „Was?“, fragte sie nach einer endlosen Sekunde.
    Es fiel ihm wieder ein. Ihr Name war ... „Eve ...“ Und dann, nach einer langen Pause: „Helfen Sie mir.“ Er hörte seine eigene Stimme wie durch einen dichten Schleier. Ihr Zögern hielt an. „Bitte.“
    Erleichterung überflutete ihn, als sie sich endlich aufrichtete und seinen Arm packte. Sie hob die Pistole auf und schob sie in ihre Tasche, dann zog sie ihn auf die Füße.
    Seine Muskeln zitterten. Er spürte kaum Schmerzen, aber das würde später kommen. Für jetzt war da nur eine gefährliche Schwäche, die seine Glieder in Blei verwandelte. Seine Sicht verschwamm.
    „Um Gottes Willen!“, hörte er sie rufen.
    Er taumelte und begriff, dass er beinahe wieder gestürzt wäre. Er hatte zu viel Blut verloren.
    Eve sog scharf die Luft ein. „Ihr Hals“, stieß sie hervor. „Wir müssen Sie in ein Krankenhaus bringen.“
    „Kein Krankenhaus.“ Er dirigierte sie zurück zur Feuertreppe.
    „Schaffen Sie das?“, fragte sie zweifelnd.
    „Mit Ihrer Hilfe.“ Er ließ sich hinab auf die Stufen gleiten. Beinahe verlor er die Balance.
    „Vorsichtig“, hörte er sie sagen.
    Dann spürte er ihre Hand am Shirt, die sein Gleichgewicht stabilisierte. Er umklammerte das Geländer so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten.
    „Wissen Sie“, stieß Eve hervor, „dass ich Höhenangst habe?“
    Alan brach der Schweiß aus, als er einen Fuß von der Stufe löste und sich abwärts tastete.
    „Warten Sie.“ Er hörte Metall knirschen.
    Das Atmen bereitete ihm Probleme. Er blutete noch immer. Es sickerte aus der Wunde in seinem Hals und aus dem zweiten Stich unterhalb der Schulter, wo sie ihm die Klinge tief zwischen die Rippen gerammt hatten.
    Eve hangelte sich neben ihm die schmalen Sprossen hinunter, ihr Körper presste sich kurz gegen seinen. Hätte er sich nicht so darauf konzentrieren müssen, bei Bewusstsein zu bleiben, hätte er es genossen. So nahm er nur den Duft ihrer Haare wahr und ihre unterschwellige Panik, die sie so mühsam beherrschte. Aber sie behielt die Nerven, und Alan war dankbar dafür.
    Sie fand einen stabilen Stand auf dem kleinen Gitter, das als Zwischengeschoss funktionierte, und fasste nach seinem Fußgelenk.
    „Kommen Sie“, sagte sie, „ich zeige Ihnen, wo Sie hintreten müssen.“
    Alan ließ zu, dass sie seine Schritte führte. Dennoch schien es Stunden zu dauern, bis sie die Brüstung zu seinem Fenster erreichten und zurück kletterten in sein Apartment. Er lehnte sich an die Wand, als er endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, und ließ sich langsam in die Knie sinken. Der Raum um ihn begann zu kippen.
    „Wasser ...“ Er hoffte, dass er es laut ausgesprochen hatte. Seine Wahrnehmung driftete fort. „Kein Arzt. Bitte.“
    Seine Stimme versagte. Und mit ihr die Erinnerung.

    Alan war ohnmächtig geworden.
    Eve schlug das Fenster zu. Dann schaute sie unschlüssig auf ihn herab. Alans Gesicht glänzte fahl, Blut rann aus seinem Haar. Das Studio sah aus wie ein Schlachthaus. Eve wurde heiß bei dem Gedanken, was sie der Polizei sagen sollte, wenn die Beamten an der Tür klingelten. Oder am Fenster klopften, bei der Blutspur, die den Weg die Feuertreppe hinunter markierte. Zumal Alan offenbar übertriebenen Wert auf seine

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