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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut
Autoren: Andrea Gunschera
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kleinen Tisch zwischen den Rosen serviert.
    „Warum sind sie hier?“, fragte Alan.
    „Die Icoupov-Brüder?“ Mordechai gab Milch und Zucker in seine Tasse. Silber klingelte gegen Porzellan. „Sie sind Unterhändler. Ich schließe ein Geschäft mit ihrem Boss ab. Sie verhandeln in seinem Namen.“
    „Und um die guten Beziehungen nicht zu stören, lässt du zu, dass sie jede Nacht zwei Menschen abschlachten. Mitten in Los Angeles.“ Alan dachte an seinen Streit mit Katherina. Es verdross ihn, zugeben zu müssen, dass ihre Sorge wegen der Morde berechtigt war. Und dass er nun hier saß und genau das tat, was sie von ihm gefordert hatte. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis jemand herausfindet, was der Downtownkiller wirklich ist.“
    „Was kümmern mich die Bullen?“
    „Sie kümmern dich sehr wohl, wenn sie deine Lagerhäuser nach Drogen durchsuchen.“ Alan hielt Mordechais Blick fest. „Wie viel mehr werden sie dich kümmern, wenn sie beschließen, dass du eine Bedrohung bist, die ausgerottet werden muss?“
    „Du klingst wie Katherina und ihre Ritter für Recht und Ordnung.“
    „Worum geht es bei deinem Geschäft? Ist es so wichtig, dass du einen Krieg dafür in Kauf nimmst?“
    Mordechai stellte die Tasse auf den Tisch und lehnte sich zurück in die Polster. In seinen Augen glomm Erregung. „Ich habe etwas gefunden“, begann er. „Etwas Großes. Du weißt, dass ich mich mit den Schöpfungslegenden beschäftige.“
    Alan nickte. Sein Vater hatte immer schon einen Hang zur Mystik gepflegt, aber diese Neigung verwandelte sich zunehmend in Obsession. Von Ravin wusste er, dass Mordechai die Führung seiner Geschäfte nun Fremden überließ, um seine gesamte Zeit aufs Studium der alten Schriften zu verwenden. Eine Nachlässigkeit, die sich als gefährlich erweisen konnte. Mordechais Imperium war ein Nexus der Macht. Macht, mit der niemand leichtfertig experimentieren sollte.
    Andererseits, wer war er, dass er die Weltflucht seines Vaters verurteilen durfte? Er selbst hatte es stets abgelehnt, Verantwortung für andere zu übernehmen. Er stieß den Anflug von Schuldbewusstsein zurück. Das war nicht immer so gewesen.
    „... ich glaube, ich habe Asâêl aufgespürt“, endete Mordechai.
    „Asâêl?“ Der Name berührte etwas in Alan.
    „Seine sterbliche Hülle liegt in St. Petersburg. Ich kaufe sie seinem Eigentümer ab.“ Mordechai lachte auf. „Er hat keine Ahnung, was er da besitzt. Er glaubt, es ist ein seltenes Relikt. Eine schöne Statue von kunsthistorischem Wert.“
    Alan setzte zu einer Frage an, aber in diesem Moment tauchte Naveen zwischen den Rosenhecken auf. Der Inder trug seine übliche distinguierte Miene zur Schau, doch Alan bemerkte, dass seine Finger nervös am Stoff seiner Hose spielten.
    „Es gibt ein Problem“, eröffnete Naveen. „Ein dringendes Problem.“ Sein Blick flackerte kurz zu Alan und heftete sich wieder auf Mordechai. „Ein Problem, das nicht warten kann.“
    Altvertraute Enttäuschung stieg in Alan auf. Seine Wangenmuskeln verkrampften sich. Stets gab es Dinge, die wichtiger waren. Das hatte sich nicht geändert. Nicht in vierhundert Jahren. Er hatte sie kommen und gehen sehen, andere Männer wie Naveen, die seine Wortwechsel mit Mordechai unterbrachen, kaum dass sie begannen, sich von Streit in Verständnis zu wandeln. Mordechai würde ihn bitten zu warten, wie stets, und ihn danach vergessen.
    Im Grunde hatte sich nur eines geändert. Alan hatte das Warten aufgegeben. Er würde das Haus verlassen und ihn Wochen später anrufen, vielleicht Monate. Und Mordechai würde sich nicht einmal erinnern an diesen Tag zwischen den Rosen, an dem er ihm von dem Wesen Asâêl erzählt hatte, ohne zu erklären, was es für ihn bedeutete.
    „Es wird nicht lange dauern“, sagte Mordechai.
    Der Ausdruck in Naveens Augen blieb unergründlich. Ein Windhauch streifte die Blüten und spielte mit ihrem Duft.
    „Sicher.“ Alan beugte sich vor und griff nach seiner Kaffeetasse. „Ich warte, Vater. Wie ich es immer tue.“

    Mordechai traf seinen Hauptmann in einem kleinen Konferenzraum im neunten Stock. Ravins Miene verriet nichts. Nur seine Augen, diese glasharten, farblosen Pupillen, bewegten sich rascher als sonst.
    „Hat Alan dich gefunden?“, fragte der Hüne.
    Mordechai nickte. Neben Ravin stand ein Mensch, ein grauhaariger Latino mit einem Gesicht voller Pockennarben.
    „Das ist Julio de la Torre“, erklärte Ravin. „Ein guter Freund von mir.“
    Ein Informant. Der
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