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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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seiner Stimme schwang kein Groll. „Du hast dich eine Weile nicht blicken lassen.“
    „Ihr habt viel aufgebaut“, sagte Alan.
    Wie war es möglich, dass sich so gar nichts zwischen ihnen verändert hatte? Dass sie hier sitzen und weitermachen konnten, wo sie vor fünfzehn Jahren aufgehört hatten? Das Gefühl von Unwirklichkeit wurde stärker. Er drehte seinen Kopf, um den anderen anzusehen.
    „Es tut mir leid“, sagte er.
    „Was tut dir leid?“
    „Dass ich einfach gegangen bin.“
    „Du hattest deine Gründe.“
    Er schwieg, weil er nicht wusste, was er darauf antworten sollte.
    „Kannst du nun damit leben?“, fragte Pascal.
    „Was meinst du?“ Dabei wusste er, was Pascal meinte.
    „Den Jungen. Es war nicht deine Schuld. Willst du endlich aufhören, dich dafür zu bestrafen?“
    Alan legte seine Hände auf die Holzplanken, dort wo die Sonne sie wärmte. „Ich habe lange darüber nachgedacht. Über Schuld.“
    „Und nun bist du hier.“
    „Hast du meine Waffen noch?“
    Pascal lachte leise. „Du bist wieder da. Alain Schattenherz. Ich bin so froh, dich zu sehen, Bruder.“
    Seine Hand legte sich schwer auf Alans Schulter, und Alan spürte, wie sehr es Pascal erschütterte. Wie sehr er selbst damit kämpfte, nicht die Fassung zu verlieren. Seine Augen brannten, er blinzelte.
    „Ich habe die ganze Zeit an dich geglaubt.“ Der Griff verstärkte sich. „Ich wusste, du kommst eines Tages zurück.“
    Pascal Baccard war nie ein Kämpfer gewesen. Er verstand sich als Künstler und Ingenieur. In seinen Adern floss das Blut, und es war alt und stark. Er war schon da gewesen, als Alan geboren wurde. Und er diente niemandem. Nicht Mordechai, nicht Katherina und auch sonst keinem Herrn.
    „Woran arbeitest du da?“, fragte Alan. Er betrachtete die Silberplättchen auf Pascals Werkbank.
    „Das wird eine Kette.“ Pascal hob eine der Scheiben hoch und drehte sie zwischen den Fingern. „Eine Kette für eine besondere Frau.“
    „Du stellst jetzt Schmuckstücke her?“
    „Alles zu seiner Zeit. Schmuck für die Liebe, Waffen für den Krieg.“ Pascal legte das Plättchen zurück auf den Tisch. „Aber ich wollte dir etwas zeigen.“
    Er stieg die Treppe hoch ins Obergeschoss des Ateliers.
    Alan wandte sich um und betrachtete die Schwerter, die Pascal an der Wand aufgehängt hatte. Zwei davon kannte er, prachtvolle Arbeiten, die der Schmied nach antiken Vorlagen gefertigt hatte. Ein Shamshir, ein persischer Säbel und ein römischer Gladius. Das dritte Schwert war neu. Alan streckte die Hand danach aus.
    „Eine Falcata“, erklang Pascals Stimme in seinem Rücken. „Auch Kopis genannt. Das Schwert Alexanders.“
    Alan ließ den Arm sinken und drehte sich um. Pascal stellte einen Holzkasten auf der Drehbank ab.
    „Sieh hinein“, forderte er ihn auf. „Ich habe sie für dich aufgehoben.“
    Alan schob den Deckel zur Seite. Darunter raschelte Seidenpapier. Er befreite den Dolch aus seinem Kokon, betrachtete die matte Tanto-Klinge. Der Griff war mit Leder umwickelt und schmiegte sich perfekt in seine Hand. Er war für ihn gemacht worden, wie alles andere auch. Das Schwert lag am Boden der Kiste, in Ölhaut eingeschlagen. Klinge und Griff waren voneinander gelöst.
    „Lass mich mal“, sagte Pascal. Er nahm Alan die Stücke aus der Hand und verband sie mit einer raschen Drehung. Leise klickend rastete ein Mechanismus ein. „Ich habe die Verriegelung ausgetauscht“, erklärte er. „Funktioniert jetzt schnell und sauber.“
    Alan musste lächeln. „Aber du wusstest nicht, ob ich sie jemals wiederhaben will.“
    „Ich wusste, du würdest zurückkommen.“ Pascal legte das Schwert auf die Werkbank. Es war eine schlichte, funktionale Konstruktion, die aussah wie ein japanisches Katana mit verkürzter Klinge. „Ich habe mir deine Ausstellungen angesehen.“
    Alan blickte ihn an.
    „Du hast ihm Ewigkeit geschenkt.“ Pascal wischte sich die Hände an der Lederschürze ab. „Der kleine Marty hat es ins LACMA geschafft. Da hängt er neben Roy Liechtenstein und Andy Warhol. Wer hätte das gedacht.“
    „Noch haben sie das Bild nicht aufgehängt.“
    „Aber sie haben es gekauft.“
    „Woher weißt du es?“
    Pascal grinste schmal. „Ich kriege hier und da was mit. Katherina hat einen Star aus dir gemacht.“
    „Sie verdient auch gut daran.“
    „Nicht, dass sie es nötig hätte.“ Pascals Lächeln verblasste. „Ich habe noch andere Sachen gehört.“
    „Was hast du gehört?“
    „Etwas braut sich

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