Engelsfeuer
hat mir ein bisschen erzählt, aber selbst er hat nie die ganze Geschichte erfahren.« Stewart knipste sein Feuerzeug an und zog ein paar Mal paffend an der Pfeife. Der süßliche Duft von Karamell und Limone erfüllte den Raum. »Sonst noch was?«
Riley erzählte ihm von dem Beinahe-Exorzismus außerhalb der U-Bahn-Station. Er wirkte nicht überrascht.
»Du bist im Moment zu oft zu sehen. Nach dieser Morddrohung möchte ich, dass du eine Weile von der Bildfläche verschwindest. Der Gesundheitszustand von Becks Mutter hat sich verschlechtert, und er bricht morgen früh nach Sadlersville auf. Harper und ich sind uns einig – wir möchten, dass du mit ihm fährst.«
Riley schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht die beste Wahl. Er ist so sauer auf mich, dass ich alles nur noch schlimmer machen würde.«
»Beck hat dir mehr anvertraut als allen anderen Menschen, die ich kenne. Auch wenn er sich vielleicht wie ein totaler Depp verhält, er sorgt sich aufrichtig um dich.« Stewart hielt inne. »Auf seine Weise liebt er dich sogar.«
Riley stockte der Atem. Vielleicht hatte sie sich das doch nicht nur eingebildet.
»Im Moment ist er nicht ganz beieinander, und wenn seine Mutter stirbt, wird es noch schlimmer werden. Er braucht dich an seiner Seite, Riley, auch wenn er es abstreitet.«
Sie wusste, dass der Meister recht hatte. Es würde heftig werden, aber sie hatte das zuvor schon durchgemacht. Außerdem wäre sie aus Atlanta raus, bis sich die Wogen hier wieder geglättet hatten.
»Also gut, ich fahre.« Zum Glück hing ihr schwarzes Kleid für Beerdigungen oben im Schrank anstatt in ihrer Wohnung. Die Trauer schien niemals zu enden.
»Gott segne dich«, rief Stewart. »Das mindert meine Sorgen ein wenig. Halte da unten im Süden die Augen offen. Ich will mehr über Becks Vergangenheit wissen und darüber, was ihm solche Angst einjagt.«
Jetzt bin ich eine Spionin . »Er wird ausrasten, wenn ich ihm sage, dass ich mitkomme.«
»Genau deshalb werde ich das übernehmen.«
Als er sich in einer stockfinsteren Gasse in der Dämonenhochburg materialisierte, weinte der Engel vor Verzweiflung.
»Nein!«, schrie Ori und hob trotzig die geballte Faust. »Verdammt seist du, Luzifer! Warum?«
Es war nicht vorgesehen, dass er überlebte. Er war bereit gewesen für die Reise in das Nichts, das auf die gefallenen Engel wartete, sobald sie ihren letzten Atemzug taten. Er hatte sogar Riley Anora Blackthornes unverschämten Bedingungen für ihre Seele zugestimmt, einfach, weil er überzeugt war, dass er an jenem Tag sterben würde und sie somit von den Ketten der Hölle befreit wäre.
Doch sein Gebieter hatte ihm diesen Trost verwehrt. Obgleich Luzifer kein neues Leben zu erschaffen vermochte, konnte er doch diejenigen erhalten, die ihm hörig waren, und er hatte Ori geheilt, obwohl er ihn angefleht hatte, sterben zu dürfen. Er hörte noch immer die Stimme des Höllenfürsten, als er aus dem, was er für seine letzte Ruhe gehalten hatte, erwachte.
» Du wirst sterben, wenn ich es gestatte, und keinen Moment eher. Wage es nicht noch einmal, dich gegen mich zu stellen, denn der Frieden des Todes wird nicht deine Belohnung sein .«
»Wie kannst du es wagen?«, schrie Ori und ballte die Fäuste. Er war Luzifer bereitwillig ins Exil gefolgt, hatte sich selbst den Weg zum Licht und zur Liebe des Himmels versperrt, und jetzt wurde er behandelt, als bedeute dieses Opfer gar nichts.
Als Ori die Augen aufschlug, ließ er die Arme sinken und vergewisserte sich, dass seine Schwingen nicht länger zu sehen waren. Im Moment waren keine Sterblichen in der Nähe, die ihn hätten sehen können, aber das würde sich ändern. Sie waren neugieriger, als gut für sie war. Wenn er jetzt auf einen träfe, auf jemanden, der ihn herausforderte, würde er ihn möglicherweise töten müssen.
Ori drehte sich um und schlenderte die Gasse entlang, bis er eine von Atlantas Hauptstraßen erreichte, wo das Gesindel der Stadt ihn umwogte, ohne zu ahnen, was er war oder wem er diente oder dass die Düsternis in ihm heranreifte. Er kam an einem Nekromanten vorbei, der vor Magie überquoll, dann an einem Straßenprediger, der die Menschen dazu anhielt, die Stadt von Teufeln zu befreien.
Er hatte keine Wahl, sondern musste sich dem Befehl seines Gebieters beugen und abtrünnige Dämonen jagen, die die Regeln des Höllenfürsten missachteten. Solange Luzifer in der Hölle herrschte, würde Ori niemals jene Ruhe finden, die allein der Tod
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