Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Titel: Engelsflammen: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
Vom Netzwerk:
Ein Fahrer mit einem dünnen Schnurrbart ergriff die Zügel und ein anderer Soldat mit hängenden Augenlidern und einer Streitaxt kletterte hinauf und stellte sich neben ihn. Beim Knall einer Peitsche galoppierten die Pferde los, und Luce spürte, wie sich unter ihr die Räder zu drehen begannen.
    Als sie durch die hohen, schmucklosen Tore des Palastes rollten, fielen Sonnenstrahlen durch Nebelschwaden auf weite grüne Felder im Westen. Das Land war wunderschön, aber Luce war zu nervös, um den Anblick zu genießen.
    »Bill«, flüsterte sie. »Ich brauche Hilfe.«
    Keine Antwort.
    »Bill?«
    Sie spähte durch die Vorhänge, aber damit erregte sie nur die Aufmerksamkeit des Soldaten mit den schweren Lidern, der während der Fahrt der Leibwächter des Königs sein sollte. »Eure Majestät, bitte, ich muss darauf bestehen, denkt an Eure Sicherheit.« Er bedeutete Luce, sich zurückzuziehen.
    Luce stöhnte und lehnte sich in den gepolsterten Sitz des Streitwagens zurück. Sie mussten die gepflasterten Straßen der Stadt verlassen haben, denn die Fahrt wurde unglaublich holprig. Luce wurde gegen den Sitz geschleudert und fühlte sich wie auf einer hölzernen Achterbahn. Sie klammerte sich an das Tigerfell.
    Bill hatte nicht gewollt, dass sie das tat. Wollte er ihr eine Lektion erteilen, indem er gerade jetzt verschwand, wo sie seine Hilfe am nötigsten brauchte?
    Ihre Knie stießen bei jedem Rumpeln zusammen. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie De finden sollte. Wenn die Wachen des Königs ihr nicht einmal einen Blick durch den Vorhang gewährten, wie sollte sie dann erst zur Front gelangen?
    Aber andererseits:
    Früher einmal, vor Tausenden von Jahren, hatte ihr vergangenes Ich alleine in diesem Streitwagen gesessen, verkleidet als der verstorbene König. Luce konnte es spüren – selbst wenn sie nicht mit ihrem früheren Körper verschmolzen wäre, hätte Lu Xin jetzt in diesem Moment auch hier gesessen.
    Ohne die Hilfe eines sonderbaren, störrischen Gargoyles. Und, wichtiger noch, ohne das ganze Wissen, das Luce bisher auf ihrer Suche gewonnen hatte. Sie hatte Daniel in all seiner Herrlichkeit in Chichén Itzá gesehen. Sie war in London Zeuge der Abgründe seines Fluches geworden und hatte ihn endlich verstanden. Sie hatte gesehen, wie er vom Selbstmörder in Tibet zu ihrem Retter in Versailles geworden war, der sie vor einem erbärmlichen Leben bewahrte. Sie hatte zugesehen, wie er in Preußen durch den Schmerz über ihren Tod geschlafen hatte, als stünde er unter einem Bann. Sie hatte gesehen, dass er sich in sie verliebte, selbst als sie in Helston so patzig und unreif gewesen war. Sie hatte die Narben seiner Flügel in Mailand berührt und verstanden, wie viel er im Himmel nur für sie aufgegeben hatte. Sie hatte den gequälten Ausdruck in seinen Augen gesehen, als er sie in Moskau verloren hatte, wieder und immer wieder das gleiche Leid.
    Luce war es ihm schuldig, einen Weg zu finden, um diesen Fluch zu brechen.
    Der Streitwagen kam mit einem Ruck zum Stehen und Luce wurde fast von ihrem Sitz geschleudert. Sie hörte das donnernde Schlagen von Pferdehufen – was seltsam war, denn der Streitwagen des Königs stand still.
    Dort draußen war noch jemand.
    Luce vernahm ein Klirren von Metall und ein langes, schmerzerfülltes Ächzen. Der Streitwagen erhielt einen heftigen Stoß. Etwas Schweres fiel mit einem dumpfen Laut zu Boden.
    Nochmals hörte sie ein Klirren, ein Ächzen, einen scharfen Schrei und einen weiteren dumpfen Aufprall auf dem Boden. Mit zitternden Händen teilte Luce die Ledervorhänge einen winzigen Spaltbreit und sah den Soldaten mit den hängenden Augenlidern in einer Blutlache auf dem Boden liegen.
    Der Streitwagen des Königs war in einen Hinterhalt geraten.
    Die Vorhänge vor ihr wurden von einem der Rebellen auseinandergerissen. Der fremde Kämpfer hob sein Schwert.
    Luce konnte sich nicht bremsen: Sie schrie.
    Das Schwert stockte in der Luft – und dann wurde Luce von einem Gefühl der Wärme überflutet, es durchströmte ihre Adern, beruhigte ihre Nerven und ließ ihr Herz wieder langsamer schlagen.
    Der Kämpfer auf dem Streitwagen war De.
    Sein Lederhelm bedeckte sein schwarzes schulterlanges Haar, ließ sein Gesicht aber wunderbarerweise frei. Seine violetten Augen stachen von seiner olivfarbenen Haut ab. Er wirkte verblüfft und zuversichtlich zugleich. Sein Schwert war gezückt, aber er hielt es, als spüre er, dass er nicht angreifen sollte. Schnell hob Luce ihren Helm

Weitere Kostenlose Bücher