Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Titel: Engelsflammen: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
Vom Netzwerk:
gleichzeitig, während sie auf die dunkle Straße hinabstarrten.
    »Und wo wird sie haltmachen?«, fragte Daniel und wich vom Rand des Daches zurück. Er schloss die Augen und holte Luft. »Luce hat sich verändert. Sie ist …« Er konnte sie beinahe riechen. Sauberes, reines Licht wie Sonnenschein. »Etwas Grundlegendes hat sich verändert. Wir haben endlich eine reelle Chance. Und ich – ich war niemals glücklicher … und mir war niemals elender vor Angst.« Er öffnete die Augen und war überrascht zu sehen, dass Daniil nickte.
    »Daniel?«
    »Ja?«
    »Worauf wartest du?«, fragte Daniil mit einem Lächeln. »Ihr nach.«
    Und mit diesen Worten zog Daniel einen Schatten am Vorsprung des Daches auf – einen Verkünder – und trat hinein.

Drei
    Blinder Eifer
    M AILAND , I TALIEN , 25. M AI 1918
    Explosionen zerrissen die Luft, als Luce aus dem Verkünder taumelte. Sie duckte sich und hielt sich die Ohren zu.
    Heftige Einschläge erschütterten den Boden. Ein schwerer Knall nach dem anderen, ein jeder heftiger und lähmender als der vorangegangene, in immer dichterer Folge und schließlich fast pausenlos. Ohne jede Möglichkeit, dem Inferno zu entgehen, und ohne dass ein Ende absehbar war.
    Luce stolperte in der Dunkelheit, rollte sich zusammen und versuchte, ihren Körper zu schützen. Die Explosionen dröhnten in ihrer Brust, spien ihr Dreck in die Augen und in den Mund.
    All das, bevor sie auch nur eine Chance gehabt hatte zu sehen, wo sie gelandet war. Mit jeder grellen Explosion erhaschte sie einen Blick auf Felder, die kreuz und quer durchzogen waren von Gräben und baufälligen Zäunen. Aber dann erlosch der Blitz und sie war wieder blind.
    Bomben. Immer noch Bombenhagel.
    Etwas stimmte nicht. Luce hatte durch die Zeit reisen und Moskau und den Krieg hinter sich lassen wollen. Aber genau dort musste sie wieder angekommen sein. Roland hatte sie davor gewarnt – vor den Gefahren des Reisens mit Verkündern. Aber sie war zu halsstarrig gewesen, um auf ihn zu hören.
    In der pechschwarzen Dunkelheit stolperte Luce über etwas und landete unsanft und mit dem Gesicht nach unten im Dreck.
    Jemand ächzte. Jemand, auf dem Luce jetzt lag.
    Sie schnappte nach Luft, rollte zur Seite und spürte einen scharfen Stich in der Hüfte an der Stelle, auf die sie gefallen war. Aber als sie den Mann sah, der auf dem Boden lag, vergaß sie ihren eigenen Schmerz.
    Er war jung, etwa in ihrem Alter. Klein, mit zierlichen Gesichtszügen und furchtsamen braunen Augen. Sein Gesicht war bleich. Sein Atem ging in flachen Stößen. Die Hand, mit der er sich den Bauch hielt, war mit schwarzem Dreck verkrustet. Und unter dieser Hand war seine Felduniform mit dunkelrotem Blut durchweicht.
    Luce konnte den Blick nicht von der Wunde abwenden. »Ich sollte nicht hier sein«, flüsterte sie bei sich.
    Die Lippen des Jungen bebten. Seine blutverschmierte Hand zitterte, als er sich bekreuzigte. »Oh, ich bin tot«, sagte er und starrte sie mit großen Augen an. »Du bist ein Engel. Ich bin tot, und … bin ich in den Himmel gekommen?«
    Er streckte seine zitternde Hand nach ihr aus. Sie wollte schreien oder sich übergeben, aber sie konnte nur seine Hand ergreifen und sie wieder auf das klaffende Loch über seinen Eingeweiden pressen. Ein weiteres Dröhnen erschütterte den Boden und den Jungen, der darauf lag. Frisches Blut quoll zwischen Luce’ Fingern hervor.
    »Ich bin Giovanni«, flüsterte er und schloss die Augen. »Bitte, hilf mir. Bitte.«
    Erst da begriff Luce, dass sie nicht länger in Moskau war. Der Boden unter ihr war wärmer, nicht schneebedeckt, sondern eine grasbewachsene Ebene, die an manchen Stellen aufgerissen war und fruchtbare schwarze Erde offenbarte. Die Luft war trocken und staubig. Dieser Junge hatte italienisch mit ihr gesprochen, und sie hatte ihn verstanden, geradeso, wie sie Russisch verstanden hatte.
    Ihre Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt. Sie konnte in der Ferne Suchlichter sehen, die über in Purpur getauchte Hügel streiften. Und über den Hügeln wölbte sich der mit leuchtend weißen Sternen bedeckte Nachthimmel. Luce wandte sich ab. Sie konnte keine Sterne sehen, ohne an Daniel zu denken, und gerade jetzt konnte sie nicht an Daniel denken. Nicht solange sie die Hände auf den Bauch dieses Jungen presste, nicht während er starb.
    Zumindest war er noch nicht gestorben.
    Er glaubte nur, er sei gestorben.
    Sie konnte ihm keinen Vorwurf machen. Nachdem er getroffen worden war, hatte

Weitere Kostenlose Bücher