Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Titel: Engelsflammen: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
Vom Netzwerk:
er wahrscheinlich einen Schock erlitten. Und dann hatte er sie vielleicht durch den Verkünder kommen sehen, durch einen schwarzen Tunnel, der aus dem Nichts erschienen war. Er musste schreckliche Angst haben.
    »Du wirst schon wieder gesund werden«, sagte sie in perfektem Italienisch, das sie immer hatte lernen wollen. Es fühlte sich erstaunlich natürlich an. Auch ihre Stimme klang weicher und glatter, als sie erwartet hatte; es warf die Frage auf, wie sie in diesem Leben gewesen war.
    Eine ohrenbetäubende Salve von Schüssen ließ sie zusammenzucken. Gewehrfeuer. Endlose leuchtende Bögen von Leuchtspurmunition wölbten sich in schneller Folge über den Himmel und brannten ihr weiße Linien in die Augen. Dann folgte viel Geschrei auf Italienisch und das Stampfen von Schritten im Schmutz. Schritten, die näher kamen.
    »Wir treten den Rückzug an«, murmelte der Junge. »Das ist nicht gut.«
    Luce schaute in die Richtung, aus der die Schritte kamen, und bemerkte, dass sie und der verletzte Soldat nicht allein waren. Mindestens zehn weitere verwundete Männer lagen um sie herum; sie stöhnten und zitterten, während ihr Blut in die schwarze Erde floss. Ihre Kleider waren versengt und zerfetzt von der Landmine, die sie wohl überrascht haben musste. Der kräftige Gestank von Fäulnis, Schweiß und Blut lag schwer in der Luft und überdeckte alles. Es war so grauenhaft – Luce musste sich auf die Unterlippe beißen, um nicht zu schreien.
    Ein Mann in Offiziersuniform lief an ihr vorbei, dann blieb er stehen. »Was macht sie hier? Wir sind hier mitten auf einem Schlachtfeld, das ist kein Platz für eine Krankenschwester. Du wirst uns nicht mehr helfen können, wenn du tot bist, Mädchen. Aber du kannst dich nützlich machen. Wir müssen die Verletzten aufladen.«
    Er stürmte davon, bevor Luce antworten konnte. Unter ihr sanken die Lider des Jungen herab und er zitterte am ganzen Körper. Sie hielt verzweifelt Ausschau nach Hilfe.
    Fast einen Kilometer entfernt standen zwei anscheinend uralte Lastwagen und zwei kleine, gedrungene Krankenwagen am Rand einer schmalen, unbefestigten Straße.
    »Ich bin gleich wieder da«, sagte Luce zu dem Jungen und presste ihm die Hände noch fester auf den Bauch, um die Blutung zu kontrollieren. Als sie aufstand, wimmerte er.
    Sie rannte zu den Lastwagen hinüber und stolperte über ihre eigenen Füße, als eine Granate hinter ihr einschlug und einen Krater in die Erde riss.
    Hinter einem der Lastwagen standen einige Krankenschwestern in weißen Uniformen. Sie würden wissen, was zu tun war, wie sie helfen konnten. Aber als Luce ihnen nahe genug war, um ihre Gesichter zu sehen, verlor sie alle Hoffnung. Es waren Mädchen. Einige von ihnen konnten nicht älter als vierzehn sein. Ihre Uniformen sahen aus wie Kostüme.
    Luce betrachtete ihre Gesichter und suchte in einem von ihnen nach sich selbst. Es musste einen Grund geben, warum sie in diese Hölle geraten war. Aber niemand kam ihr bekannt vor. Es war schwer, den gelassenen Gesichtsausdruck der Mädchen zu ergründen. Keins von ihnen zeigte die schreckliche Angst, von der Luce wusste, dass sie auf ihrem Gesicht überdeutlich zu lesen war. Vielleicht hatten sie bereits so viel vom Krieg gesehen, dass sie sich an das, was er anrichtete, gewöhnt hatten.
    »Wasser.« Aus dem Laster kam die Stimme einer älteren Frau. »Verbände. Mull.«
    Sie verteilte Vorräte an die Mädchen, die sie entgegennahmen und sich dann daranmachten, am Straßenrand eine provisorische Klinik aufzubauen. Eine Reihe verletzter Männer war bereits zur Behandlung hinter den Wagen gelegt worden. Weitere waren unterwegs. Luce stellte sich in die Schlange für die Vorräte. Es war dunkel und niemand sagte ein Wort zu ihr. Jetzt konnte sie auch den Stress der jungen Krankenschwestern spüren. Sie mussten dazu ausgebildet worden sein, eine gefasste, kühle Fassade für die Soldaten aufzusetzen, aber als das Mädchen vor Luce sich reckte, um ihre Ration von Vorräten in Empfang zu nehmen, zitterten ihre Hände.
    Um sie herum brachten Soldaten im Laufschritt Verwundete heran. Einige der Verletzten fragten murmelnd, wie die Schlacht stand, und erkundigten sich, wie schwer sie getroffen worden waren. Dann gab es solche, die schwerer verletzt waren, deren Lippen keine Fragen bilden konnten, weil sie zu beschäftigt damit waren, Schreie zu unterdrücken, Männer, die an der Taille hochgehoben werden mussten, weil eine Granate ihnen ein Bein oder beide abgerissen

Weitere Kostenlose Bücher