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Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Titel: Engelsflammen: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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helfen.
    Er nahm die Flügel zusammen und stieß auf sein früheres Ich hinab. Der Aufprall war so hart, dass er ihn zerschmettert hätte – wenn er nicht von seinem früheren Ich aufgenommen worden wäre. Er schauderte, und sein früheres Ich schauderte, und Daniel kniff die Augen fest zusammen und knirschte mit den Zähnen, um gegen die seltsame, stechende Übelkeit anzukämpfen, die ihn überkam. Er fühlte sich, als rolle er einen Hügel hinunter: Es gab kein Zurück. Unaufhaltsam ging es abwärts, bis er unten aufschlug.
    Dann hörte plötzlich alles auf.
    Daniel öffnete die Augen und konnte nur seinen Atem hören. Er war müde, aber wachsam. Die anderen starrten ihn an. Er wusste nicht, ob sie verstanden, was gerade geschehen war. Sie alle schienen Angst zu haben, sich ihm zu nähern oder auch nur mit ihm zu sprechen.
    Er breitete die Flügel aus, drehte sich einmal im Kreis und legte den Kopf in den Nacken. »Ich wähle meine Liebe zu Lucinda«, rief er Himmel und Erde zu, rief es den Engeln zu, die ihn umgaben und denen, die nicht da waren. Rief es der Seele des einen wahren Geschöpfes zu, das er am meisten liebte, wo immer es auch war. »Ich bestätige jetzt meine Entscheidung: Ich ziehe Lucinda allem anderen vor. Und das werde ich bis zum Ende tun.«

Fünfzehn
    Das Opfer
    C HICHÉN ITZÁ , M ITTELAMERIKA , 5. U NGLÜCKSTAG (ungefähr 20. Dezember 555 christlicher Zeitrechnung)
    D er Verkünder warf Luce in die drückende Hitze eines Sommertages. Der Boden unter ihren Füßen war ausgedörrt, nichts als rissige Erde und braune, vertrocknete Grashalme. Der leere Himmel war blau, keine einzige Wolke versprach Regen. Selbst der Wind wirkte durstig.
    Sie stand auf einem Platz, der an drei Seiten von einer seltsamen hohen Mauer umgeben war. Die Mauer schien wie ein Mosaik aus Riesenperlen zusammengesetzt zu sein, aus etwas unregelmäßig geformten, nicht ganz runden Perlen, deren Farbspektrum von Elfenbein bis zu Hellbraun reichte. Hier und da gab es kleine Lücken zwischen den Perlen, durch die von der anderen Seite der Wand Licht hindurchschien.
    Abgesehen von einem halben Dutzend Geier, das lustlos hoch oben am Himmel kreiste, war der Ort wie ausgestorben. Der Wind wehte ihr heiß durch das Haar und roch nach … Sie konnte den Geruch nicht einordnen, aber er war metallisch, beinahe wie Rost.
    Das schwere Kleid, das sie seit dem Ball in Versailles tru g, war schweißgetränkt. Es stank bei jedem Atemzug nach Rauch und Asche und Schweiß. Sie musste raus aus diesen Klamotten. Luce verrenkte sich, um an die Bänder und Knöpfe zu kommen. Jetzt könnte sie eine helfende Hand gebrauchen – selbst eine kleine aus Stein.
    Wo steckte Bill überhaupt? Ständig verschwand er. Manchmal hatte Luce das Gefühl, dass der Gargoyle ein eigenes Programm verfolgte und sie nach seinem Zeitplan vorangetrieben wurde.
    Sie kämpfte im Gehen mit dem Kleid, riss an der grünen Spitze am Kragen und zerrte Haken auf. Zum Glück sah ihr niemand dabei zu. Schließlich ging sie in die Knie und schob sich aus dem Kleid, indem sie sich die Röcke über den Kopf zog.
    Als sie sich – nur noch in einem dünnen Baumwollhemd – auf die Fersen hockte, wurde Luce plötzlich klar, wie erschöpft sie war. Wie lange hatte sie schon nicht mehr geschlafen? Sie stolperte durch das trockene Gras auf den Schatten der Mauer zu. Vielleicht, so dachte sie, konnte sie sich für ein Weilchen hinlegen und die Augen schließen.
    Ihre Lider flatterten schläfrig.
    Dann riss sie die Augen auf. Und bekam eine Gänsehaut.
    Köpfe.
    Die knochenfarbenen Palisaden waren miteinander verbundene Gestelle mit aufgespießten menschlichen Köpfen.
    Sie unterdrückte einen Aufschrei. Plötzlich konnte sie auch den Geruch zuordnen, den der Wind herbeitrug – es war der Gestank von Blut und Verwesung, von verfaulendem Fleisch.
    Die Schädel unten am Fuß der Palisaden waren weiß und sauber, von der Sonne ausgeblichen und verwittert. Entlang der oberen Reihe sahen die Schädel frischer aus. Das heißt, sie waren immer noch klar als menschliche Köpfe erkennbar – mit schwarzen Haarmähnen und fast unversehrter Haut. Die Schädel in der Mitte aber waren halb Mensch, halb Monster: Die zerfetzte Haut schälte sich ab und ließ nur trockenes braunes Blut auf den Knochen. Die Gesichter schienen vor Wut oder Entsetzen bis zum Zerreißen gespannt.
    Luce stolperte zurück und hoffte auf einen Lufthauch, der nicht nach Fäulnis stank. Vergebens.
    »Es ist nicht ganz so

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