Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Titel: Engelsflammen: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
Vom Netzwerk:
ob sie sich nicht besser verstecken sollten –, »sie alle haben irgendeine Art von Sakrament, in dem man seine Hingabe an seinen Gott zum Ausdruck bringt.«
    »Also bin ich in meinem gegenwärtigen Leben in Thunderbolt noch am Leben, weil meine Eltern mich nicht haben taufen lassen?«
    »Nein«, erwiderte Bill, »du kannst in deinem gegenwärtigen Leben in Thunderbolt getötet werden, weil deine Eltern dich nicht haben taufen lassen. Du lebst in deinem gegenwärtigen Leben, weil, na ja … niemand weiß so genau, warum.«
    Es musste einen Grund geben. Vielleicht war es das Schlupfloch, von dem Daniel in dem Krankenhaus in Mailand gesprochen hatte. Aber selbst er schien nicht zu verstehen, wie Luce durch die Verkünder reisen konnte. Mit jedem Leben, das sie besuchte, konnte Luce spüren, dass sie dem Ziel, die Bruchstücke ihrer Vergangenheit zusammenzufügen, näher kam … aber erreicht hatte sie es noch nicht.
    »Wo ist das Dorf?«, wollte sie wissen. »Wo sind die Leute? Wo ist Daniel?« Die Trommeln wurden so laut, dass sie die Stimme heben musste.
    »Oh«, sagte Bill, »sie sind auf der anderen Seite des Tzompantli.«
    »Des was?«
    »Dieser Wand aus Köpfen. Komm mit – das musst du dir ansehen!«
    Durch die Zwischenräume in den Gestellen mit den Schädeln blitzten immer wieder Farben auf. Bill führte Luce an den Rand der Schädelwand und bedeutete ihr mit einer Handbewegung, sich das Spektakel anzuschauen.
    Hinter der Wand defilierte eine ganze Zivilisation vorbei. Ein langer Zug von Menschen tanzte stampfend auf einer breiten Lehmstraße, die an dem Schädelgestell entlangführte. Sie hatten seidiges schwarzes Haar und Haut in der Farbe von Kastanien. Die Jüngsten waren drei und die Ältesten ließen sich nicht mehr schätzen. Sie alle waren lebhaft und schön und fremd. Sie waren nur spärlich mit wettergegerbten Tierfellen bekleidet, die ihren Leib kaum bedeckten und die Tätowierungen und bemalten Gesichter betonten. Es war eine äußerst bemerkenswerte Körperkunst – kunstvolle, farbenprächtige Darstellungen von bunt gefiederten Vögeln, Sonnen und geometrischen Mustern, die sie auf dem Rücken, auf den Armen und auf der Brust trugen.
    In der Ferne standen Gebäude – ein wohlgeordnetes Raster von verblichenen Steinhäusern und eine Gruppe kleinerer Gebäude mit flachen Strohdächern. Dahinter lag der Dschungel, aber das Laub seiner Bäume sah trocken und verwelkt aus.
    Die Menge marschierte vorbei, ohne Luce zu bemerken, versunken in den Rausch ihres Tanzes. »Komm!«, sagte Bill und stieß sie vorwärts.
    »Was?«, rief sie. »Ich soll da mittanzen?«
    »Es wird Spaß machen!«, gackerte Bill und flog voraus. »Du kannst doch tanzen, oder?«
    Anfangs noch zurückhaltend, gesellten sich Luce und der kleine Gargoyle zu der Parade, als sie über den Marktplatz zog, oder was sie dafür hielten – ein langer, schmaler Streifen Land, an dem sich dicht an dicht hölzerne Fässer und Schüsseln voller Waren zum Kauf reihten: grobporige schwarze Avocados, dunkelrote Maiskolben, getrocknete Kräuter, zu Bündeln zusammengeschnürt, und viele andere Dinge, die Luce nicht kannte. Sie drehte den Kopf hierhin und dorthin, um im Vorbeigehen so viel wie möglich zu sehen, aber sie konnte nirgendwo stehen bleiben. Der Strom der Menge trieb sie unaufhaltsam vorwärts.
    Die Maya folgten der Straße, die im Bogen auf eine breite Ebene führte. Der Lärm ihres Tanzes verebbte und sie versammelten sich leise und murmelten miteinander. Es waren mehrere Hundert. Auf den wiederholten Druck von Bills scharfen Krallen auf ihre Schultern ließ sich Luce wie die anderen auf die Knie nieder und folgte dem emporgewandten Blick der Menge.
    Hinter dem Marktplatz überragte ein Gebäude alle anderen: eine Stufenpyramide aus reinweißem Stein. In der Mitte der beiden Seiten, die Luce sehen konnte, führten steile Treppen zu einem einstöckigen Gebäude hinauf, das blau und rot bemalt war. Ein Schauder überlief Luce. Sie erkannte sie wieder und verspürte eine unerklärliche Furcht.
    Sie hatte diese Pyramide schon einmal gesehen. Auf den Abbildungen in den Geschichtsbüchern war der Mayatempel nur noch eine Ruine gewesen. Aber jetzt war er alles andere als eine Ruine. Er war überwältigend.
    Vier Männer mit Trommeln aus Holz und gespannter Tierhaut standen in einer Reihe auf der Plattform der Pyramide. Ihre gebräunten Gesichter waren mit roten, gelben und blauen Streifen bemalt, was den Anschein erweckte, sie trügen

Weitere Kostenlose Bücher