Engelsfluch
Himmel.
»Ende der Landpartie«, sagte Enrico, lenkte den Fiat an den Straßenrand und stellte den Motor ab, wie es vor ihm auch Alexander mit seinem VW Polo tat.
Sie stiegen aus und fragten ein junges Paar, das in der Nähe stand, was hier los sei.
Der Mann zeigte nach vorn, wo die Soldaten standen. »Da kommt doch der Papst vorbei, wissen Sie das nicht? Deshalb sind wir alle hier.«
»Papst Custos?«, fragte Elena.
Der Mann grinste. »Stimmt, heutzutage muss man das dazusagen. Ja, ich meine Papst Custos. Wir erwarten ihn in wenigen Minuten.«
Enrico und seine Begleiter entfernten sich ein Stück, bis sie unter sich waren, und hielten Kriegsrat.
»Die Soldaten werden uns niemals durchlassen«, meinte Alexander.
»Und wenn wir zurückfahren, an der nächsten Kreuzung abbiegen und es woanders versuchen?«, fragte Vanessa.
Alexander schüttelte den Kopf. »Das dauert zu lange und bringt wahrscheinlich nichts. Am besten gehen wir hier querfeldein und suchen eine Lücke in der Kette der Wachtposten. Wir müssen Custos warnen!«
Alexanders Vorschlag wurde angenommen. Sie gingen quer über das Feld zu einer hohen Hecke, die es begrenzte, und dann weiter an der Hecke entlang.
»Das Glück ist mit den Dummen!«, stieß Alexander halblaut hervor, als er in der Hecke eine Lücke entdeckte, durch die sie sich zwängten.
Jetzt sahen sie vor sich einen gewundenen Weg, der geradewegs in den Berg hineinzuführen schien.
»Diesen Weg muss Custos nehmen«, sagte Elena. Alexander stimmte ihr zu und zeigte auf eine kleine Ansammlung von Bäumen und Büschen, keine fünfhundert Meter vor ihnen. »Das ist ein gutes Versteck für uns für den Fall, dass hier Wachen patrouillieren.«
Sie liefen zu dem kleinen Wäldchen und hatten sich kaum ins Unterholz verdrückt, als auch schon ein Trupp Soldaten in ihrer Nähe erschien. Sie duckten sich zwischen Farn und Buschwerk und beobachteten, wie die Soldaten, zehn oder zwölf Mann, hinter einer niedrigen Grenzmauer zwischen zwei Feldern Stellung bezogen.
»Was tun die da?«, fragte Elena. »Das sieht nicht gerade nach einer Patrouille aus.«
Alexander kniff die Augen zusammen und blickte angestrengt zu den Soldaten. »Die bringen ihre Waffen in Stellung, Maschinengewehre und sogar zwei Raketenwerfer zur Panzerabwehr. Ich …« Er stockte und sah Vanessa an. »Die Prophezeiung von Fatima! Dort ist von Feuerwaffen und Pfeilen die Rede, oder?«
»Ja. Aber Custos hat das Kreuz auf dem Hügel noch längst nicht erreicht. Es muss noch kilometerweit weg sein.«
»Sie selbst haben gesagt, dass man die Prophezeiungen nicht wortwörtlich nehmen darf. Custos ist unterwegs zu dem Kreuz, und die Raketen, die man mit solchen Dingern da verschießt, haben die Form von Pfeilen. Ein Kind, das eine solche Waffe im Jahr 1917 gesehen hat, muss unweigerlich an Pfeile gedacht haben.«
Vanessa schaute ihn ungläubig an. »Aber das dort sind italienische Soldaten!«
»Sie tragen die Uniform der Armee, aber das muss nichts heißen«, sagte Alexander. »Vielleicht sind es sogar echte Soldaten. Wenn Totus Tuus die Schweizergarde unterwandern kann, warum dann nicht auch die italienische Armee?«
Während er noch sprach, tauchte auf dem Bergpfad zu ihrer Linken eine lange Prozession auf und kam langsam näher. An ihrer Spitze ging ein ganz in Weiß gekleideter Mann: Papst Custos.
»Es ist zu spät«, sagte Enrico, der beobachtete, wie die beiden Soldaten mit den Raketenwerfern ihre Waffen schulterten.
»Wir können nichts mehr unternehmen.«
»Doch!«, widersprach Alexander und zog seine Automatik aus dem Schulterholster.
»Eine Pistole gegen ein Dutzend schwer bewaffneter Soldaten?«, zweifelte Enrico. »Ist das nicht Selbstmord?«
»Was soll ich tun?«, fragte Alexander. »Zusehen, wie der Papst ermordet wird?«
Elena legte eine Hand auf seine Schulter. »Schieß, Alex!«
Kniend brachte er die Pistole beidhändig in Anschlag, zielte kurz und drückte ab. Einer der beiden Soldaten mit den Raketenwerfern sackte getroffen zur Seite und verschwand hinter der Mauer. Ehe Alexander einen zweiten Schuss abgeben konnte, schwenkte ein Soldat sein Maschinengewehr zu dem kleinen Wald herum und gab einen Feuerstoß nach dem anderen ab. Er schien nur auf gut Glück ins Unterholz zu schießen, aber das war gefährlich genug. Rings um sie zersplitterte Holz, flogen abgerissene Äste und Zweige durch die Luft. Ein Splitter riss Enricos linke Wange auf, und der spürte einen stechenden Schmerz. Er ließ sich
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