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Engelsfuerst

Engelsfuerst

Titel: Engelsfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Klosterruine auf, wo sich
zwei weitere Carabinieri sowie ein Trupp Soldaten
aufhielten, der mit dem Armeehubschrauber nach San
Gervasio gekommen war.
Als Alexander und Donati ausstiegen, bot sich ihnen ein seltsames Bild. In dem mittelalterlich anmutenden Gemäuer mußte es, wie von Donati bereits angedeutet, einen heftigen Schußwechsel gegeben haben.
Ein Mercedes-Geländewagen mit zerschossenen
Scheiben stand auf dem Klosterhof, Patronenhülsen
lagen herum, und dicht bei dem Geländewagen fanden
sie einen Mönch, der von mehreren Kugeln regelrecht
durchlöchert war. Die rechte Hand des Toten umklammerte eine automatische Pistole.
»Sieht aus, als sei er kämpfend gestorben«, meinte
Alexander. »Beten und arbeiten erwartet man von
frommen Klosterbrüdern, aber schießen?«
»Vielleicht waren sie keine frommen Klosterbrüder«, sagte Donati.
»Du meinst, der zwielichtige Tommasio Lampada
hat hier ebenso zwielichtige Gestalten versammelt, die
sich lediglich als Mönche ausgegeben haben?«
»So oder so ähnlich.«
»Aber zu welchem Zweck?«
»Wie wäre es mit der Entführung von Papst Lucius?«
Alexander dachte nach und gab Donati recht. »Für
deine Theorie spricht einiges, Stelvio. Wenn sie zutrifft, haben sie Enrico wohl als Lockvogel benutzt.«
Sie betraten das Hauptgebäude, und Maresciallo
Colizzi führte sie zu den Schweizern, die auf dem Boden eines dämmrigen Gangs lagen. Als Alexander sich
neben sie kniete, erkannte er deutlich die roten Male
an ihren Hälsen.
»Sieht aus, als wäre ihnen mit einem Strick oder einer Kordel die Luft abgeschnürt worden. Aber warum
haben sie den oder die Mörder überhaupt so nahe an
sich herangelassen?«
»Vielleicht weil die Mörder in ihren Augen harmlose Mönche waren«, meinte Donati.
Sie kamen in ein mit Akten und Papieren vollgestopftes Büro, und Donati wies die Carabinieri an,
sämtliche Papiere einzusammeln und hinunter zum
Polizeihubschrauber zu bringen, damit seine Leute in
Rom sich damit befassen konnten.
»Vielleicht entdecken wir da etwas, das uns weiterhilft«, sagte er. »Auch wenn ich nicht so recht glauben
kann, daß die Mönche bei ihrer Evakuierung etwas
zurückgelassen haben, was uns auf ihre Spur bringen
könnte.«
»Du scheinst dich ganz auf deine Theorie von den
Killermönchen zu versteifen, Stelvio.«
»Es ist die schlüssigste Arbeitshypothese, die wir
haben.«
Der Regen war stärker geworden, als sie wieder auf
den Klosterhof traten, und ein auffrischender Wind
trieb ihnen die dicken Tropfen entgegen. Trotzdem
war Alexander froh, dem Gebäude, in dem die beiden
toten Schweizer lagen, entronnen zu sein. Sie waren
einmal seine Kameraden gewesen, junge Männer, die
voller Enthusiasmus ihren Dienst bei der päpstlichen
Garde versahen und Pläne für ihr späteres Leben
schmiedeten – Pläne, die für immer unverwirklicht
bleiben würden.
Als er daran dachte und an die Angehörigen, denen
man Sohn, Bruder oder Verlobten genommen hatte,
stieg eine unbändige Wut in ihm hoch, und er hieb mit
der geballten Rechten gegen die Tür, durch die sie
nach draußen gegangen waren. Das Holz erzitterte
und knarrte protestierend.
Donati sah ihn besorgt an. »Was hast du?«
»Wut. Auf Leute, die andere einfach so töten, nur
um ihre Ziele zu erreichen. Immer wieder stoßen wir
auf solche gewissenlosen Menschen – ich mag das
Wort für sie kaum benutzen –, und langsam habe ich
davon genug!«
»Auch ich hasse Mörder und Verbrecher aus tiefstem Herzen. Deshalb bin ich Polizist geworden.«
»Aber in deinem Job wirst du tagtäglich mit dem
konfrontiert, was du verabscheust.«
»Das ist der Preis, den ein Polizist bezahlt. Alles im
Leben hat seinen Preis, Alex.«
Während er sprach, blickte Donati hinunter auf seine Beinprothese. Alexander bereute, daß er das Thema
angeschnitten hatte. Vermutlich dachte sein Freund
jetzt an die Autobombe der Mafia, die ihn vor mehr
als zehn Jahren nicht nur um sein linkes Bein, sondern
auch um Frau und Kinder gebracht hatte.
Der Offizier, der den Suchtrupp der Armee anführte, kam aus dem Eingang zum Turm und winkte.
Alexander und Donati liefen durch den Regen zu ihm
hin.
»Haben Sie was gefunden, Capitano?« fragte Donati.
»Zwei merkwürdige Räume, eine ganz oben im
Turm und einen ganz unten: ein Verlies, in dem kürzlich noch jemand gefangengehalten worden sein
muß.«
Als erstes sahen sie sich den Keller an. Obwohl Donati mit seiner Prothese Schwierigkeiten hatte, die schmale
Leiter

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