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Engelsfuerst

Engelsfuerst

Titel: Engelsfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Und Signorina Vida ist sicher auch interessiert am Tempel der
Ahnen, schon aus berufsmäßiger Neugier.« Elena sah
ihn trotzig an. »Sie werden mir wohl kaum Gelegenheit geben, über das, was ich hier erfahre, zu schreiben.« Tommasio breitete in gespielter Arglosigkeit die
Arme aus. »Das liegt ganz bei Ihnen. Wenn das große
Werk vollbracht und das Engelsfeuer entfacht ist, muß
jemand die Welt darüber in Kenntnis setzen. Warum
sollten nicht Sie – in Zusammenarbeit mit Schwester
Laura – diese Aufgabe übernehmen?«
»Vielleicht weil ich im Augenblick nicht sonderlich
gut auf Schwester Laura zu sprechen bin. Und vielleicht auch deshalb, weil ich Totus Tuus für eine ebenso gefährliche wie verabscheuungswürdige Vereinigung halte. Zumindest das Wappentier ist passend
gewählt. Totus Tuus ist nichts anderes als ein Krebsgeschwür!«
»Ich verstehe Ihre Erregung«, versicherte Tommasio. »Wäre ich mit Gewalt verschleppt worden, ich
wäre auch böse. Aber ich hoffe, Elena – ich darf Sie
doch so nennen? –, daß Sie mit der Zeit zur Einsicht
kommen. Jetzt sollten wir uns aber dem Tempel der
Ahnen zuwenden, wie die Etrusker diesen Ort zur
Erinnerung an jene getauft haben, die sich einst mit
den Frauen ihres Volkes vereinigten, um ein neues
Menschengeschlecht zu gründen.«
Der Ordensgeneral wandte sich um und schien in
den Fels hineingehen zu wollen. Aber es war eine Plane in der Farbe und Struktur des Felsens, was er beiseite zog; dahinter eröffnete sich ein Höhlengang, der
tiefer in den Berg hineinführte. Laura und die beiden
anderen Ordensoffiziere folgten Tommasio, dann waren die Gefangenen an der Reihe.
Mit äußerst gemischten Gefühlen ging Enrico an
dem großen Felsrelief entlang, das in seinen Träumen
zum Leben erwacht war.
Ihm war, als streckten die Geflügelten die Arme
nach ihm aus, um ihn an sich zu ziehen. In seinem
Kopf dröhnten Stimmen, die nach ihm riefen, aber sie
benutzten verschiedene Namen: Enrico, Vel, auch
Uriel.
Der lange Gang wurde durch in regelmäßigen Abständen angebrachte elektrische Lampen erleuchtet.
Durch ihn schritten Tommasio mit den Ordensoffizieren, dahinter die drei Gefangenen und zuletzt Giuseppe mit den Wachen.
Enrico erkannte schnell, daß dies wirklich einmal
ein Tempel gewesen war. Lebensgroße Malereien
schmückten die geglätteten Wände und zeigten die
Geschichte jener Ahnen, denen der Ort gewidmet
war. Die Bilder waren in Anbetracht der Tatsache,
daß sie mindestens zweitausend Jahre alt sein mußten,
erstaunlich gut erhalten. Auf einem kamen geflügelte
Männer vom Himmel herab und wurden von staunenden Menschen begrüßt. Es gab Szenen eines gemeinsamen Festmahls und Bilder, auf denen Geflügelte sich mit Menschenfrauen vereinigten.
Aber je weiter sie voranschritten, desto mehr wandelten sich die Szenerien der Bilder hin zum Düsteren
und Brutalen. Enrico sah Geflügelte, die Menschen
bestraften, ohne daß ihm klar wurde, wofür.
Ein Bild zeigte ein regelrechtes Massaker: Einige
Geflügelte standen aufrecht und mit zufriedenem Gesichtsausdruck inmitten toter Menschen. Der Anblick
erfüllte ihn mit Entsetzen, als hätte das Gemetzel sich
gerade erst ereignet. Nur widerwillig ging er weiter
und ließ seinen Blick über die anderen Wandmalereien
schweifen.
Am Ende des Gangs zeigten mehrere Bilder einen
Krieg, den die Geflügelten untereinander führten. Enrico mutmaßte, daß es sich um den Kampf der Engel
gegen ihre gefallenen Brüder handelte. Eine Malerei
ähnelte dem Felsrelief am Eingang und zeigte in grausamen Details die Zerstörung einer ganzen Stadt
durch feuerbringende Flügelwesen.
Tommasio blieb stehen und wandte sich zu den
Nachfolgenden um. »Beeindruckende Bilder, finde
ich. Ganz abgesehen davon, daß es sich um ein Kulturerbe ersten Ranges handelt, das wir hier in mühevoller Arbeit freigelegt haben.«
Lucius ergriff das Wort: »Ganz ohne staatliche Mittel, nehme ich an.«
»Natürlich, das fand alles im geheimen statt. Was
nicht einfach war, nachdem der Heilige Stuhl sich solche Mühe gegeben hatte, unseren Orden zu zerschlagen. Wir waren einmal Tausende, jetzt sind wir nur
noch wenige, und unsere Gelder sind beschlagnahmt,
die Konten eingefroren worden. Überall auf der Welt
hat man uns beraubt!«
Elena trat einen Schritt vor. »Ist das der Grund,
weshalb Kardinal Mandume und Monsignore Picardi
sterben mußten? Hatten die beiden entdeckt, daß Totus Tuus im Vatikan Gelder unterschlagen hat für …«
Sie drehte

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