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Engelsfuerst

Engelsfuerst

Titel: Engelsfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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und
begrüßte sie.
»Das ist Vice Commissario Daniela Cassini«, stellte
Moretti sie vor. »Sie haben unseren Toten gefunden,
Daniela?«
Sie nickte und rollte mit ihrem Bürostuhl ein Stück
zur Seite, damit alle das Bild auf dem Monitor sehen
konnten. Es zeigte das teigige Gesicht des Mannes, der
am vergangenen Abend von Alexanders Kugeln niedergestreckt worden war.
»Nuccio Carpi aus Monreale bei Palermo, Alter
vierunddreißig«, erläuterte sie. »Hatte in seiner Jugend Kontakte zur sizilianischen Mafia, wanderte aber
ins Gefängnis, bevor er ein ganz großer Fisch werden
konnte. Dort scheint eine Wandlung mit ihm vorgegangen zu sein, die schließlich zu einer vorzeitigen
Entlassung wegen guter Führung beitrug. Seitdem ist
er polizeilich nicht mehr in Erscheinung getreten.«
»Was für eine Wandlung ist mit ihm vorgegangen?«
fragte Donati.
»Er hat sich dem Glauben zugewandt, im Gefängnis sogar ein theologisches Fernstudium betrieben. Bei
seiner Entlassung hat er angegeben, sich fortan der
Verkündung der Lehre Jesu widmen zu wollen.«
Moretti machte ein langes Gesicht. »Den Glauben
zu verkünden, indem man in das Haus eines Erzbischofs eindringt, dessen alter Haushälterin die Kehle
durchschneidet und den Bischof selbst zu Tode erschreckt, zeugt von einem eigenwilligen Sendungsbewußtsein. Die Sache wird immer bizarrer.«
»Im Gegenteil«, entfuhr es Elena. »Allmählich beginnen die wenigen Puzzlestücke, die wir bis jetzt haben, ein Bild zu ergeben. Vielleicht geht es nicht nur
um dunkle Geschäfte der Vatikanbank. Was, wenn
mehr dahintersteckt, eine religiöse Überzeugung?«
Moretti schüttelte den Kopf. »Killer, die aus religiöser Überzeugung morden? Das klingt nach islamistischen Fanatikern, aber nicht nach einem Sizilianer. Sicher, auch bei der Mafia spielt die christliche Religion
eine gewisse Rolle, aber dort pflegt man die oberflächliche Symbolik, keinen tief verwurzelten Glauben.«
»Vergessen Sie nicht, daß es auch christliche Fanatiker gibt, Dirigente Moretti«, wandte Elena ein,
»darunter auch solche, die für ihre Überzeugung töten, weil sie glauben, der Zweck heilige die Mittel. Mit
solchen Leuten haben wir schon bittere Erfahrungen
gemacht.«
Sie bedachte Alexander und Donati mit einem besorgten Blick.
»Glaubst du wirklich, daß Totus Tuus wieder aktiv
ist, Elena?«
    Diese Frage stellte eine halbe Stunde später Stelvio
Donati, als sie in Alexanders Peugeot in Richtung
Frana fuhren. Sie hatten sich zu dem Ausflug entschlossen, als Armando Moretti ihnen mitteilte, ein
Mitarbeiter der Firma, die Guarduccis Safe hergestellt
hatte, sei unterwegs zum Haus des Erzbischofs, um
den Tresor zu öffnen. Der Drang zu erfahren, weshalb
in der vergangenen Nacht drei Menschen umgekommen waren, ließ ihnen keine Ruhe.
    »Wir haben schon einmal geglaubt, wir hätten Totus Tuus zerschlagen«, sagte Elena, die hinten saß.
»Aber dann hat sich am Monte Cervialto gezeigt, daß
wir dem Kraken lediglich ein paar Arme abgeschlagen
hatten. Er war immer noch stark genug, um die
Menschheit an den Rand einer großen Gefahr zu
bringen.«
    »Ich weiß nicht recht«, meinte Donati zweifelnd.
»Nach der Sache am Monte Cervialto hat es eine
weltweite Säuberungsaktion gegeben, an der ich selbst
mit meiner neuen Behörde beteiligt gewesen bin. Wo
immer sich eine Spur von Totus Tuus gezeigt hat, haben wir uns bemüht, das religiös verblendete Ungeziefer auszurotten.«
    »Das bezweifle ich nicht, Stelvio. Aber eine unangenehme Eigenschaft von Ungeziefer ist es nun mal,
sehr widerstandsfähig zu sein und ausgerechnet dann
aus irgendwelchen finsteren Löchern gekrochen zu
kommen, wenn man glaubt, man hätte es endgültig
vernichtet.«
    »Das ist jetzt Schwarzmalerei, Elena. Natürlich
wird es in vielen Ländern der Welt noch Leute geben,
die mit den Ideen von Totus Tuus sympathisieren.
Aber wir haben die Strukturen der Organisation zerschlagen, ihr Vermögen konfisziert, die dunklen Kanäle, durch die Informationen und Finanzmittel geflossen sind, trockengelegt. Selbst wenn sich irgendwo
noch ein abseitiger Arm des Kraken erhebt, kann Totus Tuus niemals mehr so mächtig sein wie zu der
Zeit, als seine Anhänger um ein Haar Papst Custos getötet hätten. Und auch nicht so mächtig wie am Monte Cervialto.«
    Alexander sah im Rückspiegel, wie Elena unschlüssig den Kopf wiegte, bevor sie erwiderte: »Aber vielleicht stark genug, um sich mit einer anderen Macht
zu verbünden.«
    »Mit einer

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