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Engelsgesang

Engelsgesang

Titel: Engelsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.A. Urban
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Umschlag. „Jetzt ist das Problem aus der Welt.“
    Während Martin mit der Fernbedienung das Auto entriegelte und Wolfgang mit einer Handbewegung anwies einzusteigen, hantierte er kurz an dem Tor und der Sprechanlage herum.
    „Was tust du da?“, fragte Wolfgang misstrauisch.
    „Was?“ Martin sah ihn verdutzt an.
    „Was hast du an dem Tor gemacht?“
    „Krieg dich wieder ein! Ich habe überhaupt nichts an dem Tor gemacht. Ich bin mit der Kette meines Gürtel hängen geblieben.“
    Wolfgang sah ihn forschend an, doch Martin entgegnete seinem Blick nicht. Er startete das Fahrzeug und fuhr los. Die gesamte Fahrt über erzählte er nichts mehr von seinem Besuch bei van Campen, und Wolfgang musste ihm das Wenige glauben, was er bereit gewesen war zu erklären. Es deckte sich mit seiner Beobachtung. Warum nur wollte das ungute Gefühl, das ihm den Hals zusammendrückte, nicht verschwinden?

62.
    62.
     
    Karins glimmende Zigarettenkippe leuchtete aus dem dunklen Garten, als Wolfgang und Martin von ihrem nächtlichen Ausflug zurückkamen.
    „Ich sag ihr Bescheid, dass wir wieder da sind“, sagte Wolfgang und ging den Gang geradeaus, während Martin die Tür zu Wolfgangs kleinem Zimmer öffnete. Sein Blick fiel auf die zusammengeknüllte Decke, die achtlos beiseite geworfen worden war, wanderte über das Tischchen auf dem bei ihrem Weggehen noch die Tüte mit den Beruhigungstabletten gelegen hatte und blieb wie festgenagelt an dem zerrissenen Rosenkranz hängen, der achtlos hingeworfen auf dem Boden lag. Einige der schwarzen Perlen hatten sich gelöst und waren über dem Teppich verteilt. Das silberne Kreuz starrte vorwurfsvoll zu ihm herauf.
    „Angel?“ Er hörte die Furcht in seiner Stimme, doch es war ihm egal. Er hatte Angst, aufwallende Angst, die aus seinem Magen zu seinem Herz hinauf brandete. „Angel, wo bist du?“ Er stieß die Badtür auf. Im ersten Moment dachte er, sie wäre verriegelt, aber sie klemmte nur leicht. „Da bist du ja, ich habe mir schon Sorgen gemacht.“ Stieß er erleichtert hervor.
    Ángel hob seinen schläfrigen Blick. „Schön, dass du da bist, Martin. Weißt du, ich möchte nicht allein sterben. Nimmst du mich in den Arm?“
    „Wie kommst du denn auf den dummen Gedanken? Du wirst nicht sterben!“
    Doch Ángel hielt ihm als Antwort die leere Pillentüte entgegen. Er lächelte. „Und ich hatte dich noch gebeten, alles wegzuwerfen … Aber mach dir bitte keine Vorwürfe. Es ist das Beste, was ich tun kann.“
    „Nein, das ist es nicht!“ Martins Stimme zitterte. Er hatte eine Heidenangst, so wie noch nie zuvor in seinem Leben. „Du wirst heute nicht sterben, Angel. Du kannst mich nicht allein zurücklassen. Das lasse ich nicht zu!“ Er packte Ángel unter den Schultern und zwang ihn, sich über den Wannenrand zu beugte. „Komm schon. Spuck das Zeug aus.“ Tränen liefen über sein Gesicht, während er Ángel den Finger bis zum Anschlag in den Mund stieß. Mit schwachen Bewegungen versuchte Ángel ihn abzuwehren. Doch letztendlich musste er sich doch würgend übergeben. Etwa ein Dutzend unversehrte weiße Pillen sammelten sich mit dem Erbrochenen auf dem Wannenboden, die Martin mit einem Schwall Wasser in den Abfluss beförderte.
    „Sei froh, dass ich so schnell zurück war. Das hat dir einen Gang ins Krankenhaus inklusive Magenauspumpen erspart.“ Martin funkelte Ángel verärgert an. Doch sofort übermannte ihn Mitleid. Er konnte seinen Geliebten nicht wie ein Häufchen Elend in der Ecke des winzigen Bades kauern sehen. Es schmerze ihn mehr, als er zugeben wollte.
    Seinen glühenden Zorn hatte er vorhin in van Campens Haus besänftigten können. Das schmerzende Mitgefühl hatte sich noch nicht verflüchtigt, war eher noch schneidender geworden. Er würde Ángel niemals erzählen, was er getan hatte, um ihn von seiner drückenden Vergangenheit zu befreien. Doch er würde weiterhin alles Mögliche tun, um ihm zu helfen. Alles was in seiner Macht lag, dessen war er sich sicher. Noch vor ein paar Wochen hätte er niemals geglaubt, dass ihn Liebe zu so etwas treiben konnte. Doch sie tat es. Er wäre für Ángel zu allem fähig, denn das Schlimmste von allem hatte er schon für ihn getan.
    Er setzte sich und nahm Ángel in den Arm. „Alles wird gut, glaub mir. Alles wird gut!“ Seine Finger strichen über die tränennasse Wange seines Freundes.
    „Nein! Es ist zu spät“, schluchzte Ángel. „Du hättest mich sterben lassen sollen.“
    „Niemals. Ich brauche dich

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