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Engelsgrab

Engelsgrab

Titel: Engelsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Ramsay
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bisschen schonen?«
    Brady zuckte mit den Schultern.
    »Jack?«
    Er hob seinen Blick. Erst da fiel ihm auf, dass Kate inzwischen kürzere Haare hatte, blonde Locken, die ihr auf die Wangen fielen. Unter seinem Blick wurde sie verlegen und steckte eine Locke hinter ein zierliches Ohr.
    Als er Kate zuletzt gesehen hatte, trug sie die Haare in einer wilden Lockenmähne bis auf die Schultern. Anders hatte er es nie gekannt. Er musste sich zwingen, die eine Locke, die ihr immer wieder ins Auge fiel, nicht liebevoll zurückzustreichen; selbst ihr so dicht gegenüberzusitzen und nicht einmal ihre Hand zu berühren fiel ihm schwer.
    Doch er wusste nicht, was es zu bedeuten hatte. Er verstand sich selbst nicht mehr. Das Einzige, was er wiedererkannte, war das Gefühl großer Leere, die in seinem Herzen entstanden war, als Claudia ihn verlassen hatte.
    Brady ließ seinen Blick hinaus in den Garten schweifen. Wieder hatte Nieselregen eingesetzt.
    »Wo ist Jimmy?«, fragte Kate.
    »Ich hatte gehofft, er sei hier«, antwortete Brady leise.
    Als Kate schwieg, schaute er sie an.
    »Kate?«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Nicht weinen, bitte. Das wollte ich nicht.«
    »Das ist doch nicht deine Schuld«, erwiderte sie und blinzelte ihre Tränen fort.
    Auch dass ihre Augenfarbe von verhangenem Grau zu kaltem Blau wechseln konnte, war ihm entfallen. Allerdings geschah es nur dann, wenn sie wütend war. Er fragte sich, ob er sie aufgebracht hatte oder ihr Zorn Jimmy galt oder ihnen beiden, was das Wahrscheinlichste war. Schließlich hatte auch er ihr einmal großen Kummer gemacht.
    Er hielt Kates Blick fest, die ihn jetzt so forschend betrachtete, als frage sie sich, warum sie beide vor langer Zeit ihre Entscheidungen getroffen hatten und ob es die richtigen gewesen waren. Hätte sie ihn gefragt, hätte Brady passen müssen, denn die Antwort kannte er selber nicht.
    Abrupt stand er auf, trat an die Terrassentür und sog an seiner Zigarette.
    »Jack, bitte sag mir, was mit Jimmy los ist.«
    Brady drehte sich um.
    »Hat er dir nichts erzählt?«
    »Jimmy ist seit zwei Tagen nicht nach Hause gekommen«, antwortete Kate bitter.
    »Und die Simmons haben dich auch nicht angerufen?«
    »Nein. Oder vielleicht doch. Irgendwann in den frühen Morgenstunden ging das Telefon, aber da habe ich noch halb geschlafen und bin nicht drangegangen. Ich dachte, es wäre Sophie, die Evie sprechen will. Die beiden telefonieren zu jeder Tages-und Nachtzeit miteinander. Glaub mir, manchmal könnte ich die beiden umbringen.« Kate stockte und sah Brady an. »Warum schaust du mich so komisch an?«
    »Weil… weil wir Sophie heute früh ermordet aufgefunden haben.«
    »Was?«, flüsterte Kate ungläubig. »Ermordet?« Mit bleichem Gesicht drückte sie ihre Zigarette auf der Untertasse aus.
    »Von wem?«
    »Das wissen wir noch nicht«, entgegnete Brady ruhig. »Ist es denn richtig, dass Sophie gestern Abend bei euch war?«
    Kate nickte.
    »Sie kam, als ich zu meinem Yogakurs aufgebrochen bin. Das war kurz vor sechs. Als ich um elf nach Hause kam, war sie gegangen, und Evie lag im Bett. Wahrscheinlich hat sie schon geschlafen, denn in ihrem Zimmer war es dunkel.«
    Brady verkniff sich zu fragen, wo Kate bis elf Uhr abends gewesen war. Es ging ihn nichts an.
    »Trotzdem muss ich mit Evie sprechen, Kate. Irgendwann, wenn es passt. Ich brauche ihre Aussage.«
    »Sicher«, murmelte Kate und nagte an ihrer Unterlippe. »Wo wurde Sophie gefunden?«
    »Auf dem alten Bauernhof gegenüber dem Bahnhof von West Monkseaton. Also gar nicht mal so weit von hier.«
    Kate schlug die Hände vors Gesicht.
    Brady schnippte seinen Zigarettenstummel hinaus in den Garten und betrachtete den mit grauen Wolken verhangenen Himmel.
    Er hörte, dass Kate aufstand und die Küche durchquerte. Dann spürte er die Nähe ihres Körpers und wusste, dass sie hinter ihm stand.
    Er wandte sich zu ihr um.
    Tränen liefen über ihr Gesicht.
    »Du hättest ihr nicht helfen können«, sagte er tröstend.
    »Doch, Jack. Wäre ich früher zurückgekommen, hätte ich sie nach Hause fahren können. Dann wäre sie nicht allein durch die Dunkelheit gelaufen, und –« Kate schluchzte auf.
    »Ach, Kate«, sagte Brady leise. »Wenn alles immer so einfach wäre.«
    Sie lehnte sich an ihn und barg ihr Gesicht an seiner Brust.
    Brady stand reglos da und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Kate zitterte. Er wollte nicht, dass sie sich weiter Vorwürfe machte. Die Frage »was wäre gewesen, wenn?«

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