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Engelsgrab

Engelsgrab

Titel: Engelsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Ramsay
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noch ein Kind.
    Brady blieb am Küchentisch sitzen und stützte seinen Kopf auf die Hände. Er hatte auf Evies Hilfe gebaut, vergeblich, wie sich herausgestellt hatte. Genau genommen war er keinen Schritt weiter als zuvor. Vielleicht hatte er die Sache ja falsch angepackt, aber das war jetzt nicht mehr rückgängig zu machen. Evie befand sich offenbar im Schock, denn anders konnte er sich ihre Reaktion nicht erklären.
    Brady beschloss, später noch einmal mit ihr zu reden, dann, wenn sie sich gefasst hatte und hoffentlich zugänglicher wurde. Vorausgesetzt, Kate würde ihm einen weiteren Besuch überhaupt gestatten.
    Das Einzige, was Evie ihm mitgeteilt hatte, war, dass Sophie bis zehn Uhr abends bei ihr gewesen war und den Heimweg zu Fuß angetreten habe. Irgendwo auf dieser Strecke musste Matthews mit dem Wagen angehalten und das Mädchen mitgenommen haben. Alles Weitere war unbekannt.
    Brady zündete sich eine Zigarette an.
    Verärgert dachte er an Matthews, der ihn in etwas reingeritten hatte, aus dem er keinen Ausweg sah. Er konnte ja nicht einmal jemandem erzählen, dass Matthews Sophie auf dem Heimweg aufgelesen hatte. Schon gar nicht, nachdem Matthews beschlossen hatte, auf Tauchstation zu gehen, und sich dadurch gleich doppelt verdächtig machte.
    »Jimmy, du bist und bleibst ein Arschloch«, murmelte Brady vor sich hin.
    Nach einer Weile kam Kate in die Küche zurück, das Gesicht in sorgenvolle Falten gelegt.
    »Du bist ja noch da«, sagte sie.
    »Wie geht es Evie?«
    »Sie ist ruhiger geworden, aber das verdankt sie bestimmt nicht dir.«
    »Mein Gott, Kate, es tut mir leid.«
    Kate erwiderte nichts und sah ihn auch nicht an.
    »Vielleicht hätte ich anders vorgehen sollen, aber du kennst unsere Arbeit. Ich musste ihr diese Fragen stellen …« Brady verstummte.
    Kate hörte ihm gar nicht zu.
    Brady betrachtete die Zigarettenstummel auf der Untertasse und versuchte das wenige zusammenzusetzen, was er über Sophies letzte Stunden wusste.
    Was die beiden Mädchen an dem Abend getan hatten, hatte Evie ihm nicht sagen wollen, sondern lediglich betont, um zehn sei Sophie gegangen. Brady hatte sich erkundigt, wo sie die Abende denn sonst verbrachten. Nach einigem Hin und Her gab Evie zu, meistens hätten sie sich im Whitley Bay Park getroffen. Auf sein Nachbohren, ob sie dort auch am Vorabend gewesen seien, hatte Evie sich wieder in ihr Schneckenhaus verkrochen.
    »Findest du es eigentlich richtig, dass Evie sich abends im Whitley Bay Park herumtreibt?«, fragte er Kate, um das Schweigen zu brechen. Abgesehen davon machte ihm diese Tatsache zu schaffen. Er kannte die Typen, die sich nachts in diesem Park aufhielten, und fand, dass sie für ein junges Mädchen wie Evie kein guter Umgang waren.
    Der Whitley Bay Park gehörte zu dem Erneuerungsprogramm, das Bürgermeister Macmillan für den Küstenort durchführte, auf ein paar Grünflächen neben der Bücherei aus den Sechzigerjahren. Gegenüber befand sich The Avenue, ein verfallener Pub aus dem neunzehnten Jahrhundert, die Fenster mit Brettern vernagelt. Dreihundertfünfzigtausend Pfund hatte das Anlegen des Parks die Steuerzahler gekostet.
    Für die Anwohner wie auch die Polizei war der Park zu einem Albtraum geworden. Tagsüber wurde er zwar von Spaziergängern und Müttern mit Kindern genutzt, doch mit anbrechender Dunkelheit wurde er ein Treffpunkt für Kleinkriminelle und andere zwielichtige Gestalten. Auf Jugendliche übte er eine nahezu magnetische Anziehungskraft aus. Selbst Kinder hatte Brady dort schon gesehen. Sie alle brüllten Obszönitäten, rauchten, tranken Fusel oder berauschten sich an dem Drogencocktail, den sie in die Hände bekamen, bis sie irgendeinen benebelten Sexpartner fanden. Die meisten Abende endeten in Prügeleien.
    Langsam drehte Kate sich zu Brady um. »Jugendliche gehen nun mal in diesen Park, Jack. Wohin sollten sie denn sonst auch? Wenn du selber Kinder hättest, wäre dir das wahrscheinlich bekannt.«
    Es war ein Schlag unter die Gürtellinie. Sie wussten beide, dass die Kinderlosigkeit ein Problem in seiner Ehe gewesen war. Allerdings nicht ganz so schwerwiegend wie der Abend, an dem er vergessen hatte, dass er verheiratet war.
    Brady stand auf und nahm sich vor, dem Park am Abend einen Besuch abzustatten. Wenn er Glück hatte, würde er ein paar Jugendliche finden, die ihm verrieten, ob Sophie und Evie am vergangenen Abend dort gewesen waren, oder vielleicht sonst etwas wussten, das Evie im Beisein ihrer Mutter nicht hatte

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