Engelsgrab
verkniffenem Gesicht.
Als Brady in Conrads Wagen stieg, spürte er sein Bein wieder, verkniff sich ein Stöhnen und begann in der Innentasche seiner Jacke nach den Schmerzmitteln zu suchen. Vorsichtig tastete er um die Schlüssel herum, die er aus einer Küchenschublade der Matthews hatte mitgehen lassen. Das war die Wahl, die Jimmy ihm gelassen hatte. Wie ein Dieb würde er sich nachts in sein Haus schleichen und nach Hinweisen suchen, die ihm mehr über seinen Zufluchtsort verrieten.
Dann fand er das Tablettenröhrchen, entnahm ihm zwei Pillen und schluckte sie herunter.
»Viel hat mein Gespräch mit Matthews’ Tochter nicht ergeben«, informierte er Conrad. »Aber wenigstens weiß ich jetzt, dass Sophie bis zehn Uhr letzte Nacht bei ihr war und dann zu Fuß nach Hause laufen wollte. Das heißt, dass wir unsere Befragung der unmittelbaren Nachbarschaft auf die Gegend um Wellfield und Earsdon ausweiten müssen. Außerdem will ich wissen, wer gestern Abend im Beacon war. Vielleicht hat einer der Gäste Sophie ja beim Betreten oder Verlassen des Ladens gesehen.«
»Ich kümmere mich darum«, antwortete Conrad und konzentrierte sich aufs Einbiegen auf die Hauptstraße.
Für einen Moment liebäugelte Brady mit dem Gedanken, Sophie auf dem Weg nach Hause filmisch nachstellen zu lassen und ihren lokalen Fernsehsender zu bitten, den Film zu zeigen, in der Hoffnung, dass es bei dem einen oder anderen Zuschauer eine Erinnerung weckte. Doch dann besann er sich anders. Denn was wäre, wenn jemand gesehen hätte, wie Matthews mit dem Wagen anhielt, um Sophie einsteigen zu lassen? Dann wäre Matthews geliefert und wenig später vermutlich auch Brady.
»Ich habe mit Dr. Jenkins gesprochen«, erklärte Conrad.
»Und? Hat sie herausgefunden, ob Sophie einen Freund hatte? Haben die Klassenkameradinnen etwas gesagt?« Im Stillen betete Brady um ein paar Namen, die das Augenmerk von Jimmy Matthews lenken würden.
»Offenbar hatte Sophie den Ruf, ein Partygirl zu sein. Außerdem gibt es Gerüchte, dass sie mit einem älteren Jungen befreundet war, aber Genaueres ist nicht bekannt. Der letzte ihrer Exfreunde heißt Shane McGuire. Ansonsten soll sie so gewesen sein, wie ihre Eltern sie beschrieben haben: eine hervorragende Schülerin, die bei jedermann beliebt war.«
»Mit einer Ausnahme«, sagte Brady.
Er warf einen Blick in den Seitenspiegel und erkannte die silbergraue BMW-Limousine hinter ihnen.
»Wir haben Gesellschaft.«
Conrad sah in den Rückspiegel. »Der eine ist Gibbs. Der Wagen hat gegenüber von Matthews Haus gewartet.«
Großartig, dachte Brady. Jetzt ahnt selbst Conrad, dass Matthews nicht ganz astrein ist. Er nahm an, dass Gibbs und dessen Spießgeselle hofften, er wäre dumm genug, sie auf geradem Weg zu Matthews zu führen.
»Gibbs ist ein Trottel«, murmelte Brady. »Muss er ja auch, wenn er für Madley arbeitet.«
Seufzend lehnte er den Kopf zurück und schloss die Augen. Das Wort »Sorge« reichte nicht mehr aus, um seinen inneren Aufruhr zu beschreiben. Denn wenn ein Schläger wie Gibbs losgeschickt wurde, um Matthews aufzuspüren, dann war Madley über das Reden hinaus. Gibbs war früher ein erfolgreicher Schwergewichtsboxer gewesen. Brady erinnerte sich noch an die Kämpfe im Nordosten, die er selbst mit angesehen hatte, ehe Gibbs zu Madleys Kampfhund mutierte, einem knurrenden, zähnefletschenden Rottweiler, der auf Kommando losstürzte und anderen an die Kehle ging.
Falls Brady seinen Freund daher unversehrt wiedersehen wollte, musste er ihn vor dem ehemaligen Boxer finden, denn der verrichtete seine Arbeit schweigend und schenkte auch seinem Gegner kein Gehör.
Brady griff nach seinem Handy und rief Charlie Turner an.
»Brady hier. Folgendes, Charlie, bitte richten Sie Rutherford von mir aus… Was? … Ja, ich weiß, dass er mich nicht ausstehen kann. Sagen Sie mir etwas, das ich noch nicht weiß!«
Lachend hörte Brady sich Turners Antwort an. Rutherford war ein Verkehrspolizist, der sich gern an Kreuzungen nahe Bradys Haus aufhielt, in der Hoffnung, ihn irgendwann wegen Trunkenheit am Steuer zu schnappen. Andere drückten schon mal ein Auge zu, selbst wenn das Verhältnis zwischen Verkehrspolizei und den anderen Einheiten gespannt war, aber nicht Rutherford und erst recht nicht, wenn es um Jack Brady ging.
»Ich will ihm eine Freude machen«, fuhr Brady gut gelaunt fort. »Sagen Sie der Dumpfbacke, dass es um eine silberfarbene BMW-Limousine geht, Kennzeichen ist –«
»Y469 FGP«,
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