Engelsgrab
unseren Sportsfreund persönlich in Empfang nehmen.«
Conrad schaltete den Motor ein und hielt die Hände vor das Heizungsgebläse.
»Das kann aber dauern. Ich schätze mal, der Mann ist mit Ihrer… mit dem Mädchen, das gestern bei Ihnen war, nach Hause gegangen.«
»Ja und?«
»Nichts und.«
Unbehagliches Schweigen breitete sich aus.
Bei den anderen Bandmitgliedern hatten sie sich nach Ellisons Verbleib erkundigt und erfahren, dass er mit einer Frau verschwunden war, deren Beschreibung auf Dornröschen passte.
Brady behagte es nicht, dass sie mit Ellison schlief. Erst recht nicht, wenn er daran dachte, dass Ellison Sophies Mörder sein und sie in Gefahr schweben könnte. Aber im Moment konnte er nichts dagegen unternehmen.
»Wie wär’s denn, wenn wir ihn abholen würden?«, schlug Conrad vor.
»Wir warten hier«, erwiderte Brady bestimmt.
»Oder wir schicken jemanden hin, um ihn abzuholen.«
»Nein.«
»Und warum nicht?«
»Weil ich nicht weiß, wo sie wohnt.«
»Hm«, machte Conrad und sann darüber nach. »Aber die Adresse finden wir doch über ihren Namen heraus.«
Brady kniff die Lippen zusammen.
»Sir?«
»Herrgott, Conrad«, brach es aus Brady hervor. »Glauben Sie denn, wir würden uns hier den Arsch abfrieren, wenn ich wüsste, wie sie heißt?«
Conrad schluckte. »Ach so. Entschuldigung, Sir. Ich dachte, wenn Sie mit ihr… na ja, hätte doch sein können.«
»War aber nicht«, gab Brady säuerlich zurück. »So. Sind Sie jetzt zufrieden?«
Er kramte seine Zigarettenpackung hervor und steckte sich eine an.
Wortlos ließ Conrad das Fenster an Bradys Seite herunter. Eisige feuchte Luft drang in den Wagen.
Brady warf einen Blick auf seine Uhr. Halb vier. Er schaute zu Conrad hinüber, der müde aussah. Er hatte recht. Es war aberwitzig, hier zu sitzen und zu warten. Zumal sie beide zu erschöpft waren, um überhaupt noch klar denken zu können.
»Also schön«, sagte er. »Wir verschwinden.«
»Ja, Sir«, antwortete Conrad erleichtert.
»Bringen Sie mich zum Revier. Danach fahren Sie nach Hause und legen sich aufs Ohr. Sie sehen wie durch die Mangel gedreht aus.«
»Und was wird aus Ihnen? Sie sehen auch nicht gerade rosig aus.«
»Ich schlafe auf dem Sofa in meinem Büro.« Brady legte seinen Kopf an die Nackenstütze und schloss die Augen, als sein Handy ging.
»Brady«, meldete er sich mit belegter Stimme.
Jenkins war am anderen Ende. Sie bedankte sich für die Nachricht, die er ihr auf die Mailbox gesprochen hatte, und wollte wissen, ob er Ellison inzwischen gefunden habe.
»Noch nicht. Er scheint heute Nacht woanders zu schlafen.«
»So ein Mist«, fluchte Jenkins. »Und das ist alles meine Schuld.«
»Ach woher«, antwortete Brady großmütig. »Das konnten Sie doch nicht wissen.«
»Aber ich hätte ihn besser durchschauen müssen. Der Mann hat uns aufs Kreuz gelegt, und ich habe es nicht einmal gemerkt.«
»Sie sind eben weniger zynisch als ich«, tröstete Brady sie. »Außerdem hatten wir da doch noch gar nichts gegen ihn in der Hand.«
»Trotzdem«, widersprach Jenkins. »Wenigstens hinterher hätte ich Ihren Eindruck von ihm ernster nehmen müssen. Stattdessen dachte ich, er hätte Ihr männliches Ego bedroht. Wo ist Ellison überhaupt? Sagen Sie bloß nicht, bei irgendeiner Frau.«
»Doch, Amelia, das nehmen wir jedenfalls an.« Mit einem Mal wurde seine Sorge um Dornröschen übermächtig. Er hätte sich ohrfeigen können, dass er sie vorhin nicht nach ihrem Namen gefragt hatte, statt ihr gönnerhafte Ratschläge zu erteilen.
»Jack, sind Sie noch dran?«
»Ja, und ich mache mir die schlimmsten Vorwürfe, denn wenn sich hier jemand schuldig fühlen muss, dann bin ich es. Ich hätte mir doch denken können, dass Ellison nach dem Auftritt eine der jungen Frauen abschleppt«, sagte Brady und versuchte die schrecklichen Bilder, die ihm durch den Kopf gingen, zu verdrängen.
Als Brady sein Büro betrat, wartete Jenkins schon auf ihn.
»Hier«, begrüßte sie ihn und reichte ihm seinen Becher, in den sie Whisky gegossen hatte. »Sie sehen aus, als könnten Sie einen Schluck brauchen.«
»Danke«, sagte Brady überrascht und ließ sich auf das Sofa fallen.
Jenkins setzte sich mit der Flasche Whisky und einem Glas für sich selbst zu ihm.
Dann schenkte sie sich das Glas halb voll und stellte die Flasche auf dem Boden ab.
»Wie war denn der Abend mit Adamson so?«, fragte Brady.
»Fangen Sie bloß nicht damit an.« Jenkins stärkte sich mit einem kräftigen
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